Kommt die Zinswende zu tardiv?: Arbeitsmarktbericht schickt US-Börsen auf Talfahrt | ABC-Z
Kommt die Zinswende zu spät?
Arbeitsmarktbericht schickt US-Börsen auf Talfahrt
06.09.2024, 23:10 Uhr
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Die jüngsten Zahlen vom US-Arbeitsmarkt kommen an der Wall Street nicht gut an. Die Händler trennen sich von risikoreichen Anlagen wie Aktien. Vor allem im Finanzsektor gibt es Verluste. Neben Nvidia gerät ein weiterer Chiphersteller unter Druck.
Das Rätseln über die Lage der US-Wirtschaft nach den jüngsten Arbeitsmarktdaten hat die Wall Street zum Wochenschluss weiter belastet. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte baute seine anfänglichen Gewinne wieder ab und schloss ein Prozent schwächer bei 40.345 Punkten. Der breiter gefasste S&P 500 gab 1,7 Prozent auf 5408 Zähler nach und der Index der Technologiebörse Nasdaq 2,6 Prozent auf 16.690 Stellen. Für die Gesamtwoche bedeutet das für den Dow einen Abschlag von drei Prozent, für den S&P von 4,3 und für die Nasdaq von 5,8 Prozent. Für Dow und S&P ist es der größte Wochenverlust seit März 2023 und für die Nasdaq seit Januar 2022.
Investoren versuchten, die uneinheitlichen Daten vom Arbeitsmarkt zu interpretieren. Die Arbeitslosenquote in den USA sank im August zwar wie von Ökonomen erwartet von 4,3 auf 4,2 Prozent. Es wurden aber weniger Stellen geschaffen als gedacht. Das bedeute, dass Notenbank-Chef Jerome Powell noch in diesem Monat die Zinsen senken müsse, sagte Lou Basenese von MDB Capital in New York.
Es deute aber auch darauf hin, dass es für eine sanfte Landung der Wirtschaft zu spät sein könne. “Wenn wir in den nächsten ein oder zwei Monaten Entlassungen erleben, deutet das darauf hin, dass sein (Powells) Timing zu spät war.” Der Aktienmarkt werde bis zur Zins-Sitzung unter Druck stehen, was die Fed dazu verleiten könne, die Zinsen um 50 statt um 25 Basispunkte zu senken, so Basenese. 25 Basispunkte seien aber “so gut wie garantiert”.
Neben den Zinshoffnungen nahmen aber auch Rezessionsängste der Börsianer zu. Matt Rowe, Portfoliomanager beim Finanzdienstleister Nomura in New York, zeigte sich dennoch gelassen: “Es sieht so aus, als würden sich die Dinge ein wenig verlangsamen, aber nicht, als stünde eine Katastrophe bevor.”
Die Sorge vor einer wirtschaftlichen Abschwächung und der damit verbundenen mauen Nachfrage drückte die Preise am Ölmarkt. Die Nordsee-Sorte Brent und die US-Sorte WTI verbilligten sich um etwa eineinhalb Prozent auf 71,54 und 68,19 Dollar je Fass (159 Liter). “Der US-Arbeitsmarktbericht fiel etwas schwach aus und deutete darauf hin, dass sich die Wirtschaft auf dem absteigenden Ast befindet”, sagt Bob Yawger, Energiemarkt-Experte beim Finanzdienstleister Mizuho.
Broadcom rutschen ab
Am Aktienmarkt drückte die Verunsicherung vor allem Titel aus dem Finanzsektor. Die des Zahlungsabwicklers PayPal und des Kreditkartenanbieters American Express gaben zwischen 3,1 und 4,4 Prozent nach. Banken wie Wells Fargo, Citigroup, JP Morgan und Goldman Sachs verloren zwischen 1,7 und rund fünf Prozent.
Im Rampenlicht bei anderen Einzelwerten stand die Aktie von Broadcom, die um 10,4 Prozent abrutschte. Der Chiphersteller hatte im Quartal trotz hoher Nachfrage nach Produkten rund um Künstliche Intelligenz (KI) einen Verlust eingefahren. Unter den Schwergewichten gaben Nvidia weitere 4,1 Prozent und Tesla 8,5 Prozent nach.
Nach unten ging es auch bei Mobileye. Die in den USA notierten Titel des israelischen Autozulieferers verloren 8,5 Prozent. Hintergrund war ein Bloomberg-Bericht, wonach der kriselnde Chipkonzern Intel als Hauptaktionär einen Teil seiner Beteiligung von 88 Prozent an Mobileye abstoßen könnte.
Ein negativer Analystenkommentar machte Super Micro Computer zu schaffen. Die Titel des US-Serveranbieters rutschten um 6,8 Prozent ab und waren mit 386,46 Dollar so billig wie seit Januar nicht mehr. Die Experten der US-Großbank JP Morgan hatten sie auf “Neutral” von zuvor “Overweight” herabgestuft. Das Kursziel wurde auf 500 von 950 Dollar gesenkt. Solange die Unsicherheit rund um Super Micros Probleme mit den Regulierungsbehörden bestehen bleibe, gebe es keinen klaren Grund für neue Investoren, Aktien zu kaufen.
Gefragt waren Aktien von U.S. Steel mit einem Plus von 4,4 Prozent. Nippon Steel bot im Zuge der geplanten Übernahme des Stahlkonzerns weitere Zugeständnisse an und will damit Bedenken der US-Regierung ausräumen.