Emma Thompson in der Serie „Down Cemetery Road“ bei Apple TV+ | ABC-Z

Wenn ein Haus in Flammen aufgeht, einfach so in einer stillen Nacht in Oxford, kann das in einem britischen Thriller kein Unfall gewesen sein. Und bingo: „Down Cemetery Road“, ein Achtteiler, der auf einem Roman von Mick Herron beruht, deutet zügig Hintermänner des vermeintlichen Gasunglücks an. Ein vertrottelter Bürokrat ohne Rückgrat (Adeel Akhtar) und sein schnittiger Chef (Darren Boyd), beide offenbar tätig im Auftrag der Krone, hatten ihre Finger im Spiel, vielleicht auch die Schattengestalt, die das nächtliche Flammenmeer von der Straße aus mustert.
Der Schriftsteller Mick Herron weiß, wie man solche Fäden auslegt, ohne zu viel zu verraten. Als „Down Cemetery Road“ 2003 in Buchform erschien, war er handwerklich noch nicht ganz so versiert wie später, als er „Slow Horses“ erfand, eine von Apple in mittlerweile fünf Staffeln verfilmte Kultreihe um kaltgestellte, ins „Slough House“ abgeschobene Versager des MI5. „Down Cemetery Road“ war Herrons erster Roman. Er war damals noch Korrektor einer juristischen Zeitschrift, pendelte zwischen Oxford und London und schrieb nebenbei.
Das Debüt saß schon ganz gut
Das Debüt besaß schon pointierte Dialoge und Humor der trockenen Art, und eine schlagfertige Privatdetektivin wie Zoë Boehm, der Herron vier Fälle spendierte, ist immer willkommen. Verkörpert wird sie in der Verfilmung – weiße Strubbelhaare, schwarze Lederjacke, aufrechter Gang – von Emma Thompson, die einst für ihre Rolle in „Wiedersehen in Howards End“ einen Oscar erhielt und mit ihrer Bühnenpräsenz Produktionen wie „Years and Years“ oder „Cruella“ veredelt hat.
Es dauert erfreulich lange, bis man Zoë Boehm als eine der beiden Hauptfiguren dieser Geschichte begreift. Erst einmal ist sie nur die ruppige Gattin von Joe Silverman (Adam Godley), und es ist sein Name, der auf der Tür einer verstaubten Detektei in Oxford zu lesen ist.
Im Vordergrund steht eine andere Frau: Sarah Trafford, gespielt von der stets etwas erschöpft und melancholisch dreinblickenden Ruth Wilson. Sarah ist Restauratorin in einem Museum in Oxford, und wenn ihr Ehemann Mark, ein aufstrebender Banker (Tom Riley), wichtige Kunden wie den Ferrari fahrenden Gerard (Tom Goodman-Hill) nach Hause einlädt, springt sie hektisch aufs Rad, schiebt einen Pie in den Ofen und macht bei aller Abscheu Konversation – wie Mark es verlangt. Im Roman, der pünktlich zur Serienveröffentlichung in deutscher Übersetzung erschien, fällt der Zusammenprall zwischen der Antikapitalistin Sarah und dem arroganten Gerard wohl noch lustiger aus. Auch im Bewegtbild steuert der Abend einem Fiasko entgegen – bis ein Nachbarhaus explodiert. Feuer, Blaulicht und Lärm.
„Denselben Job wie er, nur besser“
Sarah eilt auf die Straße und beobachtet, wie das Nachbarskind, das im Inferno seine Eltern verloren hat, in einer Decke in Sicherheit gebracht wird. Auch auf einem Bild in der gedruckten Zeitung ist die Kleine am nächsten Tag zu sehen. Nicht aber auf dem Foto in der Onlineversion, da wurde sie digital wegretuschiert, und Besuch in der Klinik darf Dinah auch nicht bekommen. Sarah beunruhigt das sehr. Sie sucht eine Detektei auf – jene des schluffigen, unablässig Jazz hörenden Raymond-Chandler-Verehrers Joe Silverman. „Und was machen Sie?“, will sie von der zweiten Person im Büro wissen. „Denselben Job wie er, nur besser“, antwortet Zoë Boehm. Damit ist im Grunde alles gesagt. Bevor Silverman abtritt.
Ein solider Thriller mit diversen Bösewichten, politischem Anstrich und Roadmovie-Elementen nimmt seinen Gang, schmissig adaptiert von Morwenna Banks, die schon zum Schreibteam von „Slow Horses“ zählte. Die Story selbst ist nicht sehr originell und „Down Cemetery Road“ nicht der erste Krimi, in dem eine weibliche Ermittlerin so „hard boiled“ auftritt, wie es einst nur Männer taten. Perfektioniert hat das Natasha Lyon in „Pokerface“.
Es ist aber ein großer Spaß, Emma Thompson als Zoë Boehm beim sarkastischen Frotzeln, Abkanzeln und Kaugummikauen zu folgen. Dieser Lady würde man sogar stundenlang beim Zwiegespräch mit ihrer Katze zusehen. Und das wissen die Regisseure Samuel Donovan, Börkur Sigþórsson und Natalie Baily. Sie erzählen langsam und geben der Thompson alle Zeit, die sie in ihren Szenen zu brauchen meint. Dass so die Tempowechsel in Richtung Spannung gut wirken, versteht sich.
Down Cemetery Road startet auf Apple TV+.





















