Ende für Programm, das die Tierhaltung verbessern sollte – Wirtschaft | ABC-Z

Wie es Tieren ergangen ist, ehe sie zu Hackfleisch, Schnitzel oder Wurst wurden, lässt sich auf vielen Packungen schon jetzt erahnen. Ein aufgedrucktes Siegel verrät, ob sie in einem engen Stall aufwuchsen oder mit ein bisschen Platz, ob sie Frischluft schnuppern konnten oder sogar eine Weide gesehen haben. Das meiste Fleisch erfüllt immer noch die beiden niedrigsten Stufen 1 und 2, kommt also aus Ställen mit mehr oder weniger Platz. Als die Umweltorganisation Greenpeace das zuletzt in Supermärkten überprüfte, kam sie auf einen Anteil von 82 Prozent.
Doch bessere Ställe kosten Geld, und Geld wächst nicht auf Bäumen. Schon 2019, unter der damaligen Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU), trat deshalb ein „Kompetenznetzwerk“ zusammen, es sollte Wege zu einer besseren Tierhaltung ausloten. Den Vorsitz hatte ein anderer verflossener Agrarminister der Union, Jochen Borchert. Und am Ende stand ein Plan, mit dem Ställe in Deutschland über die Jahre immer besser werden sollten – mit staatlicher Unterstützung, finanziert über eine Tierwohlabgabe. Auf so eine Abgabe konnte sich auch die Ampel-Regierung nicht einigen. Die staatliche Unterstützung aber gab es. Bis jetzt.
Quasi über Nacht hat nun Landwirtschaftsminister Alois Rainer das „Bundesprogramm Umbau der Tierhaltung“ eingestellt, das sich vor allem auf bessere Schweineställe konzentriert hatte. „Placebo-Programme helfen unseren Landwirtinnen und Landwirten nicht weiter“, befand der CSU-Politiker. Wobei dieses Placebo durchaus etwas bewirkt hatte. Jedenfalls hatten rund 270 Landwirte für ihren Stallumbau Geld beantragt, bis Ende Juli waren knapp 100 Millionen Euro aus dem aktuellen Programm bewilligt – das meiste für Betriebe in Niedersachsen, Baden-Württemberg und Bayern. Gerade Schweineställe haben in Sachen Tierwohl oft noch Luft nach oben.
Für bessere Ställe fehlt offenbar das Geld
Bisher hatte Rainer sich bei den Landwirten vor allem Freunde gemacht. Er schaffte lästige Umweltvorgaben ab oder verlängerte Fristen. Erst am Mittwoch hatte das Kabinett zudem die Rückkehr zum vergünstigten Agrardiesel beschlossen, Kosten: 430 Millionen Euro im Jahr. Aber für bessere Ställe fehlt offensichtlich das Geld.
Auch der Bauernverband, bisher stets gnädig mit Rainer, ist darüber nicht glücklich. „Mehr als enttäuschend“ sei dessen Entscheidung, klagt Bauernpräsident Joachim Rukwied, ein „herber Rückschlag“ für Tierhalter. „Damit wird der Umbau hin zu noch mehr Tierwohl zwangsläufig deutlich langsamer stattfinden.“ Auch kleinere Betriebe, die sich in der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) zusammengeschlossen haben, wollen sich mit dem Aus nicht abfinden. Rainer müsse die Entscheidung rückgängig machen, verlangt AbL-Chef Martin Schulz – zumal der Minister damit auch die Empfehlungen der Borchert-Kommission in den Wind schlage. „Es braucht langfristige Verlässlichkeit und Planbarkeit.“ Die habe Rainer nun erschüttert.
Nach Vorstellung des Ministers soll aber die Förderung gar nicht komplett enden, sie soll nur aus einem anderen Topf finanziert werden. Nicht mehr aus dem Agrarministerium und damit aus dem Bundeshaushalt sollen die Umbaumittel kommen, sondern aus der „Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz“, kurz GAK. In Zeiten knapper Kassen ließen sich so finanzielle Ressourcen „bündeln“. Denn die GAK wird nicht vom Bund alleine finanziert, sondern zu 40 Prozent von den Ländern.
Allerdings hatten sich die Länder zuletzt von Stallprogrammen zurückgezogen, schließlich hatte das der Bund übernommen. Obendrein sind die rund 1,5 Milliarden Euro der GAK schon für alle möglichen anderen Aufgaben strapaziert, vom Küsten- und Hochwasserschutz bis hin zur Förderung des Ökolandbaus und ländlicher Räume. Der Bund dagegen hatte 2025 für bessere Ställe 200 Millionen Euro zur Verfügung gestellt und 2026, ehe das Programm ausläuft, ein letztes Mal 278 Millionen. Ob sich in der GAK so viel findet?
Wenn nicht, wäre womöglich auch der Koalitionsvertrag verletzt. „Wir stellen die notwendigen Mittel für den tierwohlgerechten Stallbau auf Grundlage staatlicher Verträge dauerhaft bereit“, heißt es dort. Solche staatlichen Verträge hatte die Borchert-Kommission schon vorgeschlagen, der Verlässlichkeit wegen. Allerdings eben auch eine Tierwohlabgabe, zur Finanzierung. Sie muss geahnt haben, dass das Unterfangen irgendwann am Geld würde scheitern können.