„Ding Dong“ – Eva Karl Faltermeiers neues Programm | ABC-Z

Tja, irgendwann steckt man in der Mitte seines Lebens, hat viel hinter sich und vielleicht ja noch was vor sich. Zu allem Überfluss muss man, nein, Frau sich ja auch noch mit hormonellen Umstellungen herumschlagen.
„Ding Dong“ heißt das neue Programm von Eva Karl Faltermeier. Nicht der Postmann, sondern die Menopause klingelt zweimal, wenn nicht öfters, was nicht unbedingt schön ist, aber ihr immerhin schön viel Material für den Abschluss ihrer ersten Kabarett-Trilogie liefert.
Nicht der Klimawandel, sondern das Klimakterium heizt der 42-Jährigen aus der Oberpfalz hin und wieder ein, so sagt sie selbst, wobei es für sie noch andere Gründe gibt, in humoristische Hitzewallungen zu geraten. Was Frauen in der Mitte ihres Lebens erleben, ist ja noch längst nicht in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Den vierten Teil der Sisi-Film-Reihe, „Wechseljahre einer Kaiserin“, hat es zum Beispiel nie gegeben, „mei, was hat die die sich mit ihrem Franz gestritten“, aber so was wollen die Leit ja weder sehen noch hören.
Die Wechseljahre einer Kaiserin
Wo möglicherweise Wissenslücken klaffen, grätscht Eva Karl Faltermeier aufklärerisch hinein: Bei der Premiere im Lustspielhaus bietet sie dem weiblichen Publikum eine Art„Selbsthilfegruppe“ an, die Männer bekommen hingegen ein verbales „Nachschlagewerk“ serviert.
Man kann bei Faltermeier einiges erfahren, etwa, wie das ist, wenn die „Schleimhäute austrocknen bis zu den Ohrwascheln“ und der Körper sich insgesamt noch mal maßgeblich verändert. Ihr Blick auf die eigene Physis ist eh gnadenlos. Da nicht viel Brust vorhanden ist, weiß sie selbst oft nicht, „wo vorne und hinten ist“, hat sich deswegen für den Abend eine Perlenkette um den Hals gelegt, als Orientierungspunkt.
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Die Gebärmutter habe man ihr herausoperiert, erzählt sie freimütig, so eine OP sei ja ein „einschneidendes Erlebnis“. Über den desolaten Zustand ihrer Gebärmutter hat sie sich nicht gewundert, denn „die Kinder haben bislang jeden Ort im absoluten Chaos hinterlassen.“
Das Programm ist vogelwild
Ein bisschen chaotisch ist auch das neue Programm: Ein erzählerischer Rahmen ergibt sich zwar, Faltermeier wartet in einer Schlange an einer Bushaltestelle darauf, dass die Kids zum obligatorischen viertägigen Schulausflug abgeholt werden, aber ihrer Gedanken purzeln jenseits der Busstation eher vogelwild-ungeordnet von einem Thema zum nächsten.
Manche Pointe sitzt auch noch nicht so richtig, aber das dürfte sich noch einspielen. Sympathisch ist Eva Karl Faltermeier allemal. Ihr fehlt auf angenehme Weise die Aufgeregtheit mancher Kolleginnen und Kollegen. Stattdessen wirkt sie ein bisschen unterspannt, mit der schwarzen Brille leicht nerdig. Aber wehe, wer sie unterschätzt: Gelegentlich kann sie auch garstig werden, wenn es etwa um Lasten-E-Bike-Fahrer geht oder Tradwives, die sich „wie eine Magd aus dem Jahr 1743“ der Aufzucht der Kinder und dem Haushalt widmen, „die den Joghurt selber machen aus dem Fußpilz ihres Oidn“.

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In der eigenen Familie erkennt Faltermeier vor allem in der Großmutter ein Vorbild. Die Oma hat ihr nicht nur was hinterlassen, „den Lymphstau in den Haxn“, sondern war auch die „größte Katzenfreundin in der Oberpfalz“. 300 Katzen hatte sie, jede nannte sie Mucki.
“Leschen” und andere Dialektperlen
„Mucki!“ ruft Faltermeier ins Parkett und streut auch sonst ein paar performative Elemente in ihren Vortrag ein, nutzt einen Fächer, um dramatisch Wind aufkommen zu lassen. Manches Wort weht am Ohr vorbei, was aber eher mit dem oberpfälzischen Slang zu tun hat, den Faltermeier herzhaft kultiviert. Für die Preußen im Raum wiederholt sie manchen Satz auf Hochdeutsch oder übersetzt einzelne Dialektperlen, was genauso fürsorglich wie lehrreich ist.
Statt „weinen“ sagt man im Oberpfälzischen, gerade in der Region um Regensburg, „leschen“, was sich etymologisch auf „löschen“ zurückführen lässt. Tränen löschen also was, vielleicht ja auch ein loderndes Begehren. „Weinen“ als Codewort für Sex fabuliert Faltermeier sich zusammen, was etwa den Blick auf den Begriff „Weinkönigin“ frisch einfärbt und ihr die Möglichkeit für ein paar weitere Wortspiele bietet.
Ein bisschen versaut darf Kabarett sein, politisch ist es bei Faltermeier im klassischen Sinne eh nicht, wobei das Private doch immer politisch ist. Eine Frau, die auf der Bühne von ihren Wechseljahren erzählt, ist zwar kein absolutes Novum, aber lässt das Patriarchat vielleicht leicht erschauern.
Auch vom Singledasein mit Anfang 40 erzählt Faltermeier, geschieden ist sie ja bekanntermaßen und behauptet, dass es jetzt im Supermarkt „Flirtkörbe“ gibt. Der Inhalt des eigenen Flirtkorbs kann vielleicht mit dem des anderen matchen, schön wär’s. Nach dem großen Finale, in dem sie einzelne rote Fäden zu einem Knäuel virtuos zusammenknüpft, bekennt Faltermeier jedoch, dass ihr neuer Freund im Publikum sitzt. Kabarett ist halt nicht nur Wahrheit, sondern auch ein bisschen Lüge. Aber man darf ja auch mal flunkern, gerade in den Wechseljahren.
Die nächsten Auftritte im Lustspielhaus am 2. und 3. November sind bereits ausverkauft.
„Ding Dong“ mit den Wechseljahren






















