Bundeshaushalt: IW kritisiert Zweckentfremdung von Mitteln aus Sondervermögen | ABC-Z

Die Bundesregierung hat nach einer Analyse des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) einen Teil der Mittel aus dem Sondervermögen für Infrastruktur zum Stopfen von Haushaltslöchern genutzt. Allein im Bereich Verkehrsinfrastruktur verschaffe sich die Koalition damit zehn Milliarden Euro Spielraum, heißt es in der Untersuchung. Dieses Geld müsse die Regierung nicht an anderer Stelle einsparen.
Das volle Ausmaß der Praxis bleibe unklar, weil die Verschiebungen zwischen Kernhaushalt, Sondervermögen und Klima- und Transformationsfonds schwer nachvollziehbar seien. “Die Bundesregierung verspielt mit diesem Vorgehen viel Glaubwürdigkeit”, sagte IW-Haushaltsexperte Tobias Hentze. Statt zusätzlicher Investitionen flössen Gelder etwa auch in die Mütterrente.
18,8 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen für die Deutsche Bahn
Als weiteres Beispiel nennt das IW die Deutsche Bahn. Für sie seien 18,8 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen eingeplant, während die Schieneninvestitionen im Bundeshaushalt um 13,7 Milliarden Euro sinken. Zieht man die Eigenkapitalerhöhung der Bahn ab, bleibe ein zusätzlicher Haushaltsspielraum von 8,2 Milliarden Euro. Auch bei der Sanierung von Autobahnbrücken verlagere die Regierung Ausgaben: 2026 sollen 2,5 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen fließen, zugleich sinken die Investitionen für Bundesfernstraßen im Haushalt um 1,7 Milliarden Euro.
Laut der Studie sollen für die Sanierung von Autobahnbrücken 2026 2,5 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen fließen, zugleich würden die Investitionen für Bundesfernstraßen im Haushalt um 1,7 Milliarden Euro im Vergleich zu 2024 sinken. Während der Breitbandausbau 2024 noch mit 1,8 Milliarden Euro im Kernhaushalt verbucht worden sei, tauche er 2026 nur noch im Sondervermögen auf – mit 2,3 Milliarden Euro. Für die Krankenhäuser seien im Jahr 2026 sechs Milliarden Euro aus dem Sondervermögen vorgesehen. Ursprünglich hätten diese Kosten Krankenkassen und Länder je zur Hälfte tragen sollen.
Zusätzliche Unklarheit entstehe durch den Klima- und Transformationsfonds (KTF), der ab 2025 jährlich zehn Milliarden Euro aus dem Sondervermögen erhalte. Laut IW fließt davon nur ein geringer Teil in zusätzliche Investitionen. Die Süddeutsche Zeitung zitierte zuletzt aus einem Antwortschreiben der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen, wonach in diesem Jahr lediglich 2,2 Milliarden Euro für den klimagerechten Umbau des Landes zur Verfügung stünden. Rechnerisch werde so kaum ein Beitrag zur Finanzierung der Klimaneutralität geleistet, so das IW.
Kritik auch vom Ifo-Insitut
Kritik an der Verlagerung hatten zuvor auch Ökonomen des Ifo-Instituts geäußert. Die Mittel aus dem schuldenfinanzierten Sondervermögen sollen zusätzlich zu den bereits geplanten Investitionen erfolgen. “Das passiert aber nicht”, sagte Ifo-Forscherin Emilie Höslinger. Stattdessen würden Infrastruktur- und Digitalisierungsprojekte verschoben, während die Sozialausgaben im Kernhaushalt wüchsen.
Das Sondervermögen war am Ende der vergangenen Legislaturperiode
geschaffen worden, um dringend benötigte Investitionen in Infrastruktur
und Digitalisierung zu sichern. Auf Drängen der Grünen wurde in die
Gesetzesänderung die Bedingung aufgenommen, dass diese Ausgaben
zusätzlich zum regulären Haushalt erfolgen müssen. Hierfür müssen die im
Bundeshaushalt festgehaltenen Ausgaben für Investitionen zehn Prozent
der insgesamt veranschlagten Ausgaben im
Bundeshaushalt übersteigen.