Ausstellung in Fürstenfeldbruck: Vintage Shirts aus der Hip-Hop-Szene – Fürstenfeldbruck | ABC-Z

Mit Vintage-T-Shirts assoziiert Nicolas Schwandt weit mehr als nur alte Kleidung: Er verbindet mit seiner Sammlung den Geruch von altem Stoff, die Erinnerung an Konzerte, Rap-Videos und sein Jugendzimmer. Dies möchte er den Besuchenden seiner Ausstellung „Statement Pieces“ nahebringen. Erstmals macht der 38-Jährige seine einzigartige Sammlung öffentlich zugänglich. Die Ausstellung zeigt die Entwicklung des deutschen Hip-Hop-Merchandise von 1990 bis 2005. Die Schau in der Kulturwerkstatt Haus 10 in Fürstenfeldbruck ist ein Denkmal für eine Subkultur in Bewegung, die ihre Botschaften unter anderem auf Stoff trägt.
Rund drei Jahrzehnte ist es nun her, dass Nicolas Schwandt den Weg eingeschlagen hat, der ihn dorthin führte, wo er heute steht. Er wurde 1987 in Dachau geboren und besuchte in Fürstenfeldbruck ein Gymnasium. Heute lebt er in München. Mit elf Jahren, in der Zeit des ersten großen Deutschrap-Booms, begann er, sich intensiv mit Hip-Hop auseinanderzusetzen. Die Musik war zunächst ein Hobby, welchem er sich begeistert widmete. Aus der Faszination entwickelte sich Schritt für Schritt eine tiefere Auseinandersetzung.
Bands wie die Absolute Beginner, Dynamite Deluxe, Freundeskreis und besonders die Münchner Hip-Hop-Band Blumentopf prägten ihn. Das Genre, sagt Schwandt, habe von Anfang an sein Herz höherschlagen lassen. Er bezeichnet sich selbst als „riesigen Hip-Hop- und Vintage-Fan“. Dies zeigt sich auch in seiner beruflichen Laufbahn: Nach einem Amerikanistik-Studium in München war Schwandt mehrere Jahre selbständig. Unter dem Labelnamen „Magic Moments Vintage“ verkaufte der 38-Jährige Vintage-T-Shirts und baute sich weltweit ein Netzwerk auf. In der Szene machte er sich schnell einen Namen. Mittlerweile ist er hauptsächlich als Texter für einen deutschen Streetwear-Blog tätig, wo er über Hip-Hop und Streetwear schreibt. Auch musikalisch ist er aktiv, als Puerto Nico und mit seiner Band Bummvoll Brothers. So gelingt es Schwandt, seine persönlichen Interessen und seine beruflichen Tätigkeiten stets miteinander zu verknüpfen.
Die Idee für die Ausstellung „Statement Pieces“ entstand bereits vor fünf Jahren. Seitdem legte Schwandt T-Shirts und Sweatshirts deutscher Hip-Hop-Künstlerinnen und -Künstler bewusst für diesen Zweck zur Seite. Er versteht die Exponate nicht nur als Kleidungsstücke, sondern als kulturelle Statements. Sie erzählen Geschichten über Identitäten, Haltungen und transportieren klare Botschaften. Für ihn verkörpere die Ausstellung die „krasse kreative Energie“, die im deutschen Hip-Hop zwischen 1990 und 2005 herrschte.
Die ausgestellten Stücke seien Zeugen einer Kultur in Bewegung, mal als politisches Statement, mal als kreative Bühne oder als Symbol der Zugehörigkeit. Schwandt hebt hervor, wie Hip-Hop-Merch in diesem Zeitraum die Werte der Kultur aufgreift, etwa durch den Einfluss von Graffiti, die individuelle Gestaltung des Styles und die Nutzung von Logos zur Vermittlung komplexer Botschaften. „Der eigene Style ist im Hip-Hop die Währung“, erklärt Schwandt. Auch gesellschaftliche Fragen rund um Rassismus und Identität in Deutschland wurden von Künstlern wie Sammy Deluxe beleuchtet und spiegeln sich auf einigen der T-Shirts wider.

Von den extremen, linksradikalen und gewaltverherrlichenden Botschaften wie auf den Shirts der 1992 gegründeten Band Anarchist Academy distanziert sich Schwandt ausdrücklich, auch mit einer Content-Warnung in der Ausstellung. Sie zeigten aber die gesellschaftlichen Spannungen in Deutschland nach den von Rechtsextremen verübten Brandanschlägen auf Asylbewerber und Ausländer in Rostock und Solingen. „Das ist als Zeitdokument interessant“, sagt Schwandt. Andere Shirts bildeten die in dieser Zeit erwachende Identität afrodeutscher Menschen ab. „Die haben damals erstmals ein Afro-Logo mit Stolz auf der Brust getragen.“ Ihm sei erst später bewusst geworden, dass ein Gutteil seiner Hip-Hop-Heroes schwarz sei.
In Deutschland sei die Vintage-Community vergleichsweise klein, in den USA jedoch viel größer und vielfältiger, erklärt Schwandt. Ein altes Hip-Hop-T-Shirt von Künstlern wie Tupac könne dort mehrere hundert bis tausend Dollar wert sein. Für deutsches Hip-Hop-Merchandise seien solche Summen bislang undenkbar. Er betont jedoch: „Der persönliche Wert ist unschätzbar“. Seine Sammlung umfasst mittlerweile rund 150 Teile, die er oft über Jahre hinweg gesammelt hat. Davon hat er nun 55 seltene Shirts ausgewählt, um sie in Fürstenfeldbruck vorzustellen. Begleitet wird die Ausstellung von exklusiven O-Tönen aus der Szene. Größen wie Dendemann, Falk Schacht oder die Münchner Künstlerin Ebow liefern Einblicke, Kontext und Anekdoten zu den Exponaten. Diese Art von Kuration habe es in dieser Form in Deutschland noch nie gegeben, sagt Schwandt.

Er hofft, dass seine Ausstellung nach der Premiere in Fürstenfeldbruck auf deutschlandweites Interesse stößt. Er wünscht sich, sie auch beispielsweise nach Norddeutschland oder Berlin zu bringen, um andere Blickwinkel auf die Hip-Hop-Kultur zu öffnen. Mit den „Statement Pieces“ möchte er auch Menschen erreichen, die bisher keinen direkten Bezug zu Hip-Hop haben, sich jedoch für die Kunst und die Geschichten hinter den T-Shirts interessieren.
Die Ausstellung findet in der Kulturwerkstatt Haus 10 in Fürstenfeldbruck statt. Unterstützt wird das Projekt von der Interessengemeinschaft Kultur Fürstenfeldbruck (IG Kultur). „Die Hilfe der IG Kultur war für die Umsetzung der Ausstellung essenziell“, sagt Schwandt, er sei dankbar über die enge Zusammenarbeit mit dem Verein.
„Statement Pieces“ kann an den Samstagen und Sonntagen, 13. und 14. sowie 20. und 21. September, jeweils von zwölf bis 18 Uhr besucht werden. Besonderes Highlight: Samstag, 13. September, 16 Uhr, Panel Talk des Podcasts „Vintage am Mittag“: Luke (Relics Vintage), Taran (The Ish) und Kurator Nicolas Schwandt (Magic Moments Vintage) reden über ikonisches deutsches Hip-Hop-Merch, über Rap hierzulande, und über die Geschichten hinter der Ausstellung selbst. Das Gespräch wird aufgezeichnet und gefilmt und bildet die nächste Podcast-Folge.