Nahost-Liveblog: ++ Mehr als 1.300 Hilfesuchende in Gaza getötet ++ | ABC-Z

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Im Gazastreifen sind nach UN-Angaben seit Ende Mai mehr als 1.300 Menschen getötet worden, die auf der Suche nach Lebensmitteln waren. Deutschland stellt laut Außenminister Wadephul weitere fünf Millionen Euro für Gaza-Hilfen bereit.
Die wichtigsten Entwicklungen im Überblick
Nach Angaben des Palästinenserhilfswerks der Vereinten Nationen (UNRWA) stehen 6.000 mit Hilfsgütern beladene Lastwagen außerhalb des Gazastreifens. Sie warteten nur auf grünes Licht für die Einfahrt, erklärte UNRWA-Chef Philippe Lazzarini am Freitag. Luftabwürfe seien hingegen ineffizient und unzureichend. Es gebe keine Alternative zu einer UN-koordinierten Hilfe, sagte Lazzarini.
Die Vereinten Nationen hatten zuvor Israel erneut vorgeworfen, humanitäre Hilfe im Gazastreifen zu behindern. Ein Sprecher von UN-Generalsekretär António Guterres sagte am Donnerstag in New York, von 92 versuchten Hilfstransporten am Mittwoch seien 16 Prozent verweigert worden; 26 Prozent seien auf Schwierigkeiten gestoßen und deshalb in vielen Fällen abgebrochen oder nur teilweise ausgeführt worden.
Angesichts der humanitären Krise im Gazastreifen will Italien erneut kranke palästinensische Kinder und ihre Begleitpersonen zur Behandlung ausfliegen lassen. Außenminister Antonio Tajani erklärte, man arbeite an einem entsprechenden Evakuierungsplan. Insgesamt sollen rund 50 Menschen ausgeflogen werden. Zudem kündigte Tajani an, auch Hilfsgüter aus der Luft über den Gazastreifen abwerfen zu lassen. Einen genauen Zeitpunkt nannte Tajani nicht. Zusätzlich plant Italien, weitere fünf Millionen Euro für den Kauf von Lebensmitteln bereitzustellen.
Der finnische Präsident Alexander Stubb hat nach dem Vorbild anderer europäischer Länder die Anerkennung eines eigenständigen Palästinenserstaates in Aussicht gestellt. Entsprechende Entscheidungen etwa von Frankreich und Großbritannien verstärkten “die Dynamik zugunsten der Anerkennung von Palästina im Rahmen der Bemühungen zur Wiederbelebung des Friedensprozesses”, erklärte Stubb auf X.
Er selbst unterstütze eine Zweistaatenlösung in Nahost und sei bereit, im Falle eines entsprechenden internationalen Vorstoßes einen Palästinenserstaat anzuerkennen. Die Macht des finnischen Präsidenten wird durch die des Regierungschefs eingeschränkt. Der Präsident bestimmt die Außenpolitik in enger Abstimmung mit der Regierung.
Der US-Sondergesandte für den Nahen Osten, Steve Witkoff, hat eine Verteilstelle für Hilfsgüter der von den USA und Israel unterstützten Stiftung Gaza Humanitarian Foundation (GHF) besucht. Der US-Botschafter in Israel, Mike Huckabee, veröffentlichte im Onlinedienst X Fotos des Besuchs ohne eine genaue Ortsangabe.
“Wir haben mit der israelischen Armee und Leuten vor Ort gesprochen”, schrieb Huckabee. GHF verteile “mehr als eine Million Mahlzeiten am Tag”. Das sei “eine unglaubliche Leistung”, fügte er hinzu. Witkoff werde anschließend US-Präsident Donald Trump informieren, um einen umfassenden Plan für die Lieferung von Lebensmitteln und Hilfsgütern auf den Weg zu bringen, hatte das Weiße Haus zuvor bekanntgegeben.
Im Gazastreifen sind nach UN-Angaben seit Ende Mai mehr als 1.300 Menschen bei der Suche nach Nahrung getötet worden. Davon starben 859 in der Nähe von Standorten der Gaza Humanitarian Foundation (GHF), einer Stiftung, die von den USA und Israel unterstützt wird, wie das Büro des Hohen Kommissars für Menschenrechte mitteilte. Weitere 514 Menschen seien entlang der Routen der Lebensmittelkonvois getötet worden. Der Großteil der Menschen sei von der israelischen Armee getötet worden, so das UN-Büro.
Die umstrittene GHF hatte in den vergangenen Monaten Lebensmittelhilfen im Gazastreifen verteilt und die UN-Behörden als Hauptverteiler von Hilfsgütern abgelöst.
Die israelische Armee hat erneut Ziele im Libanon angegriffen. Laut Armeeangaben galten die Attacken gestern Abend Produktionsstätten für Sprengstoff und unterirdischen Waffenlagern der islamistischen Hisbollah im Osten und Süden des Landes. Das libanesische Gesundheitsministerium spricht von vier Toten.
Die israelische Armee wirft der Hisbollah vor, durch den Ausbau der Produktions- und Lagerstätten für Waffen eine im November 2024 in Kraft getretene Waffenruhe zu verletzen. Israel hat in den vergangenen Monaten immer wieder Ziele im Libanon bombardiert, zuletzt Mitte Juli. Die Hisbollah hatte nach dem Beginn des durch den Angriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023 ausgelösten Gaza-Krieges mit verstärkten Raketenangriffen auf Israel begonnen. Israel reagierte mit massiven Luftschlägen auf Ziele im Libanon und einer Bodenoffensive. Ende November 2024 trat eine Waffenruhe in Kraft.
Außenminister Wadephul hat die Gewalt israelischer Siedler gegen Palästinenser im Westjordanland verurteilt. Bei einem Besuch in dem Palästinensergebiet sagte der CDU-Politiker, solche Taten seien Verbrechen und Terror. Man müsse sie polizeilich verfolgen. Im Westjordanland haben die Übergriffe von Siedlern gegen Palästinenser seit Beginn des Gaza-Krieges im Oktober 2023 deutlich zugenommen.
“Israel muss als Besatzungsmacht und als Rechtsstaat Sicherheit und Ordnung durchsetzen und Straftaten verfolgen”, sagte Wadephul. Es müsse die palästinensische Bevölkerung vor den Straftätern schützen.
Die Bundeswehr hat den Abwurf von Hilfsgütern über dem Gazastreifen auf den Weg gebracht. Wie die Luftwaffe mitteilte, starteten zwei Transportflugzeuge vom Typ A400M mit 34 Paletten an Bord vom Stützpunkt in der Nähe von Jordaniens Hauptstadt Amman aus. Insgesamt handele es sich um 14 Tonnen Hilfsgüter, die inzwisschen abgeworfen worden seien. Für die nächsten Tage seien weitere Flüge geplant.
Kritiker halten die Versorgung der Menschen im Gazastreifen aus der Luft wegen der relativ geringen Mengen im Vergleich zu Lastwagentransporten für ineffektiv. Sie weisen zudem darauf hin, dass abgeworfene Paletten Menschen am Boden verletzen oder töten könnten.
Die Unruhen in Suweida im Süden Syriens sollen nach dem Willen der syrischen Übergangsregierung untersucht werden. Die staatliche Nachrichtenagentur Sana berichtet unter Berufung auf das Justizministerium, dass es einen Untersuchungsausschuss geben werde. Die Verantwortlichen sollen der Justiz übergeben werden.
Die Kämpfe in der Provinz Suweida Anfang Juli hatten Hunderte Todesopfer gefordert, Zehntausende wurden vertrieben. Milizen der drusischen Minderheit hatten sich mehr als eine Woche lang Gefechte mit sunnitischen Beduinenclans geliefert.
Viele Drusen werfen der islamistischen Regierung in Damaskus vor, gezielt gegen Angehörige ihrer Religionsgemeinschaft vorzugehen, um dem Ziel eines sunnitisch dominierten Syrien näherzukommen und den Drusen ihre Mitsprache zu verwehren. Nach dem Sturz von Machthaber Assad hatte der ehemalige Anführer eines islamistischen Rebellenbündnisses, Übergangspräsident al-Sharaa, versprochen, Minderheiten einzubinden und zu schützen.
Angesichts der dringend benötigten humanitