Wolfsgipfel mäandert zwischen Abschussquote, Jagdrecht und strengem Schutz | ABC-Z

Zuletzt wurde in Brandenburg heftig über eine allgemeine Abschussquote für Wölfe diskutiert. Die war auch Thema beim Wolfsgipfel in Potsdam. Doch wahrscheinlicher ist nun, dass Wölfe künftig dort bejagt werden, wo sie verstärkt auftreten. Von Amelie Ernst
Die Bewertungen dieses Wolfsgipfels gehen in etwa so weit auseinander wie die Meinungen zum Umgang mit dem Wolf insgesamt. Während Umweltministerin Hanka Mittelstädt (SPD) von einer sehr konstruktiven Atmosphäre spricht, meint Dirk-Henner Wellershoff, der Präsident des Landesjagdverbandes: “Dieser Gipfel hat uns keinen Millimeter weitergebracht.”
Allerdings scheint der Gipfel die aufgeheizte Debatte um den Wolf und die Abschussquote zumindest versachlicht zu haben. Überhaupt ist die Quote für die Ministerin inzwischen die unwahrscheinlichere Variante. Die meisten Teilnehmenden favorisierten eher den gezielten Abschuss in bestimmten “Interventionsgebieten” – also Gebieten, in denen Wölfe vermehrt Weidetiere angreifen. Über das Für und Wider soll nun eine Arbeitsgruppe beraten. An deren Votum werde sie sich letztlich halten, so Mittelstädt.
Ziel sei in jedem Fall, dass der Wolf ins Landesjagdrecht aufgenommen werde – “bis Ende des Jahres, spätestens Anfang 2026” solle das passieren, betont die Ministerin. Allerdings sei das nur ein Zwischenschritt bis der Bund entsprechende Regelungen getroffen habe.
Gar nicht einverstanden sind damit Umwelt- und Naturschutzverbände wie der BUND. Für ihren Landesgeschäftsführer Axel Kruschat bleibt der Wolf trotz steigender Zahlen eine schützenswerte Tierart. “Eine verstärkte Bejagung wäre sogar kontraproduktiv für die Begrenzung der Population”, so Kruschat. Außerdem müsse eine erneute Ausrottung des Wolfes in Deutschland verhindert werden.
Immerhin sei die Atmosphäre beim Wolfsgipfel konstruktiv und sachlich gewesen, lobt Kruschat. Darauf lasse sich in den geplanten Arbeitsgruppen zum Bestandsmanagement und zum Herdenschutz für Weidetiere aufbauen. Jonas Scholz, der Vorsitzende des Landeschafzuchtverbandes Berlin-Brandenburg, ist ebenfalls optimistisch, dass die Arbeitsgruppen sich darauf einigen, dass Schutzmaßnahmen wie Zäune und Herdenschutzhunde auch langfristig finanziert werden. “Das hat oberste Priorität”, so Scholz. Allerdings müsse es künftig noch schneller und unbürokratischer möglich sein, dass “Problemwölfe” nach Rissen in den Herden geschossen werden.
Dafür wäre auch Landesjagdverbandspräsident Dirk-Henner Wellershoff, aber insgesamt ist er enttäuscht vom Wolfsgipfel. Landwirte und Landnutzer wie die Jäger hätten zu wenig Mitspracherecht erhalten – anders als die Vertreter der beteiligten Behörden. Außerdem hatte der Jagdverband für eine hohe Abschussquote geworben.
Von großen Erwartungen konnte vor diesem Wolfsgipfel ohnehin keine Rede sein – zu oft hatten sich alle Beteiligten in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten schon zum Thema ausgetauscht. Ex-Umweltstaatssekretär und Ex-Landnutzer-Lobbyist (“Forum Natur”) Gregor Beyer wollte die immer gleichen Redeschleifen durchbrechen – mit seiner Forderung nach einer Abschussquote von zunächst 15 und später 35 Prozent. Selbst wenn dazu bis dato nicht die nötigen rechtlichen Voraussetzungen vorliegen. Als Begründung zog Beyer im August eine hohe Zahl von Tieren heran – bis zu 1.600 Wölfe könne es derzeit in Brandenburg geben. Diese Population müsse deutlich dezimiert werden, so der passionierte Jäger Beyer.
Doch das dem Ministerium unterstellte Landesumweltamt geht von deutlich weniger Wölfen in Brandenburg aus – im letzten Monitoring 2023/24 wird ihre Zahl auf etwa 500 geschätzt; die neuesten, vermutlich höheren Zahlen sollen demnächst veröffentlich werden. Wegen der Zahlen-Jonglage – und offiziell wegen “unterschiedlicher Arbeitsweisen” – trennte sich Umweltministerin Mittelstädt schließlich von ihrem Staatssekretär. Der Wolfsgipfel fand nun (zufällig an dessen Geburtstag) ohne Beyer statt. Auch das könnte zur Versachlichung der Debatte beigetragen haben.
Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 11.09.2025, 19:30 Uhr