Görlitzer Park: “Es gibt mehr Drogen, reinere Drogen, krassere Drogen” | ABC-Z

Görlitzer Park
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“Es gibt mehr Drogen, reinere Drogen, krassere Drogen”
Di 04.11.25 | 06:18 Uhr | Von
Die Arbeiten für den Zaun am Görlitzer Park laufen. Anwohner verhindern mit Reisig den Drogenkonsum auf den Beeten vor ihren Häusern. Zugleich locken täglich zahlreiche Angebote Familien in den Park. Zeit für einen Besuch. Von Anna Bordel
Für einen Augenblick kommt Hektik auf. Mehrere Männer rufen sich gegenseitig laut Dinge zu. Einige von ihnen fummeln an den Öffnungen eines Glascontainers herum, ziehen flink kleine Päckchen heraus und machen sich zu Fuß oder auf Rädern davon. Etwas später sind die Männer vor einem Bistro sitzend zu sehen, sie beobachten den Eingang des Görlitzer Parks, an dem sie bis vor wenigen Momenten noch herumstanden.
Diese Szene – lautes Rufen, hektisches Sammeln und Davoneilen – ist an diesem Herbstnachmittag noch mehrfach an verschiedenen Orten des Berliner Parks zu beobachten. Manchmal fährt danach ein Polizeiauto vorbei, manchmal bleibt alles ruhig. Wenig später kehren alle an ihren vorherigen Platz zurück.
Sicher fühle er sich nicht, erzählt einer der Männer, der an einem der Parkeingänge steht. Eigentlich möge er es im Park, sagt er, vor allem im Sommer, wenn viele Menschen dort seien und die Stimmung fröhlich sei. Aber mit der Polizei sei es öfter sehr unangenehm, sagt der Mann. Er wünscht sich, dass der Park offen bleibt.
Es ist einiges los an diesem Nachmittag im Görli, viele Eltern sind mit ihren Kindern unterwegs zu einem der Spielplätze oder dem Kinderbauernhof. Ein Spielemobil hat sein Spielzeug auf einer Wiese zur kostenlosen Nutzung ausgepackt. Kinder fahren Roller und Dreirad, rutschen auf Matten einen kleinen Hügel herunter.

Ein Zaun, keine Lösung
David Kiefer ist Sozialarbeiter, wohnt im Kreuzberger Wrangelkiez und ist in der Initiative “Görli zaunfrei” aktiv. Dass hier in wenigen Monaten ein Zaun den Park schließen soll, hält er für Unsinn, wie er sagt. Ihm und seinem Umfeld mache Sorgen, dass der Zaun Obdachlose und Junkies noch weiter in die Hauseingänge der Kieze treibe, aber dafür keines der Probleme löse. Anwohner der an den Park angrenzenden Wiener Straße haben deshalb Reisig auf den Beeten vor ihrem Haus aufgehäuft, so dass die Ränder nicht mehr zum Sitzen und so zum Aufhalten genutzt werden können.
Statt des Zauns fordert Kiefer keine neuen, aber zentrale Ansätze: Arbeitserlaubnisse für Asylsuchende, Wohnungen für Obdachlose und Konsumanlaufstellen für Drogensüchtige. Zwei Fixpunkt-Mobile bieten das zwar schon an, allerdings nur zeitlich begrenzt. Davon müsste es mehr geben, so Kiefer, Drogenkonsum finde schließlich auch nachts und an den Wochenenden statt.

Männer im Park keine homogene Gruppe
Vor den zwei Mobilen ist an diesem Nachmittag einiges los. Ein paar Männer holen sich Tee oder Kaffee. Andere stehen in einer größeren Gruppe etwas entfernt und unterhalten sich. “Der Kampf gegen Drogen in Berlin ist komplett gescheitert”, sagt Kiefer. “Es gibt mehr Drogen, reinere Drogen, krassere Drogen und mehr Drogenkonsumenten als jemals zuvor.” Ein Zaun werde nicht helfen, das zu verändern.
Einige der Männer vor dem Fixpunkt-Mobil reagieren nervös auf den Anblick der rbb-Reporter:innen, mehrere verschwinden. Kiefer sagt, es sei wichtig festzustellen, dass nicht alle Männer, die hier herumstünden, auch Drogen verkauften oder konsumierten. Einige würden beides tun, andere nur verkaufen oder nur konsumieren und wieder andere gar nichts davon. Sie kämen hierher, um Freunde zu treffen oder sich Tipps aus der Community zu holen über mögliche Hilfsangebote zum Beispiel.
Viele Welten dicht nebeneinander
“Der Görli ist eine gigantische Informationsbörse für Menschen, die in Berlin ankommen”, sagt Kiefer. Er muss sein Rad etwas an den Wegrand schieben, Platz machen für ein Polizeiauto, das über den schmalen Parkweg fährt.
Direkt hinter den Konsummobilen für die Süchtigen laufen derzeit die ersten Bauarbeiten für den Zaun, der sie später draußen halten soll, zumindest nachts. Mauerwerk wurde an mehreren Stellen bis auf die Grundmauern rückgebaut, Zaunteile, die dort eingesetzt werden sollen, stehen schon bereit. Ob der Zaun wirklich nachts geschlossen wird, da ist sich Kiefer gar nicht so sicher. Die rechtliche Grundlage dafür gebe es noch nicht, auch seien noch keine Finanzen dafür eingeplant, sagt er.
Im Görli, einem Park, der mit rund 14 Hektar Fläche nicht sehr groß ist, passiert vieles aus unterschiedlichen Welten dicht nebeneinander. Ein Mosaik aus Spielen, Dealen, Zaunbauen, Drogenkonsumieren, Ziegenstreicheln, Sportmachen, mutmaßliche Kriminelle Aufspüren. An diesem Herbstnachmittag zumindest scheinen sich die Welten nicht zu stören.















