Dachau: Eine Woche ohne Leitungswasser geht auch – Dachau | ABC-Z

„Ein bisschen erinnerte das an Corona.“ Diesen Satz hört man häufig, wenn man aktuell in Dachau unterwegs ist. Die vollen Supermärkte, die leeren Regale, die Panikkäufe – das alles hatte in der Tat Parallelen zur Pandemie, als sich Menschen im ganzen Land um Toilettenpapier rissen. Nur, dass es in Dachau in den Super- und Getränkemärkten um Wasser ging und nicht um Hygieneartikel.
Wie die Stadtwerke am Mittwochabend mitteilten, ist eine Baumwurzel durch die Dichtung eines Hydranten am Unteren Markt in die Wasserleitung gewachsen. So sind Bakterien in das Leitungswassernetz gelangt. Nachdem dies bei Routinetests vergangene Woche aufgefallen war, verhängten die Stadtwerke ein Abkochgebot: Leitungswasser durfte nur noch nach dem Abkochen getrunken werden.
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Nach intensiven Spülarbeiten, dem Austausch des Hydranten und neuen Labortests wurde das Abkochgebot am Mittwochabend in vielen Bereichen wieder aufgehoben. Auf einer Karte der Stadtwerke ist erkennbar, dass nur noch im rot eingefärbten Bereich westlich der Bahnlinie und südlich der Amper das Abkochgebot bestehen bleibt. Hier sollte das Leitungswasser weiterhin nur nach dem Abkochen getrunken werden. Auch das Zähneputzen und Waschen von Lebensmitteln mit unpräpariertem Leitungswasser sollte hier unterlassen werden, heißt es von den Stadtwerken.
Zudem warnen die Stadtwerke vor Betrügern, die sich momentan unter dem Vorwand, Wasserproben zu entnehmen, Zutritt zu Wohnungen verschafften. Die Stadtwerke erklären, dass gerade keine Probenentnahmen in ihrem Auftrag stattfänden. Bürger sollten keine fremden Personen in ihre Wohnungen lassen, zudem könnten sich die Mitarbeiter der Stadtwerke immer ausweisen.

Als die Nachricht vom verunreinigten Leitungswasser am Donnerstagnachmittag die Dachauer erreichte, fühlten sich vor allem die Inhaber der örtlichen Getränkemärkte in Pandemie-Zeiten zurückversetzt. „Die haben den Laden leer gepflückt“, schildert der Filialleiter eines Marktes. Diese Einschätzung teilt auch Marcus Lamp, der Pächter eines weiteren Getränkemarkts in Dachau: „Manche Kunden haben am Donnerstag Wasser gekauft und kamen am Freitag vorsichtshalber schon wieder.“ Der Feiertag am Samstag habe die Unsicherheit bei Vielen noch erhöht. Besonders das günstige Wasser ohne Kohlensäure sei schnell weg gewesen.
Lange bleiben die Getränkemärkte nicht leer
Trotz des anfänglichen Sturms auf das Mineralwasser in den Märkten habe sich die Lage aber schnell wieder beruhigt, heißt es von den Getränkemärkten. Schon am Freitag habe er sein Sortiment wieder auffüllen können, erklärt ein Filialleiter. Und auch die Dachauer scheinen sich nach knapp sechs Tagen ohne trinkbares Leitungswasser nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. So konnten Marcus Müller und Lydia Schmiedel am Freitag problemlos Wasser im Supermarkt kaufen.

„Normalerweise trinken wir Leitungswasser“, erklären beide. Dass sie jetzt Wasser im Supermarkt kaufen und ihr Leitungswasser abkochen müssen, sei zwar neu für sie, aber nicht wirklich problematisch. „Nur beim Zähneputzen ist das ungewohnt“, erklärt Schmiedel. „Es ist nicht schlimm, aber ich bin schon überrascht, dass es dich so lange dauert“, fügt Müller hinzu.
„Eine Rolle rückwärts wollen wir unbedingt vermeiden“, erklärt eine Sprecherin der Stadtwerke noch am Dienstag. Daher sei das vorbeugende Abkochgebot verhängt worden. Wie die neusten Laborproben zeigten, seien viele der gefundenen coliformen Keime aus einer Gruppe von Bakterien, die natürlich in der Umwelt auftrete – etwa in der Erde, in Pflanzenmaterial oder im Darm von Lebewesen.

Bakterien wie Escherichia coli, besser abgekürzt bekannt als E. coli, und intestinale Enterokokken, die auf eine fäkale Verschmutzung hingewiesen hätten, seien nicht gefunden worden, erklären die Stadtwerke dann am Mittwochabend. Da zunächst nicht festgestellt werden konnte, ob es sich um gesundheitsschädliche coliforme Keime handelt, habe man das vorbeugende Abkochgebot verhängt. Um Entwarnung geben zu können, müssten zuerst drei aufeinanderfolgende Wasserproben ohne Auffälligkeiten vorliegen, begründen die Stadtwerke das Vorgehen.
Von großer Empörung oder gar Panik ist am Mittwochmittag, kurz bevor das Ende des Abkochgebots in weiten Teilen des Landkreises verkündet wird, in der Dachauer Innenstadt nichts zu spüren. Klar sei die Situation ungewohnt, aber als wirklich problematisch oder als eine große Belastung schätzt keiner der Passanten die Lage ein.
Selbst für Andreas Palitza und seine vier Wochen alte Tochter ist die Situation kein großes Problem. „Nur mit dem Baden der Kleinen ist es etwas schwierig“, führt der junge Vater aus. Zum Kochen und Trinken sei man auf Mineralwasser mit Kohlensäure umgestiegen, aber ansonsten habe man keine Schwierigkeiten. Der Dachauer findet sogar Lob für die Mitarbeiter der Stadtwerke. „Die haben am Sonntag selbst im strömenden Regen die Leitungen gespült“, sagt Palitza anerkennend.
Für die Einwohner westlich der Bahnlinie und südlich der Amper gilt das Abkochgebot vorerst weiter. Für sie wollen die Stadtwerke an diesem Freitag neue Informationen bereitstellen.





















