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Fußball-Bundesliga: Andrés, Ansah, Asllani und El Mala sorgen für Aufsehen | ABC-Z

Chema Andrés, VfB Stuttgart: Der Junge mit Format

Noch hat VfB-Kapitän Atakan Karazor dem jungen Chema Andrés zumindest eines ganz sicher voraus: Mit 1,91 Metern Körpergröße ist der eta­blierte Bundesliga-„Sechser“ einen Zentimeter größer als der 20 Jahre alte Neuzugang von Real Madrid. Dass das spanische Talent diesen Vorsprung noch aufholt, dürfte eher unwahrscheinlich sein; dass Andrés aber an anderer Stelle dem achteinhalb Jahre älteren Karazor den Rang abläuft, deutet sich hingegen an. Und das will etwas heißen: Karazor ist eine Stütze der Stuttgarter Mannschaft und gilt als wichtigstes Sprachrohr von Trainer Sebastian Hoeneß.

Andrés aber, der für etwa drei Millionen Euro zum VfB kam, verfügt über beeindruckendes Potential und – glaubt man Hoeneß und Sportvorstand Fabian Wohlgemuth – eine außergewöhnliche Reife. Gleich in seinem ersten Bundesligaeinsatz köpfte er das Siegtor (Hoeneß: „überragend“; Andrés: „fantastisch“). Am vergangenen Spieltag stand er erstmals in der Startaufstellung. Für wen? Kapitän Karazor.

Neben Angelo Stiller ordnete Andrés das zuvor eher wackelige VfB-Spiel, sortierte, verteilte, stabilisierte. Den Führungstreffer gegen St. Pauli bereitete er mit einem klugen Steilpass vor, darüber hinaus forderte er Anspiele, führte und gewann Zweikämpfe, nutzte seine Körpergröße in Kopfballduellen. Andrés spielte im Stuttgarter Zentrum, als würde er das schon viele Jahre tun, ganz „wie ein alter Hase“, wie das Hoeneß nannte: „Er macht einen sehr guten Eindruck. Wenn er die Zeit bekommt, wird er seinen Weg gehen.“ Auch Wohlgemuth lobte: „Für einen 20-Jährigen, der aus dem Ausland gekommen ist, war das außergewöhnlich gut.“

Die Folge? Auch beim Europa-League-Auftakt gegen Celta Vigo am Donnerstag (2:1) gab Hoeneß dem spanischen Juniorennationalspieler den Vorzug. Andrés belohnte das Vertrauen ein weiteres Mal. „Er ist in einer guten körperlichen Verfassung“, sagte der Trainer. Und auf die Frage, weshalb er seinen Kapitän wieder zunächst auf die Bank gesetzt hatte, antwortete er: „Weil wir einen anderen haben, der gerade die Nase ein wenig vorne hat.“

Said El Mala, 1. FC Köln: Einer wie Poldi

Eigentlich war die Karriere von Said El Mala vor vier Jahren schon so gut wie zu Ende. Damals wurde der Flügelspieler, der gerade zu den Haupthelden in den Phantasien der Anhänger des 1. FC Köln zählt, aus dem Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) von Borussia Mönchengladbach aussortiert. Sein eineinhalb Jahre älterer Bruder Malek musste den tief enttäuschten Said überreden, doch wenigstens beim TSV Meerbusch weiter zu kicken, zusammen mit ein paar Kumpels. Womöglich war das die entscheidende Weichenstellung auf dem Weg des heute 19 Jahre alten Flügelspielers in den Status des aufregendsten FC-Talentes seit Lukas Podolski.

Lässt Kölner Herzen höher schlagen: Said El Malapicture alliance / U. Hufnagel

„Als wir nicht mehr im NLZ gespielt haben, waren wir häufiger nach der Schule noch zusätzlich zum Vereinstraining auf dem Bolzplatz“, hat Said El Mala vor einiger Zeit einmal erzählt. Er hat gewissermaßen das Original jener Trainingsmethodik zur Anwendung gebracht, die der DFB und die NLZs neuerdings imitieren. Weil Typen wie El Mala so selten geworden sind.

