Erding: Anbau ans Museum Franz Xaver Stahl wird zum Künstlerhaus – Erding | ABC-Z

Der erste Stock im Museum Franz Xaver Stahl wirkt, als hätte der 1977 verstorbene Erdinger Maler nur mal schnell seine Wohnung für eine Besorgung verlassen: Ölbilder im Goldrahmen an der Wand, Kaffeetasse mit Blümchenmuster auf dem Tisch und der letzte Zigarillo auf dem Aschenbecher im Atelier. Durch eine Tür im Erdgeschoss betritt man eine andere Welt. Ein moderner Anbau mit Depot und Veranstaltungsraum wird gerade fertiggestellt. Museumsleiterin Heike Kronseder ist begeistert. Nur die eine unverputzte Innenwand aus Beton findet sie noch ein wenig gewöhnungsbedürftig.
Das Museum Franz Xaver Stahl an der Landshuter Straße kennt in Erding fast jedes Kind, schließlich führt Kunsthistorikerin Kronseder regelmäßig Schülerinnen und Schüler durch das ehemalige Wohnhaus des Malers (1901 bis 1977). Dessen Lieblingsmotive: Tiere, gerne Kühe und Pferde. Das denkmalgeschützte Haus aus der Biedermeierzeit hat vor elf Jahren seine Witwe Margarete Stahl der Stadt vermacht – mitsamt den Werken Stahls und ihres ersten Ehemanns Johann Georg Schlech.
Bei der Besichtigung des Erweiterungsbaus ist auch Architekt Heinz Walbrunn aus Bockhorn dabei. Außen leuchtet die Fassade golden in der Augustsonne. „Das wird aber nicht so bleiben“, betont Walbrunn. Die Kupferzinklegierung wird mit der Zeit dunkler werden und das Aussehen von verwittertem Messing annehmen, mit Grünstich – das sei auch so gewollt. Der Anbau füge sich so besser ein, auch in den Garten davor. Er solle sich nicht zur Schau stellen, „er duckt sich hinten rein“, sagt der Architekt.
Eine Rampe führt zu einer Glasfront mit Doppeltür. Hier wird künftig der Eingang für das Museum sein, wie Leiterin Kronseder erläutert. Knapp 300 Quadratmeter umfasst der Raum im Erdgeschoss. Eine tragende Betonwand bleibt unverputzt, „der Rücken des Hauses“, so Architekt Walbrunn. Die graue Farbe werde sich mit der Zeit noch aufhellen. Fachleute hätten zudem versichert, dass eine „harte, glatte Wand“ vorteilhaft für die Akustik sei. Der nackte Beton: „Das kann ich mir noch nicht so recht vorstellen“, sagt Heike Kronseder. Aber auch Kunst müsse nicht jedem gefallen.

Dafür ist sie ansonsten restlos begeistert von dem modernen hellen Raum, der ein Ort werden soll für Begegnung, soziale Integration und Inklusion. Vorträge, Konzerte, Kurse, Ausstellungen sollen hier stattfinden – mit barrierefreiem Zugang und damit für alle erreichbar. Der Saal ist bestens präpariert: Rollschienen im Boden ermöglichen es, Ausstellungswände je nach Bedarf zu verschieben. In der Betonwand ist ebenfalls eine Schiene für Bildhängungen eingelassen. Links neben dem Eingang wird die Theke für den Empfang eingebaut. Auch einen Tresen für Kaffee oder Getränke wird es geben.
Im Untergeschoss wartet ein klimatisiertes Kunstdepot auf die vielen Werke, die Grafiken, Skizzen, Gemälde. Diejenigen, die aktuell nicht gezeigt werden können, hat das Museum mehr schlecht als recht in der Stadtbibliothek gelagert. Endlich könnten die Objekte sachgerecht untergebracht werden, freut sich Kronseder. Später sind Führungen für Kleinstgruppen durchs Depot geplant.

Vor dem Haupteingang soll es künftig auch Sitzmöglichkeiten mit Blick in den Garten mit altem Baumbestand geben. Noch führt eine breite Kiesschneise für Baufahrzeuge durch das Grün. Die Strecke sei mit Vlies unterlegt, „es gibt den Rasen noch“, sagt Kronseder, und der Garten werde wieder schön, da ist sie sicher. Dann sollen dort wieder Malkurse, Workshops und Veranstaltungen stattfinden.


Wenn alles glattläuft, werde der Bau im Dezember fertiggestellt, sagt Architekt Walbrunn. Die offizielle Eröffnung soll laut Kronseder im April 2026 mit einer Fotoausstellung gefeiert werden. Dann werden sowohl Museum als auch Veranstaltungsstätte täglich außer Montag von 13 bis 17 Uhr geöffnet sein. Mit den zusätzlichen Aufgaben werde auch mehr Personal erforderlich. Bereits heute wird Heike Kronseder von der jungen Kulturhistorikerin Simone Lachmann unterstützt. Von kommendem Jahr an werden sie sich die Arbeit teilen.
Die Stadt Erding rechnete zuletzt mit Kosten von etwa 5,2 Millionen Euro für den Anbau. Fördermittel sind aktuell in Höhe von etwa drei Millionen Euro bewilligt. Nun kommen noch zusätzliche Kosten in Höhe von 180 000 Euro hinzu, die der Stadtrat jüngst ohne Diskussion genehmigt hat. Laut der Rathausverwaltung braucht es unter anderem noch ein Gerätehaus für den Garten. Dort soll auch ein Kunstwerk aufgestellt werden. Darüber hinaus muss der Vorplatz hergerichtet werden, und zum Altbau ist ein weiterer Übergang nötig, der als Backoffice beziehungsweise Verkaufsraum genutzt werden soll.
Einen Namen hatte der Anbau bisher nicht. Die Entscheidung war im vergangenen Jahr mehrfach vertagt worden, nachdem sich weder für „Künstlerhaus“, „Künstlergarten“, „Artothek“ oder „Edelstahl“ eine Mehrheit gefunden hatte. Nun hat man sich offensichtlich auf „Künstlerhaus am Stahlmuseum“ geeinigt. Unter diesem Namen stand der Anbau zumindest auf der Tagesordnung der Stadtratssitzung. Hundert Prozent offiziell sei diese Bezeichnung aber noch nicht, erklärt Kulturreferent Ludwig Kirmair (CSU) auf Nachfrage. Der Favorit von Heike Kronseder ist aber wohl aus dem Rennen: Sie hatte für „KunstQuarTIER“ plädiert.