Galoppsport zürnt über Steuerpläne in England: Droht dem Turf der „Todesstoß“? | ABC-Z

Fünf Rennen der höchsten Kategorie, rund fünf Millionen Euro Preisgeld: Der British Champions Day am Samstag auf der königlichen Pferderennbahn in Ascot bei London verspricht ein Festtag des Galoppsports zu werden – auf Augenhöhe mit dem Arc-Wochenende in Paris Anfang Oktober und dem Breeder’s Cup in den USA Ende des Monats.
Es ist der höchstdotierte Renntag auf der Insel, doch in Feierlaune ist die britische Turfszene nicht: Zu groß sind die Sorgen, dass der Haushaltsentwurf, den Schatzkanzlerin Rachel Reeves Ende November im Parlament vorstellen wird, dem britischen Rennsport erheblich schaden dürfte.
Kinder aus der Armut befreien
Vom „Todesstoß für die Rennen und die Wettbüros in den Einkaufsstraßen der Städte“, sprach bereits der Geschäftsführer der Buchmacherkette Jenningsbet, Greg Knight. Auf dem Labour-Parteitag vor drei Wochen hatte Reeves erklärt, die Wettbüros müssten ihren „fairen Steuer-Anteil“ bezahlen.
In welche Richtung es gehen dürfte, hatte der ehemalige Premierminister Gordon Brown, ebenfalls Labour, bereits in der Zeitung „Guardian“ angedeutet. Die Profite der Wettindustrie seien nicht hoch genug besteuert. Steuererhöhungen bei Glücksspielen und Buchmachern könnten drei Milliarden Pfund zusätzlich in die Staatskassen spülen, um eine halbe Million Kinder aus der Armut zu befreien, schrieb er.
Aktuell werden Pferdewetten mit 15 Prozent besteuert, Brown schlägt 21 Prozent und damit eine Angleichung an andere Glücksspielwetten vor. Demgegenüber betont die Vollblut-Industrie, dass tausende Jobs in Gefahr seien. Der britische Galopp-Verband BHA fürchtet, dass die Pläne von Brown über die nächsten fünf Jahre rund 400 Millionen Euro Wett-Umsatz kosten werden.

Führende Buchmacher wie Ladbrokes und Coral haben bereits angekündigt, ihre Investitionen im Königreich zu prüfen. Auch wenn verstärkt im Internet gewettet wird, spielen die Buchmacher-Läden noch immer eine große Rolle. Sie bringen dem Rennsport wichtige Einnahmen durch Übertragungsrechte und eine gewisse Präsenz in der Öffentlichkeit außerhalb der Medien.
Fachorgan mit schwarzem Titelblatt
Wie ernst der Rennsport die Steuerpläne nimmt, zeigte der 10. September. An diesem Tag fand landesweit kein einziges Rennen statt – das erste Mal seit dem Zweiten Weltkrieg. Das Fachorgan „Racing Post“ trug ein schwarzes Titelblatt, vor dem House of Parliament protestierten unter anderem die Spitzenjockeys Oisin Murphy, Tom Marquand und Hollie Doyle. Zumindest Teile der regierenden Labour-Partei sympathisieren mit ihnen.
„Wir sollten schädlichere Formen von Glückspielen wie Online-Casinos oder einarmige Banditen höher besteuern“, sagt der Labour-Abgeordnete Alex Ballinger. Sie seien viel gefährlicher und süchtig machender als Galopprennen. „Traditionelle, historische Wetten wie beim Pferderennen, die zum Leben der Gemeinden beitragen, sollten nicht zusätzlich besteuert werden.“
Am Samstag richtet sich der Fokus aber erst einmal wieder auf den Sport, denn die Besetzung der fünf Gruppe-I-Rennen ist erstklassig, insbesondere in der wichtigsten Prüfung des Tages, den Champion Stakes über 2.000 Meter. Beste Chancen auf die rund 900.000 Euro Siegprämie hat der fünfjährige Calandagan.
Sein Trainer Francis-Henry Graffard hat bereits Anfang des Monats in Paris mit Daryz das wichtigste Galopprennen Europas, den Prix de l’Arc de Triomphe gewonnen und mit Calandagan im Juli den „Sommer-Arc“ in Ascot. Auch in Deutschland war er zuletzt höchst erfolgreich – mit Siegen in den Großen Preisen von Europa und Baden. Für den 48-jährigen Franzosen wäre ein weiterer Sieg in Ascot ein außergewöhnlicher Meilenstein seiner Karriere.





















