Politik

Großmanöver Sapad: Belarus sendet Signale nach Russland und USA | ABC-Z

Mit weiteren Übungen sollte am Dienstag die „aktive Phase“ von Sapad-2025 enden, dem alle vier Jahre stattfindenden Großmanöver von Russland und Belarus. Was die Militärs beider Länder von vergangenem Freitag an übten, muss man bisher im Wesentlichen ihren eigenen Mitteilungen entnehmen.

Aus Moskau hieß es zum Beispiel, in der Ostsee habe man mit einer Korvette und Kampfflugzeugen trainiert, Kriegsschiffe eines fiktiven Gegners mit Marschflugkörpern zu zerstören. Im nordwestlichen Gebiet Murmansk hätten Marineinfanteristen der Nordflotte trainiert, eine Landung feindlicher Fallschirmjäger abzuwehren. In der Barentssee habe ein Unterseeboot ein Ziel mit einer Rakete getroffen, zudem hätten Langstreckenbomber geübt, Marschflugkörper auf besonders wichtige gegnerische Ziele abzufeuern. Auf einem nicht näher benannten Übungsgelände hätten Kampfflugzeuge gepanzerte Fahrzeuge, Betonschutzräume und unterirdische Gefechtsstände vernichtet.

Immer wieder hob das russische Militär hervor, bei Sapad sei „die Gefechtserfahrung berücksichtigt worden, die im Rahmen der speziellen Militäroperation gewonnen worden ist“, des Angriffskriegs gegen die Ukraine also. Der ist für Präsident Wladimir Putin auch ein Ringen gegen den Westen, was der nach dem russischen Wort für die Himmelsrichtung benannten Übung zu besonderer Aufmerksamkeit verhilft. Bei Sapad-2025 wurde offenkundig großer Wert auf Drohnen gelegt. Auf diesem Zukunftsgebiet sieht sich Russland gegenüber seinen Gegnern im Vorteil. Vorige Woche konnten viele Millionen teure Kampfflugzeuge und Luftabwehrsysteme der NATO über Polen offenbar nur vier von 19 günstigen, russischen Gerbera-Drohnen abfangen. Polen hält seit Ende voriger Woche seine Grenze zu Belarus als Vorsichtsmaßnahme geschlossen.

Chrenin begrüßt amerikanische Beobachter

Auch der belarussische Generalstabschef, Pawel Murawiejko, sagte am Dienstag in einer Manöverbilanz, „die russischen Kollegen haben ihre Kampferfahrung mit uns geteilt“. Zu den wichtigsten Aufgaben des Manövers gehörten demnach „die Planung und Prüfung des Einsatzes nicht strategischer Atomwaffen sowie die Bewertung und das Ingangsetzen des mobilen Raketenkomplexes ‚Oreschnik‘“. Aufnahmen davon wurden nicht veröffentlicht. Im November hatte Russland die angeblich neue Rakete gegen ein Ziel in der ukrainischen Stadt Dnipro eingesetzt, was als Einschüchterungsversuch gewertet wurde. Nach russischen Nuklearsprengköpfen und Iskander-Raketen soll nun angeblich auch die Oreschnik-Mittelstreckenrakete in Belarus stationiert werden.

Am Dienstag sollte der belarussische Verteidigungsminister Viktor Chrenin nach Russland reisen, um dort letzte Sapad-Übungen abzunehmen. Am Montag hatte Chrenin auf dem Militärgelände von Borissow nordöstlich von Minsk zwei amerikanische Militärbeobachter begrüßt, unter ihnen den Militärattaché der amerikanischen Botschaft in der belarussischen Hauptstadt, der Chrenin auf Russisch für die Einladung dankte. Man werde ihnen alles zeigen, was sie interessiere, sagte Chrenin den beiden. Auch Beobachter aus zwei anderen NATO-Mitgliedstaaten, nämlich der Türkei und Ungarn, sowie aus 20 weiteren Staaten wie China, Äthiopien und Indonesien sollen die Übungen in Borissow verfolgt haben.

Dabei war zudem der stellvertretende russische Verteidigungsminister Junus-Bek Jewkurow. Auch einige westliche Rundfunkreporter waren eingeladen worden, um zu verfolgen, wie russische und belarussische Soldaten übten, Gegner mit Panzern, Kampfflugzeugen und -hubschraubern, Drohnen sowie Infanteristen aufzureiben. Am Ende gab es ein Defilee russischer Panzer und gepanzerter Fahrzeuge, auf denen die russische Trikolore aufgepflanzt war; ihre Geschütztürme waren mit Käfigen gegen Drohnenangriffe geschützt, eine Erfahrung des Krieges gegen die Ukraine.

Amerikanisch-belarussische Annäherung

Auch wenn Belarus, im Unterschied zu Russland, auch westliche Militärbeobachter zu Sapad eingeladen hatte, stellte das Minsker Militär den Besuch der Amerikaner als Überraschung dar: Wer hätte sich ausdenken können, womit ein weiterer Manövertag beginnen würde, schrieb es auf Telegram. Zu Sapad-2021 war laut der Nachrichtenagentur Reuters ein in die Ukraine entsandter Militär angereist. Das damalige Manöver erschien später als Vorbereitung des Überfalls auf die Ukra­ine von 2022.

Nun wirkt der Besuch der beiden Militärbeobachter wie eine neue Volte einer amerikanisch-belarussischen Annäherung. Vorige Woche war Präsident Donald Trumps Gesandter John Coale zum wiederholten Male nach Minsk gereist; mitgebracht hatte er Machthaber Alexandr Lukaschenko neben einem Geburtstagsgratulationsschreiben Trumps und Manschettenknöpfen die Nachricht, dass man die Sanktionen gegen die Staatsfluglinie Belavia aufgehoben habe.

Lukaschenko begnadigte am Dienstag seinerseits 25 Gefangene. Schon am Donnerstag ließ er deren 51 frei. Sie reisten nach Litauen aus, oder wurden ausgewiesen. Ein weiterer Gefangener, der Oppositionelle Nikolaj Statkewitsch, weigerte sich, seine Heimat zu verlassen, und harrte stundenlang am Grenzübergang aus, ehe ihn maskierte Männer fortbrachten. Am Montag berichtete das Portal Nascha Niwa, Statkewitsch sei zurück im Straflager von Glubokoje in Nordbelarus, wo er auch zuvor festgehalten worden war.

Im Westen wird vermutet, Trump wolle mit seiner Charmeoffensive Lukaschenko gleichsam aus Putins Griff lösen. Lukaschenko selbst setzte am Montag ein Zeichen in die Gegenrichtung: Er empfing in Minsk Wladimir Saldo, den die russischen Invasoren als Verwaltungsoberhaupt des nur teilweise von ihnen besetzten, aber vor bald drei Jahren in Gänze völkerrechtswidrig angeschlossenen südukra­inischen Gebiets Cherson eingesetzt haben. Dabei sagte Lukaschenko in der Moskauer Sprachregelung, er beobachte genau, wie sich „die Ereignisse in den neuen Territorien Russlands entwickeln“.

Back to top button