Wohnen

Daria Müller und „dieligalebt“: Influencerin treibt Frauenfußball im Netz voran | ABC-Z

Wenn man mit Daria Müller spricht, wird schnell deutlich, dass sie eine Anhängerin des Frauenfußballs ist. Sie kennt Vereine und Spielerinnen und spricht mit einer großen Leidenschaft über den Sport und ihren Lieblingsverein Eintracht Frankfurt. Dazu hat Müller sich lange leicht zugängliche Informationen, Statistiken und eine Gemeinschaft gewünscht, um sich über den Sport auszutauschen. Doch die Plattformen oder Inhalte gab es zu ihrer Enttäuschung nicht. „Ich wollte über Frauenfußball sprechen können, wie ich mit meinen Freunden über Männerfußball sprechen kann“, sagt sie. Dann kam ihr die Idee: selber machen.

Im Dezember 2023 gründet Müller ihre Social-Media-Kanäle mit dem Namen „dieligalebt“. Schon in den ersten Wochen stoßen ihre Videos auf großes Interesse. Von Anfang an habe es positive Rückmeldungen gegeben, sagt die 26 Jahre alte Content-Creatorin. Ungewohnt sei es gewesen, dass ihre Idee so „krass“ angekommen sei. Eigentlich habe sie einfach etwas Neues probieren wollen und, wenn überhaupt, einen langsamen Anstieg erwartet. Doch schnell folgen ihr erste Spielerinnen und Sportmedien. Besonders freut sie sich aber, dass auch junge Frauen und Mädchen auf ihre Videos reagieren. Immer wieder habe sie Rückmeldungen von Mädchen erhalten, die sich für die Sichtbarkeit bedankten, die Müller dem Frauenfußball verschaffe. Lächelnd sagt sie: „Das gibt mir viel.“

Sie will der Leidenschaft eine Plattform geben

Heute folgen ihr rund 12.000 Menschen auf Instagram und mehr als 5000 weitere auf Tiktok. Und das Interesse am Frauenfußball, und damit auch an ihren Inhalten, wächst weiter. Bei der Europameisterschaft im Sommer verfolgten im Schnitt mehr als zehn Millionen Menschen in Deutschland die Spiele der Nationalmannschaft. Und die Followerzahl von „dieligalebt“? Die hat sich innerhalb von zwei Monaten mehr als verdoppelt.

Trotz der wachsenden Aufmerksamkeit gibt es viele Fans, die noch nach einer Gemeinschaft suchen, in der sie sich regelmäßig austauschen können. Dass ihre Kanäle so eine Gemeinschaft bieten können, bedeutet Müller viel. „Ich weiß, dass es gerade im Frauenfußball viele gibt, die nicht so einen Freundeskreis haben, mit dem sie darüber sprechen können“, sagt sie. Deswegen habe sie schon früh einen Raum für Diskussionen bieten wollen. Neben den Kommentarspalten ihrer Videos gibt es auch ein Onlineforum für ihre Follower. „Es ist mir wichtig, dass Leute sich finden können und dass ich von ihnen Feedback und Themenvorschläge bekomme.“

Dabei drehen sich die meisten Inhalte von „dieligalebt“ um die deutsche Frauen-Bundesliga. Denn zu dieser Liga habe ihr als Fan oft Berichterstattung gefehlt. Auch der Name „dieligalebt“ entstand als eine Anspielung auf den Social-Media-Auftritt der Bundesliga, die auf Instagram unter dem Namen „Die Liga“ zu finden ist. Für Müllers Publikum seien aber auch deutsche Spielerinnen im Ausland oft interessant, genau wie andere Frauensportarten.

Immer wieder gehen Beiträge zudem über das Sportliche hinaus. So recherchierte Müller beispielsweise nach mehreren Fällen von Herzstillstand bei Fußballern monatelang zu Herzerkrankungen bei Sportlern. Sie präsentierte eine Vielzahl von Beispielen. Dabei kritisierte Müller die positive Darstellung von Sportlern, die trotz Krankheit oder Verletzung auf dem Feld stehen, und rief ihre Zuschauer dazu auf, einen Erste-Hilfe-Kurs zu besuchen.

Der Sport als Brücke zu gesellschaftlichen Themen

Der Sport biete gerade für Gesundheit, Gleichstellung und andere Themen eine Möglichkeit, verschiedene Aspekte aufzubereiten und sie zu präsentieren, so Müller. „Weil Sport einfach zu großen Teilen ein Spiegel der Gesellschaft ist.“ Durch den Grundgedanken der Fairness biete er auch eine gute Plattform, um gesellschaftliche Themen anzuschneiden. Und so reihen sich zwischen Videos zu aktuellen Spielen, Transfers und Wettbewerben immer wieder Beiträge, in denen es um faire Bezahlung, ausgeglichene Berichterstattung oder reproduktive Gesundheit bei Sportlerinnen geht.

Beim Öffnen des Profils „dieligalebt“ wird das schnell deutlich. Der erste sichtbare Beitrag trägt die Überschrift „Dinge, die ich mir für den Frauenfußball wünsche“. Hier fasste Müller am 8. März 2024, dem Weltfrauentag, vier Dinge zusammen, die sich rund um den Frauenfußball ändern müssten. Neben fairer Bezahlung sei dies vor allem das sogenannte „Equal Play“, also gleiche Trainings- und Spielbedingungen, genau wie verbesserte Strukturen in der Nachwuchsförderung und Ressourcenverteilung.

