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München: Großmutter um Millionensumme erleichtert – keine Strafe – Ebersberg | ABC-Z

Über Jahre hinweg hat ein Rentner aus dem Landkreis Ebersberg Geld vom Konto seiner pflegebedürftigen Mutter für sich abgezweigt. Auch die Enkelin der wohlhabenden Seniorin bediente sich über mehrere Monate hinweg am Konto ihrer Oma. Insgesamt hoben Vater und Tochter knapp 1,1 Millionen Euro ab. Die weit über Neunzigjährige inzwischen verstorbene Seniorin bekam von alldem nichts mit. Sie lebte vor ihrem Tod in einem Pflegeheim und war dement.

Nachdem der Schwindel aufgeflogen war, musste sich ihr Sohn mit seiner Tochter vor dem Amtsgericht Ebersberg wegen Untreue verantworten. Beide wurden schuldig gesprochen. Gegen den Rentner verhängte das Gericht eine Gefängnisstrafe von zweieinhalb Jahren. Seine Tochter sollte für zwei Jahre und zehn Monate hinter Gitter kommen. Gegen die Urteile legten beide jetzt vor dem Landgericht München II Berufung ein. Ebenso die Staatsanwaltschaft. Sie forderte höhere Strafen. Das Berufungsgericht hob jedoch die Urteile des Amtsgerichts Ebersberg auf und stellte das gesamte Verfahren ein. Der Grund: ein sogenanntes Verfahrenshindernis. Vater und Tochter kamen deshalb ungeschoren davon.

Die Seniorin hatte ihrem Sohn 2003 eine General- und Versorgungsvollmacht erteilt. Da dieser die Vollmacht nach einiger Zeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben konnte, setzte das Amtsgericht Rosenheim Anfang 2020 dessen Tochter als Betreuerin ein. Die Seniorin selbst war aufgrund ihres Zustandes zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr in der Lage, eine Vollmacht zu erteilen. Aufgrund der Vollmacht hatte der Rentner und später seine Tochter die Aufgabe, „das Vermögen der Geschädigten sorgsam und ausschließlich entsprechend den Interessen der Geschädigten zu verwalten“, so die Staatsanwaltschaft. Tatsächlich überwiesen Sohn und Enkelin den Ermittlungen zufolge nach und nach erhebliche Beträge vom Konto der alten Dame auf ihr eigenes oder andere Konten. In einem Fall hob die Enkeltochter nicht weniger als 325 000 Euro auf einmal vom Konto ihrer Oma und ließ sich den Betrag gutschreiben.

Nachdem der Vorsitzende der 6. Strafkammer am Landgericht München II das Urteil des Amtsgerichts Ebersberg verlesen hatte, nahm das Verfahren jedoch eine für die Angeklagten wohl unerwartete Wendung. Das Gericht verwies nämlich darauf, dass der Betreuer, der nach der Entlassung des Angeklagten und seiner Tochter bestellt worden war, im vorliegenden Fall keine Befugnis gehabt habe, einen Strafantrag zu stellen. Auch wenn sich die Angeklagten schuldig gemacht haben, sei der Strafantrag, der gegen beide gestellt wurde, unwirksam. Somit bestehe ein Verfahrenshindernis, stellte der Vorsitzende Richter fest – ein Umstand, der bis dahin weder der Verteidigung noch der Staatsanwaltschaft und auch nicht dem Amtsgericht Ebersberg aufgefallen war.

Nach diesem Hinweis war die Verhandlung schnell zu Ende. Der Sachverhalt aus der Anklage der Staatsanwaltschaft sei nunmehr „irrelevant“, befand der Anwalt der Enkeltochter. Das Urteil aus erster Instanz müsse deshalb aufgehoben werden. Der Verteidiger des Sohnes der Seniorin schloss sich dem an und verwies darauf, dass auf zivilrechtlichem Weg „volle Schadenswiedergutmachung“ erfolgt sei. Ob sie noch etwas sagen wollten, fragte der Vorsitzende Richter Vater und Tochter vor der Urteilsverkündung – beide schüttelten die Köpfe. Das Gericht hob schließlich die Urteile des Amtsgerichts Ebersberg auf und stellte die Verfahren gegen den Rentner und seine Tochter ein.

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