Kultur

Satire oder nicht? El Hotzo, Kubicki und Lindner | ABC-Z

Satire kann, muss aber keine Kunst sein. Ist sie Kunst, steht sie unter dem vorbehaltlosen Schutz des Grundgesetzes. Als politische Meinungsäußerung hat sie Grundrechte anderer, insbesondere deren Persönlichkeitsrechte, zu berücksichtigen. Das hohe Gut der Kunst- und Meinungsäußerungsfreiheit hat Vorrang gegenüber Fragen des sogenannten guten Geschmacks.

Gerade erst hat sich erwiesen, dass der frühere Vizeparteichef der FDP Kubicki sich gründlich vertan hat. Er hatte angesichts des Posts des Comedians El Hotzo anlässlich des Schusses auf Trump (was haben Trump und „der letzte Bus“ gemeinsam: „leider knapp verpasst“) die Staatsanwaltschaft zum Handeln aufgerufen.

Stefanie SchorkF.A.Z.

Das Strafverfolgungsinteresse des Rechtsanwalts Kubicki verpuffte, der Comedian ist inzwischen freigesprochen worden. Das Amtsgericht Tiergarten sah in dem angezeigten Beitrag weder eine vorsätzliche Billigung einer Straftat noch die notwendige Eignung zur Störung des öffentlichen Friedens. Es ist aus Sicht des Durchschnittslesers deutlich geworden, dass der Autor nicht den Wunsch geäußert hat, Trump hätte besser getötet werden sollen. An diesem Ergebnis wird voraussichtlich auch das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft nichts ändern.

Die Grenzen des „guten Geschmacks“ dürfen überschritten werden

Das Bundesverfassungsgericht und der Bundesgerichtshof haben in zahlreichen Entscheidungen festgelegt, dass Gerichte bei der Prüfung einer satirischen Äußerung deren Aussagekern zu ermitteln haben – befreit von gewählten Stilmitteln wie der Verzerrung oder Übertreibung. Die Grenzen des sogenannten guten Geschmacks dürfen überschritten werden, eine Niveaukontrolle steht den Gerichten nicht zu. Auch das jüngste Rechtsschutzbegehren von Christian Lindner ist daran zu messen.

Dieser Text stammt aus der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.



Der hat Klage gegen das Satiremagazin „Titanic“ eingereicht, auf dessen Titel im Januar das Ultraschallbild eines Fötus nebst abfallendem Pfeil und dem Zusatz „Baby-Glück im Eimer. Es wird ein Low Performer! Lindner stellt Eilantrag zur Abschaffung von § 218“ erschien.

Lindner sieht die Veröffentlichung nicht von der Kunstfreiheit gedeckt und verlangt Schmerzensgeld. Kommt das Landgericht Hamburg zu dem Schluss, dass die „Titanic“ dem Ex-Minister nicht nachsagte, seinem ungeborenen Kind die Abtreibung zu wünschen, wird auch dieses Titelbild von Artikel 5 des Grundgesetzes gedeckt, was zu erwarten ist. Die Justiz hat Besseres zu tun, als Geschmacksfragen zu klären.

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