Zeitumstellung: Leben wir im Sommer in der falschen Zeitzone? | ABC-Z

In der Nacht wurden die Uhren eine Stunde zurückgestellt: Wir wechseln zur sogenannten Winterzeit, der Normalzeit. Obwohl die Sommerzeit beliebter ist, zeigen Studien, dass sie den natürlichen Rhythmus vieler Menschen stört.
In dieser Nacht wurden die Uhren wieder umgestellt, und zwar von 3 Uhr auf 2 Uhr morgens – zurück zur Winterzeit. Chronobiologen sprechen auch von der Normalzeit. Ihnen zufolge leben wir ganze sieben Monate in der falschen Zeitzone: der Sommerzeit.
Eine neue Studie aus den USA hat das nun bestätigt. Demnach haben sowohl die Sommerzeit an sich, als auch der ständige Wechsel negative Auswirkungen auf unsere Gesundheit.
Warum ist die Winterzeit die Normalzeit?
Die Mitteleuropäische Zeit – in die wir jetzt wieder zurückgewechselt haben – ist die ursprüngliche Zeitzone für Deutschland. In dieser Zeitzone stimmt der höchste Sonnenstand am besten mit der Mitte des Tages (12:00 Uhr) überein. Chronobiologen und Schlafforschende sagen, das Leben in der falschen Zeitzone über den Sommer störe den biologischen Rhythmus der Menschen. Das wurde von Forschenden der Uni Stanford gerade eindrucksvoll mit Daten aus den USA bestätigt.
Sie haben errechnet, dass die Umstellung auf die Standardzeit das ganze Jahr über – statt nur im Herbst und Winter wie in den meisten US-Bundesstaaten – die Häufigkeit von Fettleibigkeit und Schlaganfällen deutlich verringern würde. In Deutschland ist die Entwicklung sehr ähnlich. Frühere Studien haben gezeigt, dass die Herzinfarktrate und die Zahl der Arbeits- und Verkehrsunfälle in den Tagen nach der Uhrumstellung steigen.
Schlafforscher Albrecht Vorster von der Universitätsklinik für Neurologie in Bern erklärt dazu: “In der Sommerzeit, der künstlichen Zeit, die wir 1980 eingeführt haben, verschieben wir das Ganze, und es ist so, dass wir bei der Zeitumstellung im März, wo wir eine Stunde früher aufstehen müssen, wir die zwei Tage danach messbar mehr Krankenhauseinweisungen haben, weil das ungesund ist.”
Eine dauerhafte Sommer- oder Winterzeit in ganz Europa?
Europaweit hatte man eigentlich bereits entschieden, die Zeitumstellung abzuschaffen. Doch die EU-Staaten haben sich noch nicht geeinigt, ob dauerhaft Sommer- oder Normalzeit sein soll. Je nach Land hat nämlich die eine oder die andere Zeit Vorteile. Bei einer dauerhaften Sommerzeit wäre es beispielsweise in Spanien bis um halb 10 Uhr morgens dunkel, in Polen wäre es aber schon ab 3 Uhr morgens hell.
Deshalb bleibt die Zeitumstellung bis heute bestehen und sorgt jedes halbe Jahr verlässlich für Diskussionen. Wenn wir im Frühjahr auf die Sommerzeit umstellen, dann springen wir im Prinzip eine Zeitzone weiter nach Osten und wenden deren geografische Zeit auf unser Alltagsleben an. Wir richten uns also für sieben Monate nach dem 30. Längengrad Ost, also die Zeitzone von Städten wie St. Petersburg oder Alexandria. Eigentlich nicht fair, vor allem weil die Sommerzeit nicht die natürliche Zeit in Mitteleuropa ist.
Die Zeitumstellung hat einen sichtbaren Einfluss auf unseren Körper
Das bedeutet, wir verlagern unsere Aktivitäten um eine Stunde nach vorne, entgegen der natürlichen Rahmenbedingungen des Ortes, an dem wir leben, betont Chronobiologe Till Rönneberg von der LMU München, denn: “Es gibt nicht Sommer- und Winterzeit, sondern es gibt nur eine Normalzeit, die sich danach richtet, wo wir auf dieser Erde leben. Ob wir in Kalifornien leben oder hier.”
Die wiederum würde davon bestimmt, wann die Sonne am jeweiligen Ort auf- und untergeht. Die gesamte Biologie richte sich nach der Sonne, nach dem Sonnenlicht, weil das die wichtigste Quelle von hellem Licht sei, so Rönneberg weiter.
Das Leben in der falschen Zeitzone über den Sommer stört den biologischen Rhythmus der Menschen, erklärt der Chronobiologe. Die Schlafforschung vergleicht die Uhrumstellung oft mit einem Jetlag: “Der soziale Jetlag, das ist, wenn die Innenzeit. Wenn die in biologische Innenzone, in der man lebt, eine andere Zeitzone ist als die äußere. Und jede Diskrepanz, dieser Unterschied zwischen der Innenzeit und der äußeren Zeit, ist gesundheitsschädlich. Wir erhöhen diesen Unterschied um eine Stunde, indem wir die Uhrenumstellung im März machen.”
Warum viele trotzdem an der Sommerzeit hängen
Der Wechsel auf die Sommerzeit zwingt uns, eine Stunde früher aufzustehen und zu Bett zu gehen, als es unserem inneren Rhythmus entsprechen würde. Trotzdem bevorzugen viele Menschen die Sommerzeit, vor allem weil es im Sommer dann abends länger hell ist.
Der Streit um die Uhrumstellung schwelt schon lange – bereits 2021 wollte die Europäische Kommission das leidige Hin und Her abschaffen – aber bisher konnten sich die EU-Mitgliedsstaaten nicht auf ein einheitliches Nachfolgemodell einigen, weshalb die Umstellung weiterhin besteht.
Der Lichtblick bei der aktuellen Uhrumstellung im Herbst ist nun, dass wir eine Stunde mehr zum Ausschlafen bekommen. Die gesundheitsschädigenden Effekte sind bei der Umstellung auf die Winterzeit beziehungsweise die eigentliche Normalzeit deutlich schwächer ausgeprägt, bestätigt Schlafforscher Albrecht Vorster. Die Zeitumstellung jetzt im Herbst sei für die meisten Menschen eigentlich etwas Positives. Wir würden ja eine Stunde geschenkt bekommen. Laut Vorster hängt damit zusammen, dass wir im Herbst in den Tagen nach der Uhrumstellung etwas weniger Krankenhauseinweisungen bekämen.
Was tun, um sich an die Zeiteinstellung anzupassen?
Es ist in jedem Fall hilfreich, in der ersten Woche nach der Uhrumstellung weniger streng mit sich selbst zu sein. Schlafforscher Vorster empfiehlt dazu, so häufig wie es geht, nach draußen zu gehen und Sonne zu tanken.
Denn im Herbst und Winter haben wir alle das Problem, “dass wir zu wenig Sonnenlicht bekommen, weil die Sonne später aufgeht und später früher untergeht und wir generell daher zu wenig Licht bekommen. Und ich empfehle allen Menschen, die Probleme im Herbst haben, viel Zeit draußen zu verbringen. Und dann können wir die Zeitumstellung viel besser wegstecken.”





















