Wo Fürstenfeldbruck noch sparen könnte – Fürstenfeldbruck | ABC-Z

Fürstenfeldbruck wird wohl tiefer in die Verschuldung rutschen. Dabei hat die Stadt in den zurückliegenden Jahren bereits gestrichen, wo es ging, um die Auflagen eines Konsolidierungskonzepts zu erfüllen. Das war ihr von der Kommunalaufsicht auferlegt worden, weil die „dauerhafte Leistungsfähigkeit“ der Stadt gefährdet sei. Stadtkämmerer Marcus Eckert ist deshalb nicht besonders gut zu sprechen auf Bund und Land, die weiterhin Wohltaten verkünden, Städte und Gemeinden aber allzu oft im Regen stehen lassen, wenn es ums Bezahlen geht.
Wie etwa bei dem unter großem Applaus eingeführten Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung von Grundschülern – fortan eine Pflichtaufgabe für Kommunen. „Hier wird einmal mehr das Konnexitätsprinzip klar verletzt“, schimpft Eckert, der sich zu dem Brandbrief der Oberbürgermeister bekennt. Denn Bund und Land bürden Städten und Gemeinden nicht nur Kosten auf, sie kappen auch noch Geldquellen. So kassierte Bayern 2018 die Straßenausbaubeiträge, Grundeigentümer können für Baumaßnahmen an Fahrbahnen nicht mehr zur Kasse gebeten werden. Fürstenfeldbruck erhält als Kompensation eine jährliche Pauschale von gut 132 000 Euro. Dem stehen für die nächsten drei Jahre Investitionen in den Straßenbau von mehr als 20 Millionen Euro gegenüber, zuzüglich Unterhaltsmaßnahmen von etwa einer Million Euro pro Jahr. „Die Differenz muss voll aus dem städtischen Haushalt finanziert werden“, kritisiert Eckert.
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Es dürfte reichlich Gesprächsbedarf in den Gremien geben, um bis Mitte Dezember den anvisierten Doppelhaushalt für 2026 und 2027 aufzustellen. Der soll ein halbwegs belastbares Zahlenwerk werden, das nicht gleich wieder von der Aufsichtsbehörde kassiert wird. Ohne Kreditaufnahmen wird sich das Investitionsprogramm mit Schulerweiterungen, Sanierungsmaßnahmen und einem neuen Bauhof in den kommenden Jahren nicht stemmen lassen. Da sind neben den Belastungen durch neue Pflichtaufgaben auch die gestiegenen Personal- und Baukosten zu schultern. Und als Sahnehäubchen die absehbar höhere Umlage, die an den Landkreis abzuführen ist. Denn auch der hat zu kämpfen bei Jugendhilfe, Kreisklinik, weiterführenden Schulen oder Personennahverkehr.
Vor allem in den Jahren 2028 und 2029 dürfte es für Fürstenfeldbruck richtig eng werden. Daran ändert auch ein unerwarteter Geldsegen grundsätzlich wenig: Jüngst wurde bekannt, dass die Stadt gut 21 Millionen Euro mehr im laufenden und im vergangenen Jahr eingenommen hat als prognostiziert. Vor allem die Gewerbesteuer sprudelte. Das verschafft etwas Luft, löst nach Eckerts Worten „aber nicht die strukturellen Probleme und die zusätzliche Verschuldung in den Folgejahren“.

Wie kann Fürstenfeldbruck sparen oder mehr Geld in die Kasse bekommen? Vor ein paar Monaten wurde nach zähen Verhandlungen schon mal die Grundsteuer angehoben, in Kürze soll die Hundesteuer folgen. Blickt man auf die Beträge, wird klar, dass dies eher kosmetische Maßnahmen sind, die nicht viel mehr sein können als ein Inflationsausgleich. Die Anhebung der Grundsteuer soll Mehreinnahmen von einer Million Euro bringen, die höhere Hundesteuer ganze 30 000 Euro. Fast schon Peanuts angesichts eines Haushaltsvolumens von mehr als hundert Millionen Euro.
In den vergangenen zwei Jahren wurde beinahe die ganze Stadt auf den Prüfstand gestellt, nachdem die Kommunalaufsicht der Stadt zum wiederholten Male ein Sparkonzept verordnet hatte. Nichts schien mehr tabu. Auf einer im Dezember 2023 vorgelegten Liste der Grausamkeiten, mit der die strenge Aufsichtsbehörde besänftigt werden sollte, fanden sich 39 verzweifelt bis skurril anmutende Vorschläge, um Kosten zu senken oder mehr Geld einzunehmen. Darunter Tourismusförderung wie Stadtführungen (mögliche Einsparung: 3700 Euro), Reduzierung oder Verzicht auf Ankäufe von Sammlungen sowie Publikationen durch das Stadtmuseum (16 000), Beetbepflanzung und Straßenbegleitgrün durch Bauhof und Stadtgärtnerei (je 250 000 für zwei Jahre), Anhebung der Gebühren in Kitas (320 000) sowie Verzicht oder Reduzierung des barrierefreien Ausbaus (190 000 Euro).

