Flugpanne: Dienst (nicht) nach Vorschrift – Reise | ABC-Z

Wann, wenn nicht im Sommer, kann man auch mal fünfe gerade sein lassen und die Dinge ein wenig lockerer angehen? Nicht nur in der Freizeit, da ohnehin, sondern auch im Job? Es ist schließlich Urlaubszeit. Die Hälfte der Kunden sonnt sich auf Mallorca oder an der Adria. Ein Gutteil der Kolleginnen fährt mit dem Campervan durch Schweden oder segelt zwischen den Inseln vor der kroatischen Küste umher. Und etliche der Unternehmen, die einen entweder beliefern oder aber einem wahlweise Waren oder Dienstleistungen abkaufen, haben gerade Betriebsferien. Es geht derzeit ohnehin nicht viel voran – wozu also auf vollen Touren schuften? Das wäre blanker Aktionismus, den einem niemand dankt und der im Ergebnis nichts einbringt.
Nun mag man einwenden, dass es freilich Branchen gibt, die einen Schlendrian nicht dulden können. Jeder Hektoliter Bier, der jetzt nicht gebraut wird, kann in wenigen Wochen natürlich auch nicht ausgeschenkt werden auf dem Münchner Oktoberfest. Die Arbeit von Polizisten und Feuerwehrleuten, Pflegern und Ärztinnen duldet in der Regel weder Aufschub noch Halbherzigkeit. Und auch in der Luftfahrt sowie daran gekoppelt bei der Flugsicherheit erscheint eine Laissez-faire-Haltung fragwürdig, ja problematisch.
:25 Jahre Urlaub in Thailand
Je weiter der Flug geht, desto länger sollte der Aufenthalt dauern. Ein Brite blieb mit einem Touristenvisum Jahrzehnte in Thailand. Gedankt wird es ihm nicht.
Oder sind wir zu streng mit den Beschäftigten dieser und artverwandter Branchen, wenn wir von ihnen, anders als von uns selbst, um es mit Weltmeister-Trainer Joachim Löw zu sagen: allzeit „höggschde“ Konzentration verlangen? Rund ums Jahr, 24/7? Immer vollen Einsatz zeigen. Sogar in der Ferienzeit. Geht es nicht zumindest bei Transportunternehmen auch mal mit halber Kraft, ohne dass gleich sämtliche Nerven blank liegen und mehrere Wirtschaftsstandorte noch stärker in Gefahr geraten als ohnehin schon?
Ein Pilot von Malta Airlines sah jüngst jedenfalls keinen Grund, weshalb er nicht ein wenig bummeln sollte auf seinem Flug von Rom zurück in die Heimat. Es waren schließlich Ferien. Zwar nicht für ihn, aber für einen Kollegen. Und damit er diesen mitsamt dessen Familie mitnehmen konnte, zurück aus deren Italien-Urlaub nach Malta, hat er eben gewartet, bis alle Koffer gepackt waren. Ist doch nett und aufmerksam von ihm. Dass deshalb alle regulär gebuchten Passagiere mit einer Dreiviertelstunde Verspätung ihr Ziel Malta erreichten: Gute Güte, über diese Lappalie muss man sich doch nicht gleich aufregen. Hat der Arbeitgeber der beiden Piloten jedoch prompt getan.
Ebenfalls kein Lob bekommen hat ein 18-jähriger Kolumbianer, der sich im Kontrollturm des internationalen Flughafens von Bogotá als Fluglotse verdient gemacht hat. Der junge Mann hat offenbar mit den Crews von rund 20 Maschinen per Funk kommuniziert und sogar eine Startfreigabe erteilt. Der Haken an der Sache: Er hat keine entsprechende Ausbildung. Sein Vater, er ist Fluglotse, hat ihn mit zur Arbeit genommen und ein bisschen probieren lassen. Ein eklatanter Verstoß gegen die Sicherheitsvorschriften, einerseits. Andererseits jedoch hat der Sohn offenbar Talent, denn niemandem ist aufgefallen, dass da vorübergehend ein Amateur im Kontrollturm zu Diensten war. Erst als der Jung-Funker auf Social Media stolz von seinem kleinen Praktikum berichtete, wurde die Sache bekannt. Und es gab, auch hier, Ärger. Denn die Flugsicherheit beharrt, rund ums Jahr, auf Dienst nach Vorschrift.