Besonders am Herzen liegen Müller auch eine faire mediale Berichterstattung und eine größere Aufmerksamkeit des Frauensports in der Gesellschaft insgesamt. Es sei wichtig, mehr Raum für tiefe Analysen und sportliche Details zu schaffen, wie es im Männerfußball üblich sei, schrieb sie 2024. Außerdem müsse Frauensport eine größere Plattform erhalten als bisher, dies sei auch die Aufgabe öffentlich-rechtlicher Institutionen.

Vorurteile gegen den Frauenfußball halten sich hartnäckig

Rund eineinhalb Jahre nach diesem Post sagt Müller, erste Veränderungen seien spürbar. Inzwischen nehme sie wahr, dass sich die Gesellschaft mehr bemühe, den Frauenfußball anzuerkennen. Trotzdem seien einige Ansichten auch heute noch frustrierend. „Teils merkt man, da sprechen mehr die Vorurteile als tatsächliche Expertise“, sagt Müller. Beispielsweise wenn Frauenfußball als kategorisch schlechter als Männerfußball dargestellt werde. Eine ungleiche Berichterstattung könne sogar gefährlich werden. Etwa dann, wenn die Menschen mit Kommentaren reagierten, die geprägt seien von Frauenhass. Hier, sagt Müller, wünsche sie sich, dass gesellschaftlich mehr Verantwortung übernommen werde. Es müsse stärker in den Fokus geraten, welches Ansehen der Sport genieße.

Daria Müller folgen rund 12.000 Menschen auf Instagram und mehr als 5000 weitere auf Tiktok.
Daria Müller folgen rund 12.000 Menschen auf Instagram und mehr als 5000 weitere auf Tiktok.Samira Schulz

Dass die gesellschaftlichen Beiträge von „dieligalebt“ bei den Zuschauern gut ankommen, wurde besonders deutlich, als vor drei Monaten einer dieser Beiträge viral ging. Darin wurden die irische Sportart Camogie und die Tatsache präsentiert, dass die Spielerinnen diesen Sport ursprünglich nur in kurzen Röcken hätten spielen dürfen. Für internationale Aufmerksamkeit sorgte dann, dass die Frauen nun selbst wählen können, was sie tragen. Im deutschsprachigen Raum war es der Beitrag von „dieligalebt“, der Aufmerksamkeit erhielt. Mehr als 28.500 Menschen likten den Post. Danach seien auf einen Schlag fast 2000 neue Follower dazugekommen, berichtet Müller. Darunter waren bekannte Schauspieler und Musiker. Auch während der Europameisterschaft wuchs ihr Account weiter. Seit dem Turnierbeginn folgen Müller und ihrem Kanal mehr als 6000 Menschen mehr auf Instagram.

Auch mit wachsender Aufmerksamkeit, sagt Müller, sei ihr wichtig, bei der Vorbereitung aller Beiträge ein Thema aus drei verschiedenen Perspektiven zu beleuchten. Eine Fanperspektive, eine datenbasierte und wissenschaftliche Sicht und eine journalistische Perspektive sollten idealerweise immer einfließen. Müller selbst hat Publizistik und Medienbildung studiert. „Mir ist wichtig, dass man das auch in meinem Content merkt“, sagt sie.

„Das ist der Sport, in den ich mich als Kind verliebt habe“

Durch die Beiträge von „dieligalebt“ wurde das Fernsehen auf Müller aufmerksam. Heute arbeitet sie als Social-Media-Redakteurin. Ihre Leidenschaft sind aber weiterhin ihre eigenen Beiträge. „Ich merke einfach, wie sehr mich das erfüllt.“ Geld verdiene sie mit ihrem Content bisher nicht, sagt Müller. Allenfalls würden manche Zuschauer sie mit einer Art kleinem monatlichen Trinkgeld unterstützen. „Davon kann ich mir vielleicht mal einen Kaffee kaufen, aber mehr soll es auch nicht sein“, sagt die Content-Creatorin.

Für die Zukunft von „dieligalebt“ hat die Sechsundzwanzigjährige viele Ideen. Dazu wünscht sie sich die Zeit und die technischen und räumlichen Möglichkeiten, den Inhalt zu erstellen, den sie tatsächlich unter die Menschen bringen will. Beispielsweise um Interviews mit Spielerinnen, mit Vertretern aus den Fanszenen oder mit Vereinsfunktionären zu führen und ihrer Community zu präsentieren. Aber auch andere Sportarten aus dem Frauenbreitensport, die aktuell weniger Aufmerksamkeit erfahren, könnten in ihren Videos auftauchen. „Da die Realität zu zeigen“, sagt Müller, „wäre sehr cool“.

Frauenfußball wird dennoch die Hauptsportart auf ihren Kanälen bleiben. „Frauenfußball ist einfach krass.“ Da gebe es viele interessante Menschen und wunderbare Geschichten. „Das ist genau der Sport, in den ich mich als Kind verliebt habe.“

Back to top button