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Stilkritik: Putin und Xi träumen davon, 150 Jahre alt zu werden – Panorama | ABC-Z

Natürlich möchte der Autokrat ewig leben, sonst würde er sich ja keine Paläste, Kirchen oder Pyramiden bauen lassen, die ihn hoffentlich noch lange überdauern. Da überrascht es auch nicht, dass sich der Inhalt des durch eine (angeblich unbeabsichtigte) Mikrofonpanne nun öffentlich gewordenen Gesprächs zwischen Putin und Xi ausgerechnet um das große Thema „Unsterblichkeit“ drehte.

Früher, da seien die Leute noch kaum älter als 70 geworden, meinte, laut der Nachrichtenagentur Bloomberg, der chinesische Staatenlenker am Rande seiner beeindruckenden Militärparade in Peking. Xi ist 72 Jahre alt, also genauso alt wie Putin. Dazu platzierte er den kleinen Gag: „Aber heute sagt man, dass man mit 70 noch ein Kind ist!“ Ein gelungener Einstieg für eine muntere Konversation über Werden und Vergehen. Der Gast aus Russland nahm den Ball auch sofort auf: „Mit der Entwicklung der Biotechnologie können menschliche Organe kontinuierlich transplantiert werden, und die Menschen können immer jünger werden und sogar Unsterblichkeit erlangen.“

„Prognosen zufolge besteht in diesem Jahrhundert die Chance, 150 Jahre alt zu werden!“

Da war sie, die Unsterblichkeit! Für Reiche und Mächtige dürfte sie besonders erstrebenswert sein (sprechen wir hier lieber nicht von jenen, die ihnen die Pyramiden und Paläste bauen oder ihnen Organe spenden). Hätten Autokraten noch mehr Lebensjahre, so könnten sie das persönlich Erreichte auch länger genießen. Zum Beispiel die goldenen Pokale, die sie sich damals beim Einzug auf das Kaminsims gestellt haben. Das Jüngste Gericht ließe sich aufschieben. Am Ende soll Xi dann noch gesagt haben: „Prognosen zufolge besteht in diesem Jahrhundert die Chance, 150 Jahre alt zu werden!“

Gut. 150, das wär schon was. Die erreicht auch der „Joshua Tree“, wenn der Mensch ihn denn wachsen lässt. Auch Herman aus der lustigen Fernsehserie „The Munsters“ soll so um die 150 Jahre alt sein, man sieht es ihm kaum an. Und sein Vorgänger, der biblische Methusalem, wurde sogar 969 Jahre alt. Die Frage ist: Würde man auch selbst, wenn man es sich denn leisten könnte, seine aktive Lebensphase – etwa durch regelmäßigen Zellen- und Silikonaustausch – verlängern wollen? Also so, wie Mörtel Lugner oder Silvio Berlusconi? Möchte man wirklich 23 Ehefrauen überleben, wie der chinesische Heilkundler Li Ching-yun am Ende seines 256-jährigen Daseins?

Die Menschheit muss schon aufpassen, dass sich die Mietverträge für die sie umgebenden Schlösser und Paläste nicht bis ins Unendliche ziehen. Wie schön ist es doch immer, wenn so wunderbare Dinge wie zum Beispiel Schloss Versailles oder Neuschwanstein irgendwann dann doch allen gehören.

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