München: Camp gegen die Autolobby und IAA – “Polizei schützt Profit” | ABC-Z

Mit einem Trommelworkshop und der Lesung “Klimakollaps und soziale Kämpfe” ist am Dienstag das Programm gestartet. Rund 25 größere Zelte sind – parallel zur IAA – im Klima-Camp im Luitpoldpark aufgebaut. Bis zum Sonntag rechnen die Organisatoren des Protestcamps mit über 500 Gästen. Die IAA prangern sie massiv an: als reine Werbeshow für die Autoindustrie und Symbol für Ungerechtigkeit und soziale Ungleichheit.
Zum bildungspolitischen Programm sind alle eingeladen: Schwabing-West-Anwohner, Nachbarn, alle Münchner, auch Gäste von der IAA in Riem oder aus der Innenstadt. Denn die Macher des Camps im Luitpoldpark haben eine Vision: “Wir wollen eine andere Welt, einen Ort der Solidarität, Gemeinsamkeit, ein anderes Miteinander. Das ist nicht naiv, das wird hier im Camp ausprobiert und gelebt. Wer das möchte, kann sich melden und bei uns mitmachen”, sagt Frauke Distelrath, Geschäftsführerin von Attac. Ihre aktuelle Forderung zur IAA in München: “Die Autos müssen endlich kleiner werden. Dass sie immer schneller, schwerer und luxuriöser werden, wegen der Marge für die Hersteller, führt eindeutig in eine Sackgasse! Wir kämpfen hier und jetzt für eine lebenswerte Zukunft.”
© Eva von Steinburg
von Eva von Steinburg
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Distelrath kommt direkt von der Attac-Protestaktion am Riemer See zurück ins Klima-Camp: “Wir sind friedlich. Das möchte ich sagen. 8000 Polizisten sind in der Stadt wegen der IAA im Einsatz, ich finde das grotesk! Der demokratische Protest wird dadurch kriminalisiert, anstatt geschützt”, sagt die Attac-Aktivistin, die extra aus Frankfurt ins Klima-Camp angereist ist.
8000 Polizisten sind im Einsatz – ich finde das grotesk.
Camp-Sprecher Michael Jäger steht vor dem bunten Info-Pavillon. In der Hand hält er ein Megafon. Er hätte das Protest-Camp im Grünen am liebsten am Odeonsplatz gesehen: “Wir wollen möglichst viele Menschen erreichen. Wir hoffen, dass unser Programm auch hier im Park gut besucht wird”, so der 30-Jährige. Weiter meint er: “Die IAA ist eine Verkaufsveranstaltung für überdimensionierte Autos. Und das neue Greenwashing ist ziemlich entlarvend”. Seine Überzeugung: “Elektroautos werden auch nur zu 10 Prozent das Problem lösen, weil sie in Serbien, Republik Kongo und Chile Rohstoffe verbrauchen und teilweise unter menschenunwürdigen Bedingungen abgebaut werden.”
Jägers aktuelle Forderung lautet: “Wir brauchen einen kostenlosen ÖPNV. Die Straßenbenutzung ist ja auch kostenlos, obwohl ihr Unterhalt die Gesellschaft sehr viel kostet.”
Die meisten Vorträge im Klima-Camp haben die lose Münchner Gruppe Antikapitalistisches Klimatreffen und Attac organisiert. Interessanter Programmpunkt: Freitag, 18 Uhr, sprechen zwei Aktivisten aus Serbien über die Folgen des Lithiumabbaus in ihrem Land im großen Zelt. Zu sehen ist auch die Kunstausstellung “Roter Abschaum”. Und die Antifa hat einen Beitrag über “AI und die Ästhetik der Rechten” organisiert.

© Eva von Steinburg
von Eva von Steinburg
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Im offenen Küchenzelt rührt Alex (27) in einem 120-Liter-Topf Linseneintopf mit Gemüse. Der Augsburger hat Geografie studiert und setzt gerade das Studium der Klima- und Umweltwissenschaft obendrauf. Er hilft in der Campküche. Denn ihn bewegt die Klassenfrage: Wer profitiert von welcher Mobilität? “Das Auto hat immense Kosten, die teilweise vergessen werden. Menschen mit wenig Geld gehen zu Fuß oder fahren Fahrrad. Es gibt hier eine große soziale Ungleichheit und Ungerechtigkeit, gegen die ich protestiere”, sagt der Student. Und ergänzt: Spenden von Münchnern, wie frische Brote oder Semmeln, sind bei ihnen im Klima-Camp jederzeit willkommen. “Hat jemand vier Brote für uns? Bitte einfach an der Zeltküche abgeben.” Essen gegen Spende kann man vor dem Zelt übrigens auch.
Bei den Protesten gegen die IAA 2021 und 2023 in München waren immer wieder Demonstranten und Polizei aneinandergeraten. Die Polizisten hatten den Einsatz von Schlagstöcken und Pfefferspray als notwendig dargestellt. Am Camp im Park rechnet man nicht mit Zusammenstößen, aber in der Innenstadt. “Es gibt viel Vermögen, das geschützt werden will und die Polizei sieht ihre Hauptaufgabe darin, den Profit zu schützen”, meint Michael Jäger.

© Eva von Steinburg
von Eva von Steinburg
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Attac-Mitglied Alfred Eibl (76) aus Harlaching baut gerade ein weißes Zelt als Info-Stand für Attac auf. Er sagt der AZ, was er zur Verkehrswende meint: “In der Stadt ist der Umstieg auf den Personennahverkehr das Richtige. Im ländlichen Bereich müssen die Autos kleiner und ökologischer werden.”
Seine Kritik an den Autobauern, die auf der IAA ihre Neuheiten präsentieren: “Ein großer SUV ist doch wie ein verkappter Schützenpanzer. Wer drin ist, ist gut geschützt. Man kauft sich so seine Sicherheit mit Geld. Gleichzeitig nimmt man aber alle Kleineren auf die Schippe!”
Am Samstag, 14.30 Uhr, findet die Laufdemo des Klima-Camps gegen die IAA am Karolinenplatz statt. Thema: Die IAA als Symbol für Ungerechtigkeit, “weil die Autoindustrie nicht nur die Klimakrise, sondern auch die soziale Krise verschärft”, so der Aufruf.
Infos zum Klima-Camp im Luitpoldpark und Vortragsprogramm: www.mobiwende.camp