Personalmangel erzwingt Umplanen: Geheimdienstchef: Kursk-Vorstoß stört russische Offensiv-Pläne | ABC-Z
Personalmangel erzwingt Umplanen
Geheimdienstchef: Kursk-Vorstoß stört russische Offensiv-Pläne
08.09.2024, 16:47 Uhr
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Erfüllt der ukrainische Vorstoß in Kursk doch seinen Zweck? Zentimeter um Zentimeter rücken russische Truppen derzeit auf die ostukrainische Stadt Pokrowsk vor. Andere Pläne musste das russische Militär dagegen nach Angaben des ukrainischen Militärgeheimdienstes streichen.
Der ukrainische Vorstoß in Kursk hat nach Angaben der Führung in Kiew die russischen Schlachtpläne für die Ostukraine durcheinander gebracht. Das erklärt Kyrylo Budanow, Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes HUR, in einem Interview mit Suspilne, dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk der Ukraine. Ihm zufolge setzt die russische Militärführung derzeit alle verfügbaren Kräfte ein, um ihr Ziel in der “Hauptrichtung” Russlands zu erreichen, womit wahrscheinlich die Einnahme der ostukrainischen Stadt Pokrowsk gemeint ist. Laut Budanow mussten weitere Offensivoperationen, die für August und Herbst geplant waren, dagegen wegen des Kursk-Vorstoßes “angepasst”, also mutmaßlich gestrichen werden.
Das US-amerikanische Institut für Kriegsstudien (ISW) scheint die Angaben zu stützen. Das ISW teilt mit, dass es abgesehen von Pokrowsk derzeit keine verstärkten russischen Offensivbemühungen feststellen könne. “Sehr wahrscheinlich” habe die russische Militärführung auf Kosten anderer Operationen entschieden, alle verfügbaren Kräfte in Richtung Pokrowsk zu lenken, schreiben die Analysten der Denkfabrik in ihrem neusten Lagebericht.
Personalmangel für Kursk und Donbass?
“Das russische Militärkommando wird wahrscheinlich genügend Kräfte in das Gebiet entsenden können, um die laufende Offensive fortzusetzen und Pokrowsk einzunehmen”, heißt es beim ISW weiter. Der russische Vorstoß könne allerdings auch zusammenbrechen, bevor die Stadt eingenommen sei.
Auch ein russischer Militärblogger stellt demnach fest, dass sich die russischen Vorstöße in Richtung Pokrowsk zurzeit verlangsamen. Ihm zufolge wird die Offensive fortgesetzt, obwohl die Truppen “erschöpft” sind. Die russische Militärführung sei aufgrund von Personalmangel gezwungen, ihre Pläne in den Gebieten Donezk und Kursk anzupassen, schreibt er laut ISW auf Telegram. Es gebe keine “systemische Lösung”, um gleichzeitig Kräfte für Offensivoperationen in der Ukraine und zur Abwehr des ukrainischen Vorstoßes in Kursk bereitzustellen.
Pokrowsk ist Stützpunkt der dritten und letzten Verteidigungslinie der Ukraine im Donbass und als Logistik-Knotenpunkt für die Versorgung der ukrainischen Truppen im Osten von entscheidender Bedeutung. Der österreichische Militärexperte Oberst Markus Reisner sagte Anfang der Woche zu ntv.de, dass Russland drei Manövergruppen mit etwa 150.000 Soldaten im Donbass massiert habe, um die ukrainischen Verteidigungsstellungen zu durchbrechen.
Eingekesselte Truppen
Dennoch soll die Ukraine zuletzt in der Lage gewesen sein, kleinere Gegenangriffe zu starten. Wie das US-Magazin “Forbes” berichtet, haben Kiews Militärplaner vier oder fünf Brigaden in Reserve gehalten, von denen einige nun im Einsatz sind, um den Vormarsch von Moskaus Verbänden zu verlangsamen.
Gleichzeitig wird berichtet, dass zwischen den bei Pokrowsk gelegenen Ortschaften Lysiwka und Schelanne etwa 300 ukrainische Soldaten von russischen eingekesselt wurden. Die Lage sei “extrem schlimm”, schreibt ein ukrainischer Soldat auf Telegram. Er hoffe, dass sie “irgendwie herauskommen”. Weder die ukrainischen noch die russischen Angaben können unabhängig überprüft werden.
Die Ukraine war am 6. August in Kursk einmarschiert und kontrolliert inzwischen größere Gebiete der russischen Grenzregion. Nach Angaben der ukrainischen Regierung soll die Offensive verhindern, dass Russland den ohnehin hohen Druck auf die ostukrainische Region Donezk weiter erhöhen kann, weil es sich auf die Verteidigung auf seinem Gebiet konzentrieren muss.