Rolex lädt Trump zum Finale der US Open ein – Wirtschaft | ABC-Z

Die Uhrwerke der Schweizer Marke Rolex sind eigentlich für ihre Präzision bekannt. Das Finale des Tennis-Turniers US-Open am vergangenen Sonntag, bei dem Rolex einer der Sponsoren ist, verzögerte sich aber ausgerechnet wegen des Uhrenherstellers um eine halbe Stunde. Denn Rolex hatte den US-Präsidenten Donald Trump zu dem Match eingeladen, was verschärfte Sicherheitsvorkehrungen nötig gemacht hatte. Viele Medien berichten von frustrierten Fans, die teilweise den Anfang der Partie verpassten. Auf Videos sind bei Trumps Auftritt unter anderem während am Abspielen der Nationalhymne Jubel-, aber auch Buhrufe zu hören.
Trump sah sich das Finale von einer VIP-Loge aus an. Die Schweizer Boulevard-Zeitung Blick schreibt, während des dritten Satzes sei Trump mit seiner Entourage für eine Dreiviertelstunde zum Mittagessen verschwunden, dann posierte er für Fotos und verteilte unterschriebene Baseball-Kappen, sein Markenzeichen. Mit dabei bei diesem für Trump typischen Auftritt war der Rolex-CEO Jean-Frederic Dufour. Worüber die beiden gesprochen haben, ist bislang nicht bekannt.
Bei der Einladung für Trump in die Rolex-Lounge ging es aber ziemlich sicher nicht nur darum, dass sich der Luxusuhrenhersteller mit dem US-Präsidenten gut stellt. Die Branche steckt in einer Krise. Und die Zölle von 39 Prozent für Exporte in die USA sind für die Schweizer Uhrenindustrie nun ein weiteres Problem. Laut dem Branchenverband gingen im vergangenen Jahr 18 Prozent der Schweizer Uhrenexporte in die USA. Zuletzt ist diese Zahl sogar noch deutlich gestiegen, was aber daran liegen dürfte, dass viele Hersteller im Sommer so viele Uhren wie möglich in ihre Lager in den USA schickten, um den Zöllen zuvorzukommen. Mindestens für ein paar Monate soll so das Schlimmste abgefedert werden. Bei einer Branchenmesse vergangene Woche in Genf zeigten sich viele Schweizer Uhrenhersteller nun betont zuversichtlich. Es werde alles schon nicht so schlimm kommen.
Die Politik scheiterte, jetzt darf es die Schweizer Wirtschaft versuchen
Teilweise stimmt das vielleicht sogar. Vor allem die sehr teuren Marken wie Rolex werden sich höchstwahrscheinlich mit den Zöllen arrangieren. Denn Kunden, die sich entschieden haben, für einen vier- bis fünfstelligen Betrag eine Rolex oder eine vergleichbare Uhr zu kaufen, sind im Zweifel auch bereit, noch ein paar Tausend Euro, Franken oder Dollar mehr zu bezahlen. Zumal die Zölle vermutlich auch nicht in der vollen Höhe an die Kunden weitergegeben werden. Für kleinere Hersteller und andere Branchen der Schweizer Industrie, vor allem in den Bereichen Feinmechanik und Maschinenbau, wo die Preise oft knapp kalkuliert sind, ist der hohe Zoll für Exporte in die USA aber ein großes Problem.
Die Einladung Trumps zu den US Open muss man also eher als Charme-Offensive im Auftrag der Schweizer Wirtschaft verstehen, nachdem die diplomatischen Bemühungen der Schweizer Regierung die Zollsituation bislang nicht verbessern konnten, sondern sogar noch verschlechtert haben. Trump hatte nach einem Telefonat mit der amtierenden Schweizer Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter Ende Juli den hohen Zollsatz für die Schweiz verkündet. Könnte es also gelingen, den US-Präsidenten über Gefälligkeiten wie die Einladung zu den US-Open milde zu stimmen? Nicht ausgeschlossen, Trump ist Geschenken und Schmeicheleien bekanntlich nicht abgeneigt. Bislang gibt es aber auch keine Anhaltspunkte, dass er von seinem harten Kurs gegenüber der Schweiz abweicht.
Auch die politischen Verhandlungen, die parallel weiterlaufen, haben weiterhin zu keinem Ergebnis geführt. Trump hat am Freitag zwar eine seiner berüchtigten Executive Orders unterzeichnet, die Gold und andere Rohstoffe von Zöllen ausnimmt. Das hatte er aber schon vor Wochen angekündigt und Zölle auf Gold waren ohnehin nie das Problem der Schweiz – die hohen Exporte von Gold, das in der Schweiz umgeschmolzen wurde, haben sogar erst zu dem Handelsdefizit zwischen der Schweiz und den USA geführt, das Trump für ein Problem hält.
Trump dürfte mehr wollen als nur ein paar Rolex
Der Schweizer Wirtschaftsminister Guy Parmelin schrieb am Wochenende auf X, es hätten „konstruktive Treffen“ in Washington stattgefunden. Die Schweiz soll an einem neuen Angebot für Trump arbeiten. In Schweizer Medien ist schon seit Längerem unter anderem von mehr Rüstungskäufen wie Patriot-Raketen die Rede. Die Schweiz gibt allerdings schon Milliarden für Waffen aus den USA aus. Es wäre überraschend, wenn sich Trump nun einfach durch den Kauf von ein paar Raketen umstimmen ließe.
Aufschlussreicher dafür, in welche Richtung es gehen könnte, war ein Interview mit dem US-Handelsminister Howard Lutnick vom vergangenen Freitag. Er behauptete gegenüber Bloomberg, die kleine Schweiz sei so reich, weil sie den USA teure Pharmaprodukte verkauft. Medikamente sind der wichtigste Posten bei den Schweizer Exporten in die USA, aber längst nicht der einzige. Im Vergleich mit der Europäischen Union, habe die Schweiz, was den Handel angeht, so Lutnick weiter, mit nur 9 Millionen Einwohnern den USA im Gegenzug nur wenig zu bieten. Er forderte einen neuen Denkansatz in der Sache, wie die von Japan zugesagten Investitionen in Höhe von 550 Milliarden Dollar, über deren Verwendung die amerikanische Regierung mitentscheide. Dass die Schweiz einem derartigen Abkommen zustimmt, ist allerdings nur schwer vorstellbar. Wie also weiter? Auch Lutnick sagte in dem Interview: „Ich bin nicht optimistisch.“
Also noch einmal zurück zum Sport. Nach der Rolex-Einladung zu den US-Open fordert nun die rechtspopulistische Schweizer SVP, Fifa-Chef und Trump-Kumpel Gianni Infantino solle doch endlich für die Schweiz im Oval Office intervenieren. So verzweifelt scheinen die Schweizer dann aber noch nicht zu sein. Denn selbst wenn Infantino mit einem solchen ungewöhnlichen Einsatz als Diplomat Erfolg hätte – für die Schweizer Politik wäre es in jedem Fall ein Eigentor.