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Protest gegen Atommüll-Transport aus Garching – Landkreis München | ABC-Z

„Kümmert euch um euren Müll!“ Mit Forderungen wie diesen, Transparenten, symbolischen gelben Fässern, Reden und Glockengeläut haben am Donnerstagvormittag vor dem Reaktorgelände des Forschungsreaktors in Garching bei München mehrere Organisationen ihren Unmut gegen anstehende Transporte von Atommüll aus Garching nach Nordrhein-Westfalen deutlich gemacht.

Ein Bündnis rund um den Verein Umweltinstitut München und die bundesweit engagierte Anti-Atom-Organisation „Ausgestrahlt“ hatte zu der Demonstration vor dem Reaktorgelände aufgerufen. Neben den beiden Veranstaltern schlossen sich der Bund Naturschutz Bayern, Greenpeace sowie die Bayern-Allianz für Atomausstieg und Klimaschutz an, außerdem waren Vertreter von Protestbündnissen aus Nordrhein-Westfalen angereist. Bei Nieselregen konnten die insgesamt etwa 20 Demonstranten vor Ort allerdings nur einige wenige neugierige Passanten zum Stehenbleiben motivieren.

Die Demonstration richtete sich gegen die geplanten Transporte abgebrannter Brennstäbe aus dem Forschungsreaktor in das vorgesehene Zwischenlager in Ahaus im Münsterland. Am 25. August hatte das in Deutschland zuständige Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) nach mehreren Jahren der Prüfung die Genehmigung dafür erteilt, dass insgesamt zehn verbrauchte, uranhaltige Brennelemente aus dem Abklingbecken des Garchinger Forschungsreaktors per Castortransport nach Ahaus verbracht werden dürfen. Zwei extra für die Lagerung des Garchinger Atommülls konzipierte Spezialbehälter mit je fünf Brennelementen werden mit gesicherten Transportern auf dem Straßenweg nach Norden geschickt. Wann genau die zwei Transporte aus Garching losfahren, steht noch nicht fest.

Umweltverbände und Bündnisse in den betroffenen Regionen kritisieren die geplanten Transporte grundsätzlich. Sowohl der Bund Naturschutz wie auch die Stadt Ahaus haben Widerspruch gegen die Ende August vom Bundesamt erteilte Genehmigung eingelegt. Die Demonstranten in Garching argumentieren vor allem damit, dass die abgebrannten Brennelemente aus dem Garchinger Forschungsreaktor FRM II – dem einzig verbliebenen Forschungsatomreaktor in Deutschland – hoch angereichertes Uran enthalten; dieser Stoff könne potenziell für den Bau von Atomwaffen missbraucht werden; der Transport berge hohe Risiken; zudem sei das Zwischenlager in Ahaus, erbaut 1984 bis 1990, für diese Art von Material nicht geeignet.

Forderung nach Zwischenlager beim Forschungsreaktor: Demonstranten in Garching. (Foto: Johannes Simon)

Tatsächlich steht der FRM II in der Kritik, weil dort ein Kernbrennstoff zum Einsatz kommt, der bis zu 93 Prozent aus dem spaltbaren Uran 235 besteht. Eigentlich sollte der Forschungsreaktor bereits vor Jahren auf einen weniger hoch angereicherten Brennstoff umgerüstet werden, die Forschung an einem geeigneten neuen niedrig angereicherten Brennstoff läuft derzeit noch.

Die Betreiberin des FRM II, die TU München, verweist darauf, dass es komplexer physikalisch-chemischer Trennverfahren bedürfe, um aus den in Garching verwendeten Brennelementen das Uran zu extrahieren. Das Zwischenlager in Ahaus sei seit 2000 als Lagerungsort für den Garchinger Atommüll politisch beschlossen und vom Bundesamt als geeignet beschieden worden. Zudem lagerten dort bereits seit Jahren Brennelemente aus anderen Reaktoren, die hochangereichertes Uran enthalten, ohne dass es Zwischenfälle gegeben habe.

Der Protest gegen die Castor-Transporte nach Nordrhein-Westfalen wachse stetig, heißt es

Die Demonstranten stellen sich gleichwohl gegen solche Atomtransporte quer durch Deutschland. „Das ist eine völlig sinnlose Aktion“, kritisierte Matthias Eickhoff vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen. Der Protest gegen die Castor-Transporte nach Nordrhein-Westfalen wachse stetig, selbst die Gewerkschaft der Polizei habe sich gegen Transporte ausgesprochen. Eickhoff verwies zudem darauf, dass die bisherige Genehmigung für das Zwischenlager in Ahaus 2036 ausläuft. Bayern und die TU München sollten selbst die Verantwortung für den vor Ort produzierten Atommüll übernehmen.

Der Garchinger Atommüll müsse direkt vor Ort zwischengelagert und abgereichert, also verdünnt werden, fordert auch Hauke Doerk, Referent für Atompolitik am Umweltinstitut München. Denn die Voraussetzungen für die deutschlandweite Lagerung hätten sich seit den politischen Beschlüssen in den 1990er-Jahren grundlegend verschoben: „In der Betriebsgenehmigung für den FRM II von 2003 war noch die Rede von einem Atommüll-Endlager in den 2030er-Jahren und einer Umrüstung nach sechs Betriebsjahren. Nur unter dieser Bedingung wurde die Lagerung in Ahaus akzeptiert“, sagt Doerk. Heute sei klar, dass ein Endlager in Deutschland erst wesentlich später beschlossen werde. So lange dürfe das Garchinger Uran nicht unbehandelt „herumliegen“, fordert Doerk. Auch Abgeordnete der Grünen im bayerischen Landtag haben die geplanten Transporte kritisiert, die zwangsweise durch das dicht besiedelte Gebiet rund um den Ballungsraum München verlaufen werden, um über rund 700 Kilometer bis ins westliche Münsterland zu gelangen.

Als Symbol für ihre Forderung legten die Demonstranten am Donnerstag einen Grundstein für ein „Zwischenlager Garching“. „Uns ist bewusst, dass das eine provokante Forderung ist“, sagte der Physiker Doerk. „Doch unser Ziel ist es, dass ein sicherer und geeigneter Ort gefunden wird, statt den Atommüll, der hier in Garching produziert wird, abzuschieben.“ Beim FRM II stößt dieser Vorschlag wenig überraschend nicht auf Zustimmung. Ein Zwischenlager Garching sei politisch nicht vorgesehen, sagt Sprecherin Andrea Voith. Der FRM II sei vorbereitet für einen Abtransport der Brennelemente.

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