Politik

Streit bei Twitter um Lena Berger: Professor ruft Preisgeld aus | ABC-Z

Sie schaut geradeaus in die Kamera, die Haare nach hinten zu einem lockeren Zopf gebunden, das Kinn leicht gehoben. Das Foto ist schwarzweiß. Selbstbewusst sieht die junge Frau aus, entschlossen, durchsetzungsstark. Und niemand scheint zu wissen, wer sie ist.

Für wen sie ist, ist aber klar: Lena Berger, wie ihr Profil auf X heißt, schreibt auf der Plattform immer wieder für die Befreiung der Ukraine, kritisiert Argumente, die aus ihrer Sicht putinfreundlich oder prorussisch sind, teilt Berichte und Podcasts. Immer wieder reibt sie sich an Accounts mit anderen Positionen. Besonders häufig aber arbeitet sie sich an einem Mann ab: Johannes Varwick.

500 Euro für den Beweis, dass es sie gibt

Der ist Professor für Internationale Beziehungen und europäische Politik an der Uni Halle-Wittenberg und wirbt auf X etwa dafür, das BSW nicht als Putin-nah zu „diffamieren“, sich in der Ukraine „politischen Lösungsversuchen jenseits einfältiger Militarisierung“ zuzuwenden, oder nach einem Ende des Krieges zu suchen, das „auch russische Kerninteressen wahrt“.

Der Streit der beiden schwelt also schon länger. Neue Brisanz bekam er durch eine Aktion Varwicks, die ihm wohl eine Anzeige einbrachte. Am Montag hatte er Berger vorgeworfen, „permanent unsachlich“ andere Auffassungen über den Krieg in der Ukraine zu diffamieren und zu delegitimieren. Das könne man zwar machen, allerdings sei bei ihrem Profil nicht klar, „dass es sich bei ‚Lena Berger’ um eine reale Person handelt“.

Weil Bot-Profile ein grundsätzliches Problem in den sogenannten Sozialen Medien seien, wolle er 500 Euro für einen guten Zweck spenden und sich entschuldigen, wenn die Existenz Lena Bergers als reale Person bewiesen werden könne. „Wenn nicht, gibt es hier ein Problem und man könnte den Fall pars pro toto nehmen, um die Funktionslogik sozialer Netzwerke zu charakterisieren“, auf denen es zahlreiche Troll-Profile gebe, schrieb Varwick weiter.

Schnell warfen ihm andere Nutzer Doxxing (also das Veröffentlichen personenbezogener Daten im Netz) vor, Tausende solidarisierten sich vor allem über den Hashtag #IchbinLenaBerger mit dem von Varwick kritisierten Profil. Unter den Unterstützern war etwa auch CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter, der Berger für „die klare Haltung, das grandiose Eintreten für die Ukraine und die klugen Posts“ dankte.

Einige Nutzer verstanden die angekündigte Prämie von 500 Euro gar als einen Aufruf zu einer Straftat. Berger selbst hat nach eigenen Angaben kurz nach Varwicks Post Anzeige erstattet. „Werde es nicht hinnehmen, dass meine persönliche Sicherheit durch Auslobung eines ‚Kopfgeldes’ gefährdet wird“, schrieb sie.

Diesem Streit vorausgegangen war ein zehnteiliger thread, in dem Lena Berger dem Verleger der Wochenzeitung „Der Freitag“, Jakob Augstein, vorwarf, prorussischen Autoren, darunter auch Varwick, zu viel Raum in der Zeitung und auf der Website Freitag.de zu geben. Varwick hatte seit Beginn des Kriegs in der Ukraine zehn Artikel im „Freitag“ veröffentlicht, in denen er unter anderem forderte, den Krieg einzufrieren.

Auch Augstein selbst hat sich immer wieder für einen Waffenstillstand in der Ukraine eingesetzt, sagte etwa in einer Diskussion mit RTL-Politikchef Nikolaus Blome, dass die getöteten ukrainischen Soldaten letztlich „unsere Toten seien“, weil wir sie mit Waffen unterstützten. „Sie würden nicht in dem Umfang umgebracht, wenn wir die Waffen nicht liefern.“ Blome war zwischenzeitlich sichtlich bemüht, die Fassung zu bewahren. „Augstein, es ist echt schwer, Ihnen zuzuhören. Sie sind die fünfte Kolonne Moskaus“, sagte er. Man könne von den Ukrainern nicht erwarten, so Blome, ein Fünftel ihres Territoriums an ein Regime abzugeben, das mit Raketen auf Kinderspielplätze schieße. Wenn jemand den Krieg beenden könne, dann sei es Putin.

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