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Kein VAR – Die krassen Fehlentscheidungen kehren zurück | ABC-Z

Stand: 30.10.2025 00:08 Uhr

Die 2. Runde im DFB-Pokal war eine Werbeveranstaltung für den VAR: Es gab viele krasse Fehlentscheidungen, teilweise folgenschwere. Doch erst ab dem Achtelfinale wird die Technik wieder genutzt. Warum eigentlich?

Die 36. Minute am Mittwochabend in Köln war, so viel war jedem Zuschauer klar, Futter für das Argument, den Video Assisten dort einzusetzen, wo er einsatzfähig wäre. Es war ein frei empfangbares Topspiel in diesem Wettbewerb mit vielen Millionen von Zuschauern. Und die erlebten alle mit, wie der FC klar benachteiligt wurde.

Bei 1:0-Führung kassierte Köln den Ausgleich durch Luis Diaz, der aber zuvor beim Torschuss von Josip Stanisic im Abseits gestanden, es war bei weitem nicht mal gleiche Höhe. Das Abklatschen des Balles durch Kölns Keeper Ron-Robert Zieler leitete nach den Regeln keine neue Spielsituation ein, Luis Diaz griff danach aktiv ins Geschehen ein – der Treffer war also irregulär. Ob die Bayern auch so gewonnen hätten, bleibt zwar hypothetisch, doch Fakt ist, dass ihre Aufholjagd durch den Fehler des Schiedsrichtergespanns von Tobias Welz eingeleitet wurde.

Ärger auch bei Frankfurt, Heidenheim, St. Pauli oder Illertissen

Welz war an diesem Mittwoch und auch am Dienstag zuvor bei weitem nicht allein mit derart deutlichen Fehleinschätzungen. In vielen weiteren Partien gab es Stress: Dortmund kam in Frankfurt mit 4:2 nach Elfmeterschießen weiter, dem 1:1-Ausgleich durch Julian Brandt war aber ebenfalls eine Abseitsstellung vorausgegangen: Maximilian Beier stand in der verbotenen Zone, Sven Jablonski gab den Treffer, weil sein Linienrichter die Fahne unten gelassen hatte.

Während in diesen beiden Fällen die Assistenten danebenlagen, waren an anderen Schauplätzen die Chefs schuld. Bei der Heidenheimer 0:1-Niederlage gegen den Hamburger SV durch den Elfmeter von Robert Glatzel zehn Minuten vor Schluss lag eindeutig kein Foulspiel vor. Benjamin Brand wäre durch einen VAR mit ziemlicher Sicherheit korrigiert worden. Auch der FV Illertissen kassierte beim 0:3 gegen Magdeburg einen Strafstoß nach einer Zweikampfszene, die absolut handelsüblich aussah. Doch weil Maximilian Breunig nach dem Mini-Rempler von Maximilian Neuberger viel zu leicht dahinsank, zeigte Patrick Schwengers auf den Punkt – dadurch fiel das vorentscheidende 2:0 für den Zweitligisten.

Arm angelegt, trotzdem Handelfmeter gegen St. Pauli

Auch ein Handelfmeter für Hoffenheim löste beim FC St. Pauli Fassungslosigkeit aus: James Sands hatte den Arm eindeutig angelegt und seine Körperfläche nicht vergrößert, als Daniel Schlager in der Verlängerung auf den Punkt zeigte: Die TSG ging dadurch in Führung. Am Ende kamen die Kiez-Kicker aber doch noch weiter.

An Kritik der Betroffenen mangelte es anschließend nicht. Kölns Coach Lukas Kwasniok haderte mit einem durchaus gelungenen Vergleich: “Wer nur noch mit Navi fährt, verlernt halt, wie man sich sonst auf der Straße verhält.” Heidenheims Coach Frank Schmidt war sauer: “Man sieht’s doch. Er lässt sich fallen, ich seh keinen Kontakt. Und wenn man genau hinschaut, wo der Schiedsrichter steht, kann er ja gar nichts sehen.”

Frankfurts Hellmann ist “für alles, was messbar ist”

Frankfurts Aufsichtsratsboss Axel Hellmann bekam vom Schiedsrichter nach der Partie den Fehler sogar bestätigt: “Er hat sich die Szene angeschaut und gesagt: Klar, das war Abseits. Aber das konnte man so nicht sehen.” Hellmanns Schlussfolgerung: “Ich werde immer wieder gefragt, ob nicht doch so vieles für den VAR spricht. Ich bin für alles, was messbar ist. Die messbaren Entscheidungen müssen wir mit dem VAR hinbekommen. Das müssen wir dann aber auch machen.”

Dagegen spricht bislang nach Ansicht des DFB der Gleichheitsgrundsatz. Natürlich wäre bei Spielen wie Köln gegen Bayern und Frankfurt gegen Dortmund der Videobeweis auch schon vor dem Achtelfinale problemlos möglich. Aber der Pokal-Veranstalter ist der Ansicht, dass alle Spiele in einer Runde unter den gleichen Voraussetzungen absolviert werden müssen – obwohl eigentlich nichts für eine Benachteilung von Illertissen spricht, wenn in einem anderen Spiel mit anderer Technik ein irreguläres Bayern-Tor nicht anerkannt würde.

Drees kann sich den VAR schon früher vorstellen

Offen wärem die Unparteiischen immerhin dafür, den VAR nicht erst ab dem Achtelfinale einzusetzen, sondern schon in der 2. Runde. “Die Entscheidung, in welchen Wettbewerben und welchen Runden der VAR eingesetzt wird, liegt nicht bei uns, sondern beim jeweiligen Veranstalter – in diesem Fall dem DFB. Wir als Schiri GmbH sind Dienstleister und würden uns grundsätzlich offen zeigen, sollte der Wunsch an uns herangetragen werden”, sagte Jochen Drees, Leiter Innovation und Technologie, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.

Drees sagte weiter: “In der ersten Runde mit zahlreichen Amateurvereinen wäre die Herausforderung definitiv zu groß, ab der zweiten Runde könnte man sich zumindest damit auseinandersetzen, was die personelle Besetzung und die Infrastruktur angeht.”

Prüfung der personellen Umsetzbarkeit

Es gehe dann darum, die Möglichkeit der personellen Umsetzung zu prüfen. “Wenn nach Prüfung der Einzelfälle alle Voraussetzungen erfüllt sind, würden wir uns dem nicht verschließen und wären sicherlich bereit zur Umsetzung.”

Denn auch Drees kann nicht daran gelegen sein, dass der Ruf der deutschen Schiedsrichter so leidet wie in dieser 2. Pokalrunde. Nur weil ihnen da der VAR nicht helfen durfte und sie auf ihre eigene Wahrnehmung oder die ihrer Assistenten an der Linie vertrauen mussten.

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