Unterlassungsklage gegen Aktivisten: Kritik darf sein | ABC-Z

Die „Urbane Mitte“-Investorin verliert Unterlassungsklage: Das Gericht entscheidet für die Meinungsfreiheit von Aktivist Matthias Bauer.
taz | Das Urteil ist gesprochen: Die Aussagen von Gleisdreieck-Aktivist Matthias Bauer auf seinem Blog sind aus Sicht des Landgerichts II Berlin von der Meinungsfreiheit gedeckt. Damit wies das Gericht die Unterlassungsklage der luxemburgischen Fondsgesellschaft Urbane Mitte Besitz zurück, die gegen das Mitglied der Bürger:inneninitiative Gleisdreieck wegen eines Blogeintrages vorgegangen war.
„Wir sind doch erleichtert und freuen uns, dass das Gericht für die Meinungsfreiheit entschieden hat – gegen die Angriffe der Investoren“, teilt Bauer nach dem Urteilsspruch in einer Pressemitteilung mit. Seit Jahren kritisiert die Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck das umstrittene Bauvorhaben „Urbane Mitte“, an dem das Unternehmen Urbane Mitte Besitz als Investorin beteiligt ist. Die Bebauungspläne sehen vor, sieben Hochhäuser von bis zu 90 Metern am Gleisdreieck Park zu errichten. Dabei sind hauptsächlich Büro- und Gewerbeflächen geplant.
Hintergrund des Verfahrens ist ein Eintrag, den Bauer 2024 auf dem Blog der Bürger:inneninitiative veröffentlichte. Das luxemburgische Unternehmen sah ihr Persönlichkeitsrecht angegriffen und ging gegen fünf der hier genannten Kritikpunkte vor. Für das Gericht überwog in allen angegangenen Aspekten das Recht Bauers auf Meinungsäußerung.
Es ist nicht das einzige Verfahren, das die Urbane Mitte Besitz zurzeit führt. Auch gegen die Bürger:inneninitiative selbst bemüht die Investorin eine Unterlassungsklage. Das Parallelverfahren ist bis auf einen Punkt identisch mit dem aktuellen Fall und findet voraussichtlich am 9. Dezember ebenfalls vor dem Landgericht Berlin statt.
Einschüchterungstaktik
Aus Perspektive der Aktivist:innen wolle das Unternehmen die Büger:inneninitiative einschüchtern, Kosten für sie verursachen und ihr Zeit und Energie stehlen, so Bauer in der Pressermittlung. Es handele sich bei dem Verfahren um sogenannte SLAPP-Klagen (englisch: „strategic lawsuit against public participation“). Der Ausdruck bezeichnet Klagen, deren Ziel es ist, Kritiker:innen zum Schweigen zu bringen. Hauptsächlich durch den Aufbau von finanziellem und zeitlichen Druck. Bereits bei der Verhandlung vor dem Landgericht Mitte Oktober wies der Anwalt des Unternehmens diesen Vorwurf zurück.
Obwohl Bauer und die Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck erst einmal aufatmen können, überstanden ist es wohl noch nicht. Bereits im Vorfeld kündigte der Anwalt der Urbanen Mitte Besitz an, vor dem Kammergericht in Berufung zu gehen, falls die Klage abgewiesen werden sollte.
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