Etwas versteckt auf Zeile 33 des Konsolidierungskonzepts findet sich unter der Rubrik „Straßenverkehr“ eine besonders innovative Einkommensquelle: mehr Radarkontrollen (Erträge nicht bekannt). Weil auch Kleinvieh Mist macht, sind sogar Portokosten nicht tabu. Durch das gemeinsame Versenden angesammelter Schriftstücke in großen Briefumschlägen ließen sich 600 Euro sparen, hat die Kämmerei errechnet. Was es bringt, weniger Mülleimer und nur noch auf den Fluren des Rathauses aufzustellen, ist nicht bekannt. Durch den von Nagern wärmstens empfohlenen Verzicht auf Rattenbekämpfung, für die streng genommen das Veterinäramt des Landkreises zuständig ist, könnten dagegen laut Liste 10 800 Euro eingespart werden.
Längst nicht alle Vorschläge wurden umgesetzt. Wie die Einführung von Straßenreinigungsgebühren (500 000 Euro), die wegen der Grundsteuerreform und fehlender Personalkapazitäten erst mal zurückgestellt wurde. Schneller ging es bei den Vereinszuschüssen: Bereits beschlossen wurde, im Erwachsenenbereich für die Nutzung von Sporthallen, Schwimmbad und Eisstadion einen höheren Eigenanteil einzufordern.
Bei den freiwilligen Leistungen seien zurzeit keine weiteren Einschnitte geplant, so Eckert. Die verbliebene Förderung von Kultur, Sport und Veranstaltungen dürfte also erst einmal unangetastet bleiben. Klar ist aber, dass sich die wirklich großen Brocken nicht finanzieren lassen, die zweistellige Millionenbeträge verschlingen würden: So bleiben die Neubauten von Hallenbad und Eishalle auf absehbare Zeit unerschwinglich.
Ganz aus der Verantwortung entlassen sind in der ganzen Debatte um schwindende Spielräume der Städte und Gemeinden auch die politischen Gremien nicht. So wischte die Kommunalaufsicht vor einigen Jahren einen ihrer Meinung nach zu wenig ambitionierten Fürstenfeldbrucker Haushaltsentwurf vom Tisch – als Ausdruck einer „Klientelpolitik der Stadtratsfraktionen“. Und setzte 2023 noch eins drauf, als sie dem Stadtrat „Unvermögen“ bei der Finanzplanung bescheinigte.

Sehr kritisch beäugen die Kontrolleure großzügige Entscheidungen. Wie den Beschluss, fast zwei Millionen Euro in die Sanierung einer Bahnunterführung für Fußgänger hinter dem Klostergelände zu investieren. Geld, das an anderer Stelle eingespart werden müsse, wie Oberbürgermeister Christian Götz (BBV) klarmachte. Die „anderen Stellen“ freilich sind zusammengeschmolzen wie Eis in der Sonne. Es wird kaum reichen, auf ein paar Papierkörbe im Rathaus zu verzichten.
Der Fürstenfeldbrucker Kämmerer hat die Hoffnung nicht aufgegeben, künftig auch für solche freiwilligen Leistungen aus der Rubrik „Nice to have“ wieder mehr Spielraum zu bekommen. Weil Bund und Land die Notlage vieler Kommunen erkennen und die Weichen stellen für eine langfristig wirkende Strukturreform der kommunalen Finanzierung. „Sonst werden wir von Gestaltern zu reinen Verwaltern des Mangels.“ Das gefährde nicht nur die Aufgaben in der täglichen Daseinsvorsorge für die Bürger, sondern letztlich die lokale Demokratie für alle.





















