Ressourcenschutz in Berlin: Lasst kaputt, was euch kaputtgeht | ABC-Z

Von A wie Akku-Astschere bis Z wie Zerkleinerer: Mit dem Bonus konnten sich Berliner:innen die Kosten für die jeweilige Reparatur zur Hälfte vom Land Berlin erstatten lassen. Maximal gab es 200 Euro pro Person und Jahr. Das lief so gut, dass im laufenden Jahr bereits Ende Juni ein Antragsstopp verhängt wurde, weil die Projektmittel für 2025 aufgebraucht waren. Und geht es nach der zuständigen Senatorin Ute Bonde (CDU), war es das dann auch.
„Nach aktuellem Stand wird das Programm für den Reparaturbonus nicht fortgesetzt, da derzeit keine finanziellen Mittel zur Fortsetzung zur Verfügung stehen“, teilt Bondes Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt auf taz-Anfrage mit. Mehr gebe es dazu vorerst nicht zu sagen.
Dem Vernehmen nach sind sich Teile der Senatsverwaltung zwar einig, dass das Projekt ein voller Erfolg war. Trotzdem sieht man für dessen Zukunft schwarz. Vor allem, weil Bondes Haus im Doppelhaushalt 2026/27 zu den Verlierern gehört. So soll ihre Senatsverwaltung laut dem jüngst vorgestellten Haushaltsentwurf im kommenden Jahr nur noch 2,97 Milliarden Euro ausgeben – fast 500 Millionen Euro weniger als für 2025 eingepreist sind.
Für die Senatorin nur ein Nice-to-have
Aus der Behörde heißt es, angesichts der vielen Berliner Schrottbrücken und sonstigen Desaster im Verkehrsinfrastrukturbereich müsse halt priorisiert werden. Der in diesem Jahr noch mit 1,25 Millionen Euro pro Jahr zu Buche schlagende Bonus soll für Bonde nur ein Nice-to-have sein.
Nun steht die Senatorin ohnehin nicht in dem Ruf, sich groß für die Belange von Umwelt- und Klimaschützer:innen zu erwärmen. Trotzdem klang das vor einem Jahr noch anders.
„Wir brauchen ein neues Bewusstsein für den Umgang mit defekten Geräten“, erklärte die CDU-Politikerin bei der Einführung des Reparaturbonus Mitte September 2024. Die erste Reaktion auf einen Defekt solle nicht mehr die Suche nach einem günstigen Ersatzgerät sein. „Der erste Gedanke sollte immer der Frage gelten: Wo bekomme ich das repariert?“, so Bonde.
Schon damals musste die Senatorin im Vorfeld allerdings zum Jagen getragen werden. Lange blieb unklar, welche Geräte gefördert werden und wie hoch der Maximalzuschuss sein wird. Als der Bonus dann an den Start ging, hieß es, aufgrund der Haushaltslage könne nicht gesagt werden, ob das Programm 2025 fortgeführt werden kann. Der Bonus überstand alle Kürzungen. Bis jetzt.
Widerstand aus der SPD-Fraktion
Die SPD-Politikerin Linda Vierecke will das nicht hinnehmen. „Ich blicke für meinen Bereich mit großer Sorge auf die Haushaltsaufstellung und befürchte Schlimmes“, sagt die umwelt- und klimaschutzpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus zur taz.
Ihr sei bewusst, dass Berlin hoch verschuldet und knapp bei Kasse sei und sich weiter verschuldet. „Aber bei einem 44-Milliarden-Euro-Haushalt im nächsten Jahr müssen 1,25 Millionen für den Reparaturbonus drin sein. Das ist ein kleiner Tropfen mit großer Wirkung.“
In den nicht mal zehn Monaten seines Bestehens bewilligte die mit der Abwicklung der Bonusauszahlungen vom Senat beauftragte IBB Business Team GmbH gut 15.000 Anträge. Ganz vorne mit dabei war die Reparatur von Handys und Laptops, gefolgt von Wasch- und Geschirrspülmaschinen, wie aus einer von Vierecke bei der Umweltverwaltung erfragten Auflistung hervorgeht.
Durch den Verzicht auf das Prinzip „Wegwerfen und neu kaufen“ wurden demnach allein im vergangenen Jahr zwischen Mitte September und Jahresende 984 Tonnen CO2 eingespart. Das ist genau genommen ebenfalls nur ein kleiner Tropfen. So betrugen die CO2-Emissionen Berlins im Jahr 2023 ganze 14,5 Millionen Tonnen.
Andererseits: Kleinvieh macht auch Mist. „Und die starke Nachfrage nach dem Bonus zeigt doch, dass Nachhaltigkeit und Ressourcenschutz vielen Berliner:innen einfach unglaublich wichtig ist“, sagt Linda Vierecke.
Auch lokales Handwerk hat profitiert
Tobias Quast-Malur vom Umwelt- und Naturschutzverband BUND Berlin sieht das genauso. „Der Bonus gibt für viele Menschen den Anstoß, statt eines schnellen Neukaufs die Instandsetzung defekter Geräte überhaupt erst wieder ernsthaft ins Auge zu fassen“, sagt der Referent für Abfall- und Ressourcenpolitik zur taz.
Neben der Umwelt und den Verbraucher:innen profitiert auch das lokale Handwerk. Tatsächlich wurden nach Angaben der Investitionsbank Berlin gut drei Viertel der Reparaturen in kleinen Berliner Werkstätten oder Fachgeschäften durchgeführt. Für Quast-Malur „eine Win-win-win-Situation“.
Umso unverständlicher sei es, dass der Reparaturbonus nun „gleich wieder dem Sparzwang zum Opfer fallen“ soll, sagt der Umweltexperte. Berlin sollte sich stattdessen an Thüringen oder der österreichischen Hauptstadt Wien orientieren. Auch hier wurden Förderprogramme für Reparaturen von Elektrogeräten aufgelegt, nur eben aufgrund der starken Nachfrage nicht sofort wieder eingestampft, sondern „bereits vielfach verlängert und ausgedehnt“.
SPD-Politikerin Linda Vierecke kündigt unterdessen an, dass die Messe für sie noch lange nicht gesungen ist. Wenn die Senatorin meine, auf den Reparaturbonus im Doppelhaushalt 2026/27 verzichten zu können, werde sie als Abgeordnete nach der Sommerpause dafür sorgen, dass er dort wieder reinkommt.
Der Haushalt werde Ende des Jahres schließlich nicht vom Senat, sondern vom Abgeordnetenhaus final beschlossen. Vierecke sagt: „Ich musste schon für die Einführung des Reparaturbonus kämpfen. Dann kämpfe ich jetzt eben für die Fortführung.“