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Kommentar: Vereinbartes Klimaziel der EU gefährdet Europas Zukunft | ABC-Z


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Stand: 05.11.2025 16:48 Uhr

Eine völlige Blamage bei der Weltklimakonferenz ist dank der Last-Minute-Einigung der EU-Umweltminister zwar abgewendet, meint Kathrin Schmid. Langfristig werde das wenig ambitionierte Klimaziel Europa aber schaden.

Die erste Reaktion ist Aufatmen, Erleichterung: Das Last-Minute-Klimaziel der EU war eingetütet, nur wenigen Stunden bevor ihre oberste Vertreterin, Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, in Brasilien gelandet ist. Eine Total-Blamage für Europa bei der Weltklimakonferenz ist vorerst abgewendet – nach 23 Verhandlungsstunden in Brüssel, in denen es mehrfach so aussah, als bekäme die EU gar nichts mehr zustande in Sachen Klimapolitik.

Weil – um das ganz klar zu sagen – sehr viele EU-Staaten das gerade überhaupt nicht wollen. Es ist ihnen zu viel, es passt ihnen nicht in die Zeit. Die eigene Industrie und ihre Verbraucher hängen noch zu sehr an fossilen Energien und klagen. Man will Brücken bauen. Die Frage ist nur: Wohin? Zumindest nicht zielgerichtet in Richtung Transformation, die anderenorts in vollem Gange ist. Und die zum Beispiel China zum Weltmarktführer bei so vielen Zukunftstechnologien macht.

Das ist gerade die politische Realität in Europa – und sie steckt jetzt hinter der Fassade der 90-Prozent-Reduktion bis zum Jahr 2040. Denn genauer besehen sagt das Ziel: In Europa sollen bis 2040 “nur” 85 Prozent der klimaschädlichen CO2-Gase eingespart werden. Die restlichen fünf Prozent müssen die EU-Staaten nicht selbst einsparen, sondern sie können zum Beispiel in Solarparks in Nordafrika investieren und die dort eingesparte CO2-Menge bei sich mit aufrechnen.

Europa schadet sich selbst

“Macht ja nichts, Klimawandel ist schließlich ein weltweites Problem”, könnte man meinen. Das stimmt, aber Europa schadet sich und uns. Jeder Euro, der in die Transformation der Wirtschaft, in den Ausbau der Erneuerbaren Energien und in die Entwicklung von Zukunftstechnologien geht, ist ein guter – und sollte in Europa bleiben. Gerade damit wir Wirtschaft, Arbeitsplätze und Wettbewerbsfähigkeit hier sichern. Und damit der Umstieg für alle gelingt.

Aber der wurde heute noch mit einer anderen weitreichenden Entscheidung auf die lange Bank geschoben. Die Staaten beschädigen nun auch das Herzstück der europäischen Klimapolitik: den Emissionshandel. Die nächste Stufe, bei der auch CO2-Ausstoß im Straßenverkehr und beim Heizen ein Preisschild bekommt, wird einfach mal um ein Jahr vertagt. 

All das ist der ziemlich hohe Preis für einen Last-Minute-Klima-Kompromiss, der in Belem noch ein bisschen was hermacht, aber langfristig – das sagen Wissenschaftler und Ökonomen – die Zukunft Europas gefährdet.

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