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Sants – Barcelonas schwebende Gärten | ABC-Z

Als ich neulich wieder einmal in Sants unterwegs war, um mir eine alte Fabrik, die vor Jahren in ein Kulturzentrum umgewandelt wurde und einen neuen Käseladen anzusehen, habe ich einen Garten entdeckt, den ich noch nicht kannte.

Sants war im 19. Jahrhundert noch ein eigenständiger kleiner Ort, der von der immer schneller wachsenden Stadt eingemeindet und 1897 zu einem Stadtteil Barcelonas wurde. Zwischen den wenigen verstreut liegenden Höfen, den Feldern, Äckern und Gärten, die das landwirtschaftliche Sants damals ausmachten, erhoben sich in kurzer Zeit immer mehr der großen Industriebetriebe, wie la Vapor Vell, Can Batlló oder La España Industrial, deren Gebäude teilweise bis heute erhalten sind, aber längst schon als Park oder Kulturzentrum genutzt werden.

Von den Überresten der Gebäude der alten Textilfabrik Vapor Vell, die Joan Güell y Ferrer, Vater Eusebi Güells, des Freund und Mäzens Antoni Gaudís, mit dem Vermögen erbaut hatte, das er in Kuba vor allem mit Sklavenhandel erwirtschaftet hatte, sind es nur fünf Gehminuten zur Markthalle von Sants und dem direkt daneben liegenden Käseladen Llet cru. Nachdem ich mich nach einer kurzen Beratung mit mehreren leckeren Käsesorten eingedeckt und in einer kleinen Bar noch einen Cafe getrunken habe, entdecke ich auf dem Rückweg zum Hauptbahnhof die Rampe, die in die Jardins de la Rambla de Sants hinaufführt.

Jardins de la Rambla de Sants

Total überrascht spaziere ich also durch diese Grünanlage, die in luftiger Höhe durch das Viertel führt. Genau genommen laufe ich oberhalb der Bahngleise, während ungesehen und fast auch unbemerkt unter mir die Nahverkehrszüge entlang rattern. Beinah 800 Meter erstreckt sich dieser schwebende Garten dort, wo einst die Schienen eine Schneise zwischen den Häusern schlugen. Zwischen Rosensträuchern und Palmen duftet es stattdessen nun nach Thymian, Rosmarin und Lavendel. Denn 2016 überdeckte man das Gleisbett sehr zur Freude der Anwohner und pflanzte hier Granatapfelbäume, Weinreben, mediterrane Kräuter und Sträuche.

Während ich auf dem grünen Spazierweg quasi oberhalb des nicht unbedingt schönsten, aber dafür authentischsten Viertel Barcelonas laufe, einen vorbei eilenden Jogger und eine Gruppe Renter beobachte, die ihre Rollatoren geparkt haben und auf einer Bank ein Schwätzchen halten, entdecke ich an einer Hauswand ein 30 Meter hohes Wandbild. Ganz in Sepiafarben gehalten zeigt es ein idyllisches Bild vom bäuerlich geprägten Leben in Sants. Das Bild heißt “La pagesia a les arrels” und es erzählt eine kleine Geschichte, denn das Werk des katalanischen Streetartkünstlers Roc Blackblock wurde zu einem besonderen Anlass angefertigt.

roy blackblock Rambla de Sants

Sants Streetart Jardins

Nach der Vorlage eines 1941 aufgenommenen Fotos zeigt das Bild einen Pferdewagen, zwei Frauen, einen Mann und vier Kinder. Darunter ist der Name der abgebildeten Famile zu lesen: Familia Burés Fàbregues. Abgerundet wird das ländliche Idyll von einer Sichel und ein paar Ähren unter dem Foto. Eines der beiden Mädchen, die in in überdimensionaler Größe über den Straßen von Sants erstrahlen, ist Mercè Burés. Zu ihrem 85. Geburtstag hatten ihre beiden Söhne den Künstler mit diesem ganz besonderen Geschenk beauftragt. Zur offiziellen Einweihung des Wandbilds, das an die Wurzeln des Viertels inmitten der Fabriken erinnert, feierte die Familie ein großes Straßenfest mit den Anwohnern.

Riera de Tena 54, Metro L1-Mercat Nou

jardins de sants

 

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