Über Viktoria Köln landete der Teenager im Sommer beim FC, wo er das Publikum bislang in allen Pflichtspielen mit Unbekümmertheit, Wucht, Tempo und Ideenreichtum staunen ließ. Als „Waffe“ bezeichnet Trainer Lukas Kwasniok seinen Spieler, „Köln hat wieder einen Poldi!“, jubelt die „Bild“. Die Ähnlichkeiten sind tatsächlich faszinierend.

Genau wie der frühe Podolski verändert El Mala das Spiel, sobald er den Rasen betritt. Die Kollegen suchen ihren jungen Mitspieler, der bei jedem Ballkontakt dieses Gefühl erzeugt, dass jetzt gleich etwas ganz Besonderes entstehen könnte. Verstärkt wird das, weil El Mala nach seinen Einwechslungen meist riskant agieren darf und auf müde Verteidiger trifft. „Said ist in diesen Situationen nicht zu verteidigen“, sagt Kwasniok.

Spätestens seit der im Mai entlassene Sportchef Christian Keller prophezeit hat, dass El Mala irgendwann teurer weiterverkauft werden wird als jeder andere Kölner Spieler der bisherigen Geschichte, hantieren Funktionäre wie das Vorstandsmitglied Carsten Wettich mit dreistelligen Millionenbeträgen, wenn es um das Talent geht. Nicht ganz ernst, aber auch nicht ohne die Hoffnung auf einen neuen Star. Vielleicht darf dieser Held aus den kölnischen Traumwelten am Sonntag gegen Stuttgart (17.30 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur Bundesliga und bei DAZN) sogar erstmals ein Bundesligaspiel von Beginn an bestreiten.

llyas Ansah, Union Berlin: Ein Segen für die Köpenicker

Die Antwort galt eher als taktisches Geplänkel, typisches Trainergeschwätz. „Vielleicht lasse ich auch alle drei spielen“, sagte Union Berlins Trainer Steffen Baumgart vor dem ersten Pflichtspiel im Pokal in Gütersloh über seine Angreifer llyas Ansah, Oliver Burke und Andrej Ilic. Schon klar, Union und drei Stürmer. Nie im Leben! Baumgart stellte die drei dann aber tatsächlich auf und beließ es anschließend auch dabei. Aktuell sind sie das aufregendste Trio der Bundesliga. Vergangenes Wochenende nahmen sie Eintracht Frankfurt beim 4:3 allein auseinander.

Von den Dreien ist Ansah derzeit der Gefährlichste. Und der Effektivste. In den ersten vier Bundesligaspielen seines Lebens gab er bisher fünf Torschüsse ab. Vier davon erreichten ihr Ziel. Was für eine Quote!

Alles im Blick: Ilyas Ansah
Alles im Blick: Ilyas Ansahpicture alliance/dpa

Im Köpenicker Wald, im Südosten Berlins, haben sie sich frei nach Thomas Tuchel schockverliebt in diesen 20 Jahre alten Schlanks. 1,94 Meter groß, laut offiziellen Angaben 84 Kilogramm schwer. Am ersten Spieltag, bei seinem Debüt, schoss er beide Tore zum 2:1 gegen den VfB Stuttgart. „Das sind Momente, von denen man träumt, und die gehen jetzt in Erfüllung. Das ist natürlich eine Situation, wo man sich erst mal sammeln muss“, sagte Ansah nach dem Spiel.

Absehbar war das nicht, trotz allem Talent. In Paderborn hatte der Sohn ghanaischer Eltern in zwei Spielzeiten sieben Tore erzielt. Keine berauschende Quote, aber Unions Späher bewerteten nicht, was war, sondern was werden könnte. Da sahen sie bei Ansah viel Potential. Zumal er in der deutschen U-20-Nationalmannschaft, in Duellen mit Gleichaltrigen, häufiger traf. Fast ein Tor in jedem zweiten Spiel, das konnte sich sehen lassen.

In Berlin kämpfte der in Lüdenscheid geborene junge Mann mit Anpassungsschwierigkeiten. Die Vorbereitung ließ nicht auf eine Entwicklung schließen, wie sie sich gerade vollzieht. Ansah ist der Zielspieler einer Berliner Offensive, die so viel aufregender, so viel gefährlicher ist als ihre Vorgänger. Sein Nachname bedeutet in einer ghanaischen Sprache „der Gesegnete“ oder „der Segenbringer“. Das passt. Für den 1. FC Union Berlin ist Ilyas Ansah bisher ein Segen.

Fisnik Asllani, TSG Hoffenheim: Das Warten hat sich gelohnt

Beim 1. FC Union Berlin mochten sie ihm 2020 keinen Bundesliga-Vertrag geben. Damals war Urs Fischer der Trainer einer robusten Mannschaft, die eher durch kompakte Defensivspieler denn durch leichtfüßige Angreifer von sich reden machte. Also zog Fisnik Asllani nolens, volens in den Kraichgau um, wo er zunächst in der Akademie der TSG Hoffenheim weiter reifte, aber bei seinen zehn Einsätzen in der Bundesliga-Mannschaft noch keinen nachhaltigen Eindruck hinterließ.

Mit Mobilität, Eleganz und Spielfreude: Fisnik Asllani
Mit Mobilität, Eleganz und Spielfreude: Fisnik Asllanipicture alliance / BEAUTIFUL SPORTS

Deshalb liehen die Nordbadener den 1,91 Meter langen, elegant anmutenden Mittelstürmer 2023 für ein Jahr an Austria Wien und 2024 für ein Jahr an den aufstrebenden Zweitligaklub SV Elversberg aus. In der saarländischen Idylle blühte Asllani unter dem Trainer und Spielerentwickler Horst Steffen derartig auf, dass der 23 Jahre alte Deutsch-Kosovare am Bei­naheaufstieg der Sportvereinigung in die Bundesliga mit 18 Toren und neun Torvorlagen einen großen Anteil hatte.

Zeit also für die TSG Hoffenheim, den vielversprechenden Angreifer zurückzuholen, mit einem Vertrag bis Sommer 2029 auszustatten und eine führende Rolle im Sturmzentrum anzuvertrauen. Mit der ihm eigenen Mobilität, Eleganz und Spielfreude füllt sie Asllani unter seinem Trainer und Förderer Christian Ilzer seitdem wie selbstverständlich aus. Nicht nur seine ersten drei Bundesligatreffer und ein Assist bezeugen, dass der leichtfüßige Schlaks seine Präsenz und Torgefährlichkeit wie selbstverständlich ausspielt. Sein Gespür, zum richtigen Moment am richtigen Ort zu sein, hat die Qualität der Hoffenheimer Attacken in den Abschlussmomenten erheblich verbessert.

Umso mehr dürfte sich Asllani geärgert haben, dass er am Samstag bei der 1:4-Heimniederlage die große Chance zum 1:0 gegen den FC Bayern München ausgelassen hat, als ihm die Torwart-Ikone Manuel Neuer in einem Blackout-Moment den Ball vor die Füße spielte und der Hoffenheimer mit der Rückennummer 11 aus freier Schussbahn nur den Pfosten traf.

So etwas ist aber schon anderen Größen im Stürmermetier widerfahren. Auch deshalb sagt er über sich und seine Perspektive Sätze wie: „Viele Leute haben nicht damit gerechnet, dass ich überhaupt zurückkomme – und dann so zurückkomme.“ Das geduldige Warten auf eine Hauptrolle in der Bundesliga hat sich für Fisnik Asllani gelohnt. Auch deshalb besitzt die TSG Hoffenheim nach Jahren im Mittelmaß oder in der Abstiegszone eine gute Perspektive auf eine womöglich erfolgreiche Saison 2025/26.

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