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Frankreich: Herrscht an der Bar der Nationalversammlung bald ein Alkoholverbot? – Panorama | ABC-Z

Im Pariser Palais Bourbon, dem hübschen Palast des französischen Parlaments an der Seine, gibt es einen Ort, der schon immer umschwirrt war von wilden Geschichten und Mutmaßungen. Das mag auch daran liegen, dass die Parlamentsreporter da nicht reindürfen. In aller Regel beflügelt das die Fantasie.

La buvette, die Bar der Nationalversammlung, 1904 eingerichtet, ist den Herrschaften Abgeordneten, den Ministern und Beratern vorbehalten, dem politischen Personal der Republik also. Wenn die Debatten in der Aula ausufern, auch mal ausfransen bis tief in die Nacht, soll es vorkommen, dass die buvette ins beschwingte Genre kippt. „Aber das ist ein Tabu“, schreibt Le Monde. Während der bewegten, oftmals nächtlichen Diskussionen über die Rentenreform vor zwei Jahren soll die Bar zuweilen keinen Pfefferminzlikör mehr vorrätig gehabt haben, keinen „Get 27“.

Nun, vielleicht sind diese Geschichten schon bald vorbei. Der grüne Abgeordnete Emmanuel Duplessy aus dem Loiret hat eine quasi revolutionäre Idee für die Bar, die er in seinem umfassenden Bericht über alle Betriebskosten des Parlaments erläutert. Ziel ist es, die Ausgaben zu kürzen, möglichst in allen Bereichen, da Frankreich ja ein dramatisches Problem mit seinem Staatsdefizit hat. Die Staatsschulden sind so hoch wie noch nie in der Geschichte. Bei der laufenden Budgetdebatte wird deshalb alles gescannt.

In seinem 49-seitigen Rapport voller Fußnoten und Zahlentabellen, schreibt Duplessy also unter anderem, dass es in Zeiten, da von allen Bürgern Opfer verlangt würden, nicht sein könne, dass die Abgeordneten ihr Glas Wein in der buvette dem Staat verrechnen – also dem Steuerzahler. Je nach Label und Jahrgang zwischen fünf und acht Euro pro Glas. So ist das nämlich bisher: Der Konsum in der Bar steht auf der Liste jener Dinge, die die Parlamentarier abrechnen können als dem Dienst dienliche Aktivitäten, Teil ihrer Mandatsausübung. Auch die alkoholischen Getränke.

Bei der Arbeit trinkt man nicht, findet der Grüne

Duplessy umschreibt es vornehm: „Das wirft zumindest Fragen auf.“ Er findet, wer im Parlament Alkohol konsumiere, möge dafür gefälligst selbst bezahlen. Aber dann geht er gleich etwas weiter und fordert, den Ausschank von Alkohol in der buvette ganz abzuschaffen. Schließlich sei das Parlament ein Arbeitsort, und an einem Ort der Arbeit werde nicht getrunken, schon gar nicht während der Arbeitszeit.

Das klingt alles sehr vernünftig. Bei den Milliardenlöchern im Staatshaushalt fiele die Maßnahme zwar finanziell nicht sehr stark ins Gewicht: ein Sparpotenzial von etwa 100 000 Euro im Jahr, viel mehr wäre es nicht. Symbolisch aber wiegt der Vorschlag schwer. Er sticht heraus aus der eher drögen, vor allem fiskalischen Materie, die im Parlament verhandelt wird. Plötzlich spricht alles von der buvette, sie wird persifliert von Satirikern und Kommentatoren.

Aber wie groß ist wohl die Wahrscheinlichkeit, dass Duplessy damit durchkommt? Eher nicht so groß, auch das zeigt die Diskussion.

Vor allem rechte Abgeordnete finden, der grüne Kollege unterschätze, wie sehr ein bisschen Wein die Gespräche öle, wie sehr er manchmal sogar politische Deals über die Parteigrenzen hinweg befördere. Andere sagen, der Keller der buvette sei ja auch ein Schaufenster für Weine aus allen Regionen des Landes, ein Grund zum Stolz. Wenn man den Alkoholausschank verböte, stürbe auch ein bisschen französische „Art de vivre“, Lebensart. Oder nur ein Klischee davon? Santé!

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