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Dressur-EM in Frankreich: Verboomen holt Gold vor Werth | ABC-Z

Vorsichtig erklomm Justin Verboomen die oberste Stufe des Podests. Kein falscher Tritt auf diesem für ihn ungewohnten Terrain sollte den größten Triumph seiner Karriere stören. Der 38 Jahre alte Dressurreiter galt vor Beginn der Europameisterschaft in Frankreich vielleicht als Geheimfavorit, aber nicht als erster Anwärter auf die Goldmedaille. Dennoch war er es, der nach dem Grand Prix Special am Freitag vor allen anderen stand. Vor der Dänin Cathrine Laudrup-Dufour und vor der achtmaligen Olympiasiegerin Isabell Werth, die ihn auf dem Podium erst in ihre Mitte nahmen und die Arme um ihn legten – und dann mit Champagner übergossen.

Mit seinem Hengst Zonik Plus gelang ihm, wie schon am Vortag im Grand Prix, eine fehlerfreie Prüfung, die mit einer Wertung von 82,371 Prozent belohnt wurde. Verboomen ist damit als erster Belgier Europameister im Dressurreiten – und brachte nach seinem Sieg kaum ein Wort heraus. „Ich kann nicht glauben, was gerade passiert ist“, flüsterte er in das TV-Mikrofon. Dann berichtete er von dem Druck, der auf ihm gelastet hatte, und dem er und sein junges Pferd standhielten.

Verboomen und der neunjährige Zonik Plus kennen sich zwar schon seit sieben Jahren, der Belgier kaufte den Hengst als zweijähriges Pferd und bildete ihn bis zum Grand Prix aus. Doch auf internationalem Level haben die beiden bisher noch wenig Erfahrung gesammelt. Anfang Juli starteten sie erstmals beim größten Reitturnier der Welt, dem CHIO Aachen – und gewannen völlig überraschend die Grand Prix Kür vor Isabell Werth und Wendy. Das machte sie auf Anhieb zu Mitfavoriten für die EM-Medaillen.

Hemmer überzeugt abermals

Obwohl der Hengst noch jung ist, gelingen ihm die Grand-Prix-Lektionen ohne viel Aufwand. Der Rappe bewegt sich elegant und trotzdem schwungvoll. Sein Reiter steuert ihn so unaufgeregt und mühelos durch das Viereck, dass die beiden Lebewesen wie eine Einheit wirken. Es werde noch eine Weile dauern, sagte Verboomen, bis die Botschaft bei ihm angekommen sei, dass er nun zu den besten Dressurreitern der Welt gehöre.

Dazu darf sich auch Katharina Hemmer zählen. Die 31-Jährige reitet in Crozet ihr erstes großes Championat und freute sich nach der Team-Goldmedaille vom Vortag nun über ihren vierten Platz im Einzel. Damit überraschte sie zwar kaum noch jemanden, weil sie im Grand Prix am Mittwoch mit dem Wallach Denoix bereits eine so starke Runde gezeigt hatte. Dass das Paar diese Leistung aber noch einmal bestätigen und sogar verbessern konnte, ist bemerkenswert. Das brachte der Reiterin viele bewundernde Worte ein, nicht nur aus dem eigenen Team, in dem sie für viele feuchte Augen sorgte. „Sie legt immer noch einen drauf, hat Mut und Selbstbewusstsein und überdreht nicht“, beschrieb Bundestrainerin Monica Theodorescu ihr jüngstes Teammitglied, und schwärmte: „Diese Lockerheit ist wirklich ganz toll.“

Am Sonntag in der Grand Prix Kür haben die besten 18 Starterpaare noch einmal die Chance auf Einzelmedaillen. Isabell Werth will dann einen neuen Anlauf auf ihren zehnten EM-Titel starten. Dass es im Grand Prix Special nur zu Bronze gereicht hatte, wusste sie einzuordnen: „Wir sind noch nicht auf dem Level, auf dem wir sein können und wollen, um uns sicher zu fühlen.“ In den Galopplektionen habe ihre Stute Wendy die Energie verloren, was zu Punktabzügen in den fliegenden Wechseln führte. Die anderen Lektionen, Piaffen und Passagen, gelangen dem Paar in gewohnte Stärke. „Klar will man gewinnen“, sagte Werth später, „unser Ziel war es, auf das Podium zu kommen. Aber wir wussten auch, dass es kein einfacher Wettbewerb werden würde.“

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