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Ukraine darf niederländische Waffen gegen Ziele in Russland einsetzen | ABC-Z

Ja. Die Ukraine darf unsere Waffen auf russischem Territorium einsetzen, um sich gemäß dem Völkerrecht zu verteidigen. Kiew hat ein Recht auf Selbstverteidigung. Und wenn das Land von Grenzgebieten oder von russischen Flugplätzen aus angegriffen wird, dann kann es militärische Ziele ins Visier nehmen. Das Gleiche gilt für feindliche Raketen – auch diese dürfen mit unseren Waffen über Russland abgefangen werden.

Haben Sie Kiew hierfür Reichweitenbeschränkungen auferlegt, etwa für Moskau?

Das Völkerrecht ist nicht durch eine Entfernung eingeschränkt. Das Recht auf Selbstverteidigung hört nicht 100 Kilometer von der Grenze aus auf. Wir haben der Ukraine keine Einsatzbeschränkungen bezüglich der Distanz auferlegt.

Gilt das auch für die zugesagten niederländischen F-16-Kampfflugzeuge?

Ja. Die Ukrainer waren zuverlässig, wenn es darum geht, wie sie unsere Waffen einsetzen. Auch in der Vergangenheit, nicht nur mit F-16, sondern ebenso mit anderen Waffen. Deshalb vertrauen wir darauf, dass sie die Kampfflugzeuge gemäß dem Völkerrecht verwenden. Und bis jetzt haben sie das getan.

Das heißt, die Ukraine setzt bereits F-16 gegen Ziele auf russischem Boden ein?

Wir teilen keine operativen Details. Die Niederlande geben keine Informationen darüber, wie und wie viele F-16 eingesetzt werden, welches Land sie geliefert hat und wo sie stationiert sind. Wir wollen Russland nicht klüger machen, als es bereits ist. Die Kampfflugzeuge sind ein wichtiges Ziel für Moskau. Wir werden die Ukraine hier weiter kontinuierlich unterstützen: Die nächsten Luft-Luft-Raketen sowie Ersatzteile für die F-16 sind bald unterwegs.

Kürzlich ist die erste ukrainische F-16 abgestürzt, ein empfindlicher Verlust. Die genauen Hintergründe sind weiterhin unklar. Was ist über den Vorfall bekannt?

Es liegt an der Ukraine, mehr Details mitzuteilen. Wir alle wollen mehr über den Vorfall wissen, um daraus lernen zu können. Die Niederlande versuchen, die ukrainischen Piloten so gut wie möglich für jede erdenkliche Situation auszubilden. Das sind also sehr wichtige, aber auch sehr heikle Informationen. Auch Russland ist natürlich sehr erpicht darauf, mehr darüber zu erfahren.

Wie reagierten Partner wie Amerika oder Deutschland, die die Beschränkungen für ihre Waffen noch nicht aufgehoben haben, auf die niederländische Freigabe?

Natürlich erläutern wir unsere Position und ermutigen auch andere, ihre Einsatzbeschränkungen aufzuheben. Russlands Angriffe werden immer heftiger. Gerade die Gleitbomben, die von Kampfflugzeugen abgefeuert werden, haben eine verheerende Wirkung. Nur mit Angriffen gegen militärische Ziele auf russischem Gebiet kann die Ukraine diese abwehren. Ich habe in Gesprächen mit Regierungsvertretern die Idee ins Spiel gebracht, dass – wenn sie die Beschränkungen nicht vollkommen aufheben wollen – sie zumindest Ausnahmen für russische Militärflugplätze oder Kampfflugzeuge machen. Entweder wir akzeptieren, dass Moskau seine Gleitbombenangriffe ungestört fliegen kann –, oder wir erlauben es Kiew, sich zu verteidigen. Ich nehme wahr, dass andere Staaten unsere Argumente verstehen. Deshalb werden viele die gleiche Position einnehmen. Andererseits gibt es aber auch Bedenken und Risiken. Einige Partner kommen zu einem anderen Ergebnis. Es liegt an ihnen, ihre Meinung zu verändern.

Zuletzt kamen Zweifel an der künftigen militärischen Unterstützung Deutschlands auf. Grund sind Kürzungen im Haushalt für das kommende Jahr bei den Ukrainehilfen, die Berlin durch einen 50-Milliarden-Dollar-Kredit kompensieren will. Fürchten Sie um Deutschlands europäische Führungsrolle?

Wir wissen, dass es in Deutschland Diskussionen um den Haushalt gibt. Die gibt es zurzeit auch bei uns in der neuen niederländischen Regierungskoalition. Es ist nicht einfach, alle Prioritäten in Einklang zu bringen. Aber letztlich hat unsere Regierung beschlossen, dass wir die Ukraine weiter unterstützen und Milliarden in unsere Verteidigung investieren. Ich bin zuversichtlich, dass auch Berlin weiterhin eine führende Rolle einnehmen wird, die Ukraine unterstützt und in seine Verteidigung investiert. Europa hat gar keine andere Wahl: Wenn Russland die Oberhand gewinnt, bedeutet das eine noch größere Bedrohung für Europa und die NATO. Dann werden wir noch mehr investieren müssen – und unser Haushalt wird noch stärker unter Druck geraten. Es ist also nicht nur eine Investition in die Ukraine, sondern in unsere aller Sicherheit. Wenn Deutschland sich nicht bewegt, dann bewegt sich Europa auch nicht.

Kiew bittet eindringlich um mehr Flugabwehrsysteme. Gerade die Suche nach den wichtigen Patriots geht nur schleppend voran. Die Niederlande kündigten Ende Mai an, gemeinsam mit anderen Partnern Teilkomponenten sammeln zu wollen, aus denen dann eine ganze Patriot-Feuereinheit gebaut werden soll. Wie weit ist dieses Projekt fortgeschritten?

Kürzlich haben wir der Ukraine ein Radar für ein Patriot-System geliefert. Darüber hinaus werden wir sehr bald drei Startgeräte übergeben. Diese Komponenten kann Kiew sofort nutzen, weil sie in die verfügbaren Patriot-Systeme integriert werden. Allerdings wollten wir auch andere Länder finden, die einzelne Elemente für ein vollständiges System bereitstellen. Daran arbeiten wir noch. Wir reden darüber mit verschiedenen Partnern. Es gibt einige Möglichkeiten, aber auch Schwierigkeiten. Denn leider mangelt es nicht nur in der Ukraine an Patriot-Systemen, sondern weltweit.

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