Weiter Richtung EU – oder Kurs auf Russland? | ABC-Z

Schicksalswahl in Moldau: Geht das Land weiter in Richtung EU oder zurück in den russischen Einflussbereich? Schon bei der Präsidentschaftswahl im letzten Jahr konnte sich die prowestliche Amtsinhaberin Maia Sandu in der Stichwahl nur knapp gegen ihren prorussischen Herausforderer Alexandru Stoianoglo durchsetzen. Jetzt droht sie die Mehrheit im Parlament zu verlieren.
Rund 3,3 Millionen wahlberechtigte moldauische Bürgerinnen und Bürger aus dem In- und Ausland waren am Sonntag aufgefordert, ein neues Parlament zu wählen. Insgesamt traten Dutzende politische Parteien und Wahlbündnisse an. Allen voran die proeuropäische Regierungspartei Aktion und Solidarität (PAS) um Staatspräsidentin Sandu sowie das Wahlbündnis der prorussischen Sozialisten (PSRM) und der Kommunisten (PCM). Ergebnisse gibt erst im Laufe des Montags, Meinungsforschungsinstitute sagen ein Kopf-an-Kopf-Rennen voraus.
Wahl in Moldau: So denken die Bürger über Präsidentin Maia Sandu
Denn Moldau ist gespalten: „Ich wähle pro-EU“, sagt die 23-jährige Studentin Cătălina unserer Redaktion. „Ich will eine gute Zukunft haben, eine Familie und eine Karriere in meinem Land.“ Die 40-jährige Managerin Victoria ergänzt: „Maia Sandu ist die beste Präsidentin, die wir bislang hatten. Dank ihr haben wir fruchtbare internationale Beziehungen und Partnerschaften.“ Der 65-jährige Rentner Valeriu erinnert an die Geschichte des Landes: „Wir können nicht vergessen, dass die Häuser unserer Großeltern von den Sowjets enteignet wurden. Intellektuelle mit abweichenden Meinungen wurden bestraft, wurden nach Sibirien in die Straflager geschickt. Das vergessen wir nie!“
„Ich wähle prorussisch“, sagt hingegen die 52-jährige Natalia. Sie verkauft Obst auf dem Markt. „Mit den Russen haben wir eine lange Geschichte, ein starkes Land, mit dem wir weiterhin gute Beziehungen haben sollten.“ Und Sandu? „Ich mag sie nicht. Wir brauchen jemanden, der stark ist, keine kleine Frau. Haben Sie die Gaspreise gesehen? Die Russen kauften unsere Äpfel, die EU will unsere Produkte nicht.“
Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion
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Wie Natalia denken viele im Land. „Der russische Markt war schon immer der wichtigste Markt für moldauische Apfelexporte“, sagt der Wirtschaftsjournalist Dmitri Kalak. Mit der Hinwendung zur EU hat Russland Importe aus Moldau deutlich erschwert. Und der Gaspreis? Sandu versucht, bei der Energieversorgung unabhängiger von Russland zu werden, weshalb die Preise in die Höhe schnellten und viele unter den Belastungen leiden.
Maia Sandu warnt vor „hybriden Krieg“ Russlands
„Moldau, unser liebes Zuhause, ist in Gefahr und braucht die Hilfe von jedem von euch“, sagte die Präsidentin gestern in der Hauptstadt Chișinău. „Ihr könnt es heute retten mit eurer Stimme“. Sowohl die Regierung als auch die prorussische Opposition warfen sich bereits vor der Wahl Manipulationen vor. Sandu sprach von einem „hybriden Krieg ohnegleichen“. Beweise gibt es keine. Dennoch: eine prorussische Partei wurde kurz vor dem Wahltag wegen unklarer Finanzierung ausgeschlossen. Und am Wahltag meldete das moldauische Außenministerium Bombendrohungen gegen Wahllokale in der EU.
Sicher aber ist: In den Sozialen Medien waren die Wählerinnen und Wähler einer beispiellosen Meinungsmache ausgesetzt. Sicher ist auch: Moldau erschwerte seinen rund 250.000 Staatsbürgern, die im Riesenreich Russland leben und vermutlich prorussisch wählen würden, den Zugang zur Wahlurne. Lediglich zwei Wahllokale in Moldaus Botschaft in Moskau waren geöffnet. In Deutschland gab es 36 Wahllokale.















