Pro-Palästina-Demos: “Was wollen sie von uns Rennfahrern?” | ABC-Z

Die
Spanien-Rundfahrt nimmt für die Radprofis einen durchaus spannenden Verlauf, in
der Gesamtwertung führt der Däne Jonas Vingegaard nach 12 von 21 Etappen mit
nur 50 Sekunden Vorsprung vor João Almeida aus Portugal. Doch mehr
Aufmerksamkeit als der Sport erregen bei dieser 80. Vuelta die großangelegten
Proteste pro-palästinensischer Gruppen. Sie richten sich gegen die Teilnahme
des Teams Israel-Premier Tech. Die spanische Partei Izquierda Unida (Vereinigte Linke) hatte schon vor dem Start der Vuelta darauf gedrängt, dass Israel-Premier Tech ausgeladen werde.
Drei gefährliche Zwischenfälle gab es bereits.
Beim Teamzeitfahren auf der fünften Etappe versuchten pro-palästinensische Demonstranten, die
Straße zu besetzen und Plakate aufzuspannen, während die Fahrer des israelischen
Teams mit Tempo 70 heranrasten. Nur weil die Profis abbremsten und besonnen
reagierten, konnten sie eine Katastrophe verhindern.
Daryl Impey, einer der sportlichen Leiter von Israel-Premier Tech sagte damals: “Viele Jungs sind von dem Vorfall erschüttert. Es war ein Schock
für uns. Jeder hat das Recht auf seine eigene Meinung, das ist in Ordnung.
Schwierig wird es jedoch, wenn man unser Leben aufs Spiel setzt, wenn die
Fahrer mit dieser Geschwindigkeit fahren.” Am Dienstag war es zudem auf der zehnten Etappe zu einem von Aktivisten verursachten Sturz gekommen.
Besonders
kritisch wurde es am Mittwoch vor dem Finale der elften Etappe in der
baskischen Hauptstadt Bilbao. Im Zielbereich versammelten sich Hunderte
Demonstranten mit zum Teil riesigen Palästinafahnen, einige durchbrachen sogar
die Absperrgitter, um auf die Straße zu stürmen. Mit Sprechchören forderten sie ein
“freies Palästina” und hielten Schilder hoch, auf denen dieselbe Botschaft zu lesen
war.
Weil das
Finale aus einem zweimal zu befahrenden Rundkurs um Bilbao bestand, hätten die
Fahrer zweimal an den Demonstranten vorbeifahren müssen. Die erste Passage
gelang dem Peloton noch, auch wenn es die Polizisten nur mit Mühe schafften, die
Protestierenden zurückzuhalten. Doch weil immer mehr Menschen auf die Straße
drängten, entschied sich die Rennleitung aus Sicherheitsgründen für einen
Abbruch. Es gab keinen Tagessieger, die Zeitnahme stoppte drei Kilometer vor
dem Ziel. Die Fahrer wurden sofort zu ihren Bussen geleitet, die Ehrung für die
Trikotträger entfiel. Die baskische Polizei teilte laut spanischen
Medien mit, dass es bei den Protesten zu drei Festnahmen gekommen sei. Vier
Polizisten seien bei den Vorfällen verletzt worden.
Das ausgefallene Finale war ein Fiasko: für die
Stadt Bilbao, die bis zu 130.000 Euro dafür gezahlt hatte, ein Etappenort zu sein. Für die Außendarstellung der Vuelta. Und für die
Fahrer, die zuvor eine sehr anstrengende Etappe mit vielen Anstiegen bewältigen
mussten. Schon vor der vorletzten Bergwertung hätten pro-palästinensische
Aktivisten auf sich aufmerksam gemacht, sagte der zweimalige Toursieger Vingegaard. “Da konnten wir uns an
ihnen vorbeischlängeln.” Während der ersten Zielpassage habe er die
Situation als deutlich bedrohlicher empfunden, insgesamt aber habe die Polizei einen
guten Job gemacht.
Doch
Verständnis für die Demonstrierenden brachte der Däne nicht auf:
“Das ist der falsche Ort für ihre Proteste. Was wollen sie von uns Radfahrern?”
Er sprach von einer “Schande”, zumal er glaubt, dass er die Etappe am ersten Geburtstag seines Sohnes hätte gewinnen können. Er habe zudem ein ungutes
Gefühl, was den Fortgang des Rennens betrifft: “Es ist unvorhersehbar, was in
den nächsten Tagen passieren wird. Ich hoffe, wir können weiterfahren.”