Meinungen

American Eagle-Werbung mit Sydney Sweeney: Blond, weiß, Bluejeans | ABC-Z

„Genes“ und Jeans – schon klar, der Gleichklang im gesprochenen Englisch. Für dieses mittelmäßig clevere Wortspiel gibt es offenbar verschiedene Interpretationsmöglichkeiten. Wieso hat Sweeney „tolle Gene“? Option A: Wegen ihrer supertollen Figur. Option B: Weil sie blond, blauäugig und weiß ist. Soll hier mit dem Märchen der überlegenen weißen Genetik eine Hose verkauft werden? Die Kommentierung eines Influencers, die mehr als 200 000 Mal gelikt wurde: „Das ist buchstäblich Nazi-Propaganda.“

War es Unwissenheit, Faulheit oder pure Absicht? Keine dieser Optionen ist schmeichelhaft

Der vielfach geteilte Vorwurf an die American Eagle-Kampange ist, sie habe einen rassistischen Subtext, sei sogenanntes „Dog Whistling“. Und verbreite eine Botschaft, die – wie eine Hundepfeife, die dem Begriff den Namen gibt – nur für eine bestimmte (rassistische) Zielgruppe hörbar ist.

Die Kampagne fällt in eine Zeit, in der rechte Ideen verfangen; in der US-Präsident Trump regelmäßig von Blutlinien und „bad genes“ spricht, um Minderheiten zu diskriminieren. „American Eagle“-CEO Jay Schottenstein soll Trump im Wahlkampf finanziell unterstützt haben. Und wurde Sweeney 2022 nicht auf einer Familienfeier gesehen, bei der rote Kappen mit dem Slogan „Make Sixty Great Again“ getragen wurden?

Dabei ist vielleicht gar nicht entscheidend, ob „American Eagle“ die Eugenik-Lesart ihres Spots aus Unwissenheit, Faulheit oder purer Absicht zuließ. Keine der genannten Optionen ist besonders schmeichelhaft. Sollte die dritte Option aber zutreffen und der Rassismusvorwurf bereits eingepreist gewesen sein, ging die Spekulation mit der Aufmerksamkeits-Ökonomie auf – der Aktienkurs von „American Eagle“ stieg zuletzt rasant.

Wie heute üblich ist die Kritik aus progressiven Kreisen laut, der Backlash darauf noch lauter. Steven Cheung, Kommunikationsdirektor des Weißen Hauses, kommentierte auf X: „Cancel Culture läuft Amok“. Schon 85 Fernsehminuten über die Jeans-Kontroverse auf Fox News („Liberals hate hot people!”) zählte die Nonprofit-Organisation „Media Matters“ seit vergangenem Montag. Nur am Rande: Im selben Zeitraum zählten sie ganze drei Minuten Fox News zu Trumps möglicher Nennung in den Jeffrey-Epstein-Akten.

Auch der rechtsextreme Aktivist Martin Sellner freute sich über einen deutschen Schäferhund in einem weiteren Sweeney-Jeans-Spot („Das wird die Linken brechen“), ein anderer rechter Account teilt sein Outfit: „Hab schon Jeans getragen, bevor es cool war“. Die Botschaft klar: Die hysterischen Linken haben Angst vor schönen Blondinen und einer Hosenwerbung.

Sydney Sweeneys Sexualisierung war nicht immer selbstbestimmt, das ist klar

Der Atlantic beschreibt den Wahnsinn der immergleich choreografierten Internetdebatte treffend als einen Kreislauf an „Erklärungen, in Form von Social-Media-Kommentaren, die zum Anlass für die Erklärung eines anderen werden“. Empörung über den Werbespot, Empörung über die Empörung. Unterm Strich bleibt, dass niemand dem anderen zuhört.

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