Geopolitik

Kinder im Gazastreifen: “Es ist ein Armutszeugnis, dass sich die Bundesregierung nicht bemüht” | ABC-Z

Auf die Frage, wie die Bundesregierung auf das Leid im
Gazastreifen reagieren sollte, gibt es große und kleine Antworten. Bei den großen
Antworten tut sich die schwarz-rote Koalition dieser Tage schwer – sei es bei
einem Stopp von Waffenlieferungen oder einer Aussetzung des
EU-Assoziierungsabkommens.

Doch was ist mit den kleinen Antworten? Mit denen, die keine
Abkehr von der bisherigen Israel-Politik erfordern, aber trotzdem Menschen in
Gaza nachhaltig helfen könnten? Auch zu diesen ist von der Bundesregierung kaum
etwas zu hören – abgesehen vom ineffizienten Abwurf von Hilfsgütern aus Flugzeugen über Gaza.

Dabei würde es Wege geben, um zumindest einen kleinen, aber wirksamen
Beitrag zu leisten. Dazu gehört etwa die Evakuierung von schwer verletzten
Kindern aus dem Gazastreifen, um diesen in Deutschland eine lebensrettende
Behandlung zu ermöglichen. Es gibt deutsche Hilfsorganisationen und Krankenhäuser, die sich bereits im vergangenen Jahr bereit erklärt haben, die Kosten für Flüge und Behandlung
zu übernehmen. Zuletzt boten die Städte Hannover und Düsseldorf an, die Kinder sogar langfristig bei sich aufnehmen zu wollen.

Die Bundesregierung evakuierte nur zwei Kinder

Allerdings scheint die Bundesregierung an dem Thema kein Interesse
zu haben. Im “Hauptfokus” stünde die Ausweitung der medizinischen Hilfe “vor Ort und
in regionaler Nähe”, sagte am Sonntag ein Sprecher des Bundesinnenministeriums. Seit
Beginn des Krieges wurden insgesamt nur zwei Kinder aus dem Gazastreifen evakuiert und in Deutschland
behandelt. Die Zusage für die zwei Patienten erteilte damals die
Ampelregierung und erklärte die Zurückhaltung unter anderem damit, dass die notwendigen
Begleitpersonen – etwa die Eltern – Unterstützer der Hamas sein könnten.

Die aktuelle Koalition argumentiert nun ähnlich. Insbesondere bei den erwachsenen
Begleitpersonen müsse sichergestellt werden, dass gegen die Einreise nach
Deutschland keine Sicherheitsbedenken bestünden, heißt es aus dem
Auswärtigen Amt. Zudem
lägen der Bundesregierung aktuell keine Anfragen von Hilfsorganisationen für
weitere Behandlungen in Deutschland vor.

Dass
keine Anfragen vorliegen sollen, überrascht. Deutsche Hilfsorganisationen engagieren
sich schon länger für medizinische Evakuierungen. Auch die Weltgesundheitsorganisation
(WHO) trommelt seit Monaten bei ihren Mitgliedsstaaten um Unterstützung. “Mehr
als 13.000 Patienten benötigen dringend medizinische Versorgung außerhalb des
Gazastreifens”, erklärt eine WHO-Sprecherin auf Anfrage. 

Bisher wurden 7.507 Patienten aus dem Gazastreifen
zur medizinischen Behandlung evakuiert, darunter 5.201 Kinder. Die
Hauptaufnahmeländer sind Ägypten (3.995), die Vereinigten Arabischen Emirate
(1.387), Katar (970) und die Türkei (435). Die Liste der Patienten wird vor der
Ausreise den israelischen Behörden und den Aufnahmeländern zur Sicherheitsüberprüfung vorgelegt, erklärt
die WHO-Sprecherin.

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