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Autoindustrie: Verkehrsminister fordert Aus für Verbrenner-Aus 2035 – Wirtschaft | ABC-Z

Es wird zunehmend fraglich, ob das Aus für Verbrennungsmotoren in der EU wie vorgesehen 2035 kommen wird. So hat sich jetzt Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) deutlich dafür ausgesprochen, auch Neuwagen mit Benzin- und Dieselmotoren nach diesem Zeitpunkt noch zuzulassen. Die 2023 verabschiedete EU-Regel soll die fortschreitende Erderwärmung bremsen und das Klima schützen.

Schnieder sagte im ARD Interview der Woche: „Wir wollen eben, dass es auch möglich ist, über 2035 hinaus mit Verbrennungstechnologie zu arbeiten.“ Deutschland hatte bereits für die Ausnahmeregelung in der EU gesorgt, dass nicht nur E-Autos, sondern auch Verbrenner, die E-Fuels verwenden und „klimaneutral“ sein sollen, zugelassen werden. Schnieder zufolge gibt es „Bedarf, auch andere Formen weiterhin möglich zu halten, und sei es nur als Brückentechnologie“. Etwa Hybridantriebe, und „im Zweifel“ auch mit CO₂-Ausstoß.

Der Minister will entsprechend Druck auf die EU aufbauen. Derzeit würden bereits entsprechende Gespräche zwischen Autoindustrie und EU-Kommissionsspitze laufen: „Da wird man genau über diese Themen reden. Und wir werden das im politischen Raum auch tun.“

EVP-Chef Weber wünscht sich „KI-Gigafabriken“ zur Fahrzeugentwicklung

Auch Bundeskanzler Friedrich Merz hatte sich bei der Eröffnung der Automesse IAA Mobility in München in eine ähnliche Richtung geäußert, jedoch weniger konkret. Man halte am Umstieg auf Elektromobilität zwar grundsätzlich fest, aber „wir brauchen mehr Flexibilität in der Regulierung“, hatte der Kanzler erklärt.

Deutlicher äußerte sich jetzt der Chef der Europäischen Volkspartei  (EVP) im Europaparlament, Manfred Weber (CSU): „Ich verspreche den Europäern das Aus vom Verbrenner-Aus“, sagte er der Welt am Sonntag. Im Herbst solle dazu ein Vorschlag vorgelegt werden. Am Ziel der Klimaneutralität wolle er zwar festhalten, betonte Weber, der Weg dorthin müsse jedoch offen bleiben. „Die ideologischen Fehler der vergangenen Legislaturperiode müssen korrigiert werden“, sagte er der Zeitung und forderte den Einsatz von „KI-Gigafabriken“ zur Fahrzeugentwicklung, Testregionen für neue Technologien wie autonomes Fahren sowie eine virtuelle Auto-Universität.

Zudem will er den Dialog mit Beschäftigten der Autoindustrie intensivieren. „Es ist wichtig, dass wir Jobs in der Autoindustrie sichern und die Arbeiter für uns gewinnen.“ Womöglich lasse sich auf diese Weise auch der Aufstieg der Rechtspopulisten verlangsamen, so Weber.

Die EU-Kommission wird die Überprüfung der CO₂-Grenzwerte vorziehen

Die EU-Kommission reagiert auf die derzeitige Stimmung gegen die Klimaschutzmaßnahmen. Sie wird die eigentlich erst für das kommende Jahr geplante Überprüfung der CO₂-Grenzwerte für Autos ab 2035 um ein Jahr vorziehen; damit kommt sie der Autobranche entgegen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte nach dem dritten Strategischen Dialog mit Spitzenvertretern der Autobranche, die EU-Kommission habe den Anliegen der Branche zugehört und Flexibilität eingeräumt. „Wir werden Dekarbonisierung und Technologieneutralität miteinander verbinden“, hatte sie am Freitag erklärt.

Unklar ist, welche Vorschläge die EU-Kommission zu den Zielen für 2035 macht. Möglich sind CO₂-neutrale Kraftstoffe, die für Verbrennungsmotoren oder Generatoren in Range Extendern genutzt werden können.

Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), sagte, die Überprüfung könne die Grundlage für die notwendigen Entscheidungen sein. „Von zentraler Bedeutung bleibt eine Anpassung des Reduktionsziels der CO₂-Flottenregulierung im Jahr 2035 auf minus 90 Prozent.“ Beim nächsten strategischen Dialog im Dezember müsse Klarheit geschaffen werden. Ähnlich äußerte sich der Chef des französischen Autozulieferers Valeo, Christophe Périllat, in der Welt am Sonntag. Audi-Chef Gernot Döllner sagte dagegen der Wirtschaftswoche, dass immer neue Debatten um den Erhalt des Verbrenners losgetreten würden, sei „kontraproduktiv und verunsichert die Kunden“.

Europas Autobranche steht unter massivem Druck

Verkehrsminister Schnieder begrüßte von der Leyens Ankündigung. Klimaschutz bleibe das Ziel, aber er müsse mit Wirtschaftlichkeit und Akzeptanz vereinbar sein, sagte Schnieder. „Deshalb ist es richtig, alle Antriebsoptionen einzubeziehen – vom batterieelektrischen Fahren über Wasserstoff bis hin zu klimaneutralen synthetischen Kraftstoffen.“ Die deutsche Automobilindustrie, so Schnieder, werde die Transformation nur schaffen, wenn sie stark sei. „Wir werden auch Klimaziele nur dann einhalten können, wenn wir wirtschaftlich stark sind.“

Die europäische Autobranche steht derzeit unter massivem Druck. Sie leidet unter der Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump, welche Zusatzkosten in Milliardenhöhe im US-Geschäft mit sich bringt, und der Schwäche des China-Geschäfts. Dazu kommt, dass der Absatz von Elektroautos in Europa nicht so stark steigt wie ursprünglich angenommen. Einem Insider zufolge hatten sich vor allem Zulieferer für eine Überprüfung der Emissionsregeln starkgemacht.

Der für Industrie zuständige Kommissions-Vizepräsident Stéphane Séjourné hatte jüngst der Süddeutschen Zeitung gesagt, er sei überzeugt, „2035 muss bleiben“. Auch wenn mehr Flexibilität notwendig sei, um soziale und wirtschaftliche Brüche zu vermeiden. Den Kurs an sich werde man nicht ändern, so Séjourné.

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