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Wie schmeckt Canonita Spritz? | FAZ | ABC-Z

In einer Zeit, in der wir alle längst den Aperol des Sommers überhatten, lud mich eine Freundin zu ihrem Geburtstag ein. „Hier, bitte“, sagte sie und streckte mir direkt bei Ankunft so ein pinkoranges Getränk hin. „Wirst du sicher mögen.“

Ich wollte an dem Abend eigentlich nichts trinken, aus keinem bestimmten Grund, aber da es ihr Geburtstag war und dieser Drink irgendwie besonders aussah, wollte ich probieren. Ich lächelte also, nippte daran, und dann war es eigentlich auch schon passiert.

„Was ist das?“, fragte ich und schmeckte noch etwas ab. „Canonita Spritz“, sagte sie. Und sie lächelte auf eine Weise, dass das Ganze etwas von einer Werbung bekam: Zwei fallen gleich überschwänglich lachend in den Pool, zwei andere stoßen an, und einer kippt noch mit dem Sonnenstuhl um.

Deutlich leichter als Aperol Spritz

Bis dato hatte ich von diesem Getränk nie gehört. Es besteht aus Mineralwasser, Prosecco (oder in diesem Fall: Sekt), Canonita-Orangen-Likör und Eis. Garniert wird es mit einer Scheibe Orange. Es ist so was, sagt das Internet, wie die mallorquinische Variante von Aperol Spritz. Es schmeckt aber deutlich leichter, deutlich weniger klebrig und erfrischend und bizzelig.

Zunächst nimmt man dafür einfach ein Glas, erklärte mir die Gastgeberin. Ein bauchiges oder sonst irgendeines, zumindest ein Glas. Dann Canonita de Mallorca – den gibt es in jeder gut sortierten Alkoholhandlung. Ein Drittel Canonita (wobei es sich bei der Gastgeberin an jenem Abend einschlich, eher mit dem Orangenlikör zu übertreiben. Aber sie hatte auch Geburtstag). Zwei Drittel Prosecco und dazu einen guten Schuss kaltes Mineralwasser. Ein paar Eiswürfel, eine Orangenscheibe. Der Canonita hat einen fruchtigen, süßen und leicht herben Geschmack nach Orangen, mit einem Hauch von Kräutern.

Die Gläser sind nicht gerade klein

Das soll so auch das Originalrezept sein, ergeben Suchen im Internet. Nur das fertige Produkt „ist mit 18 Volumenprozent angenehm mild im Alkohol“. Na ja. Mild. Die Gläser sind auch nicht gerade klein. Aber die nächste Anfrage danach bei Google ist: „Wie viel kostet 1 Liter Bier im Bierkönig?“ Jedenfalls!

Canonita selbst soll pur auf Eis, als klassischer Spritz oder mit Tonic ein perfekter Sundowner oder Begleiter langer Nächte sein. Und ich denke, das trifft zu.

Ich war wie hingerissen

„Das ist mega“, sagte ich, und meine Gastgeberin nickte. Ich hatte kurz die Augen zu und war wie hingerissen. „Das ist ja echt viel besser als Aperol!“

„Siehst du“, sagte sie.

Die Orangen, die in diesem Getränk eine so zentrale Rolle spielten, stammen aus dem Tal rund um die quirlige Kleinstadt Sóller, malerisch unter Mallorcas größter Erhebung, dem Puig Major, gelegen. Das Tal trägt den Namen Vall dels Tarongers – Tal der Orangen. Ein Gebiet zwischen Meer und Gebirge, das seit rund tausend Jahren für den Anbau von Zitrusfrüchten bekannt ist und wo diese Bäume einfach in der Landschaft stehen, in flirrender Hitze.

Hier wächst die „Saftbombe“

Die unzähligen Orangen- und Zitronenbäume in den Gärten rund um die Stadt prägen das Landschaftsbild. Hier wächst, neben den weltweit bekannten Sorten Navel und Valencia, die „Saftbombe“: Canoneta. Sie kann, weiß das Internet, durch den Schutz der Berge bis in den Sommer hinein am Baum hängen, neben Olivenbäumen, Feigen, Kaktusfeigen, Kiwis, Wasser- und Honigmelonen und Granatäpfeln.

Als ich mich auf dem Geburtstag schließlich verabschieden muss, verneigt sich die Sonne, um langsam und wie eine gigantische Orange zwischen den Häusern unterzugehen. Der Abend ist warm, ich wäre jetzt gerne auf Mallorca. In einer Finca mit kühlen, alten Steinmauern. Rustikale Möbel. Der Boden aus Terrakottafliesen. In der Ferne ertönt das leise Klingeln von Ziegen, die auf den Hügeln grasen. Ich bin zu träge, um aufzustehen, aber zu neugierig, um liegen zu bleiben.

Die Luft ist warm, das Mittelmeer ist azurblau. Das Rauschen der Bäume, die sich knorrig auf Felsen festhalten.

Dann klingelt mich ein Fahrradfahrer an und reißt mich raus.  Die Innenstadt schaut mich träge mit ihrem Leerstand an. „Wo bist du denn in Gedanken, Mensch“, flucht er hektisch beim Abbiegen. Und ich lächle, sage aber nichts.

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