Navigator-App soll verkauft werden – Was jetzt auf Kunden zukommt | ABC-Z

Jeder zweite Deutsche über 18 Jahre hat sie auf dem Smartphone: Die App der Deutschen Bahn, der Navigator. Mehr 21 Millionen Nutzer haben darauf ein Kundenkonto angelegt. Damit zählt die Anwendung wohl zu den erfolgreichsten Programmen überhaupt. Unter den Mobilitäts-Apps ist sie die am häufigsten genutzte Anwendung. Täglich wird sie rund 7,5 Millionen Mal aufgerufen.
In die Entwicklung der App hat die Fernverkehrssparte der Deutschen Bahn viele Millionen Euro investiert. Doch nun soll sie den Navigator an die gemeinwohlorientierte InfraGO abgeben. Diese Konzernsparte ist für das Netz und die Bahnhöfe zuständig. Dieses Vorhaben ist bei der Vorstellung der „Agenda für zufriedene Kunden“, wie Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) seine Bahnpläne genannt hat, kaum aufgefallen. „Bereits kurzfristig erwartet das Bundesverkehrsministerium (BMV), dass der DB-Navigator sowie die damit verbundene Internetpräsenz zur Stärkung von Gemeinwohl und Wettbewerbsneutralität in die Verantwortung der DB InfraGO übertragen werden“, heißt es in der Agenda.
DB Navigator: Für die Übernahme müsste die InfraGo einen hohen Preis zahlen
Die Weisung hat bei der Bahn für Überraschung und bei einigen Managern für große Fragezeichen gesorgt. Öffentlich will jedoch niemand das Vorhaben kritisieren. „Hiermit werden sich die zuständigen Gremien befassen“, sagte eine Sprecherin des Konzerns auf Anfrage lediglich. Rätselhaft erscheinen die Gründe für die Verlagerung der App. Das BMV lässt Fragen nach den dahinter stehenden Vorstellungen unbeantwortet und verweist an die Bahn.
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Ärger liegt aber in der Luft. Denn der Navigator ist der wichtigste Vertriebskanal für die Bahn. Inzwischen werden 90 Prozent der Tickets digital verkauft. Auch die Bahncard muss niemand mehr physisch mitführen. Sie kann in der App hinterlegt werden. Für die Fahrgäste hat der Navigator weitere praktische Funktionen. Der Fahrplan oder Fahrplanänderungen können abgerufen, die prognostizierte Auslastung von Zügen geprüft oder die Weiterfahrt am Zielbahnhof geplant werden. Die App ist damit ein wertvolles Instrument des Fernverkehrs. Für die Übernahme müsste InfraGO an die Schwestersparte wohl einen hohen Preis bezahlen. Auch zu dieser Frage will sich das Ministerium nicht äußern.
Wird die DB App zur zentralen Mobilitäts-App umgebaut?
Fraglich ist, wie eine Vertriebs-App gemeinwohlorientiert sein kann. Der Bahn wurde in der Vergangenheit die Diskriminierung anderer Bahnunternehmen vorgeworfen, weil sie deren Tickets nicht im Navigator anbieten wollte. Mit Konkurrenten wie Flixtrain oder der Nachtzug-Betreiber Sleep Train will der Branchenprimus beim Verkauf nicht kooperieren. Womöglich wird sich das nun ändern und der Navigator wird zur zentralen Mobilitäts-App ausgebaut. Technisch ist das kein Problem, wie die bereits bestehenden Vertriebskooperationen, etwa mit 50 Nahverkehrsverbünden zeigt. Auch Tickets ausländischer Bahn finden sich zunehmend im Angebot.
Zwar will die Bahn schon länger auch Angebote für die letzte Meile ab dem Zielbahnhof in ihr Programm integrieren. Derzeit läuft im Saarland ein Modellprojekt. Über den Navigator können dort jetzt Leihräder und E-Scooter von anderen Unternehmen für die Fahrt zum letzten Ziel der Reise reserviert werden. Dabei gab es in den vergangenen Jahren immer wieder die Forderung nach einer zentralen Buchungsplattform, die beispielsweise die Nahverkehrsverbünde oder Carsharing-Anbieter mit einbezieht. Von diesem Anspruch ist die Bahn noch weit entfernt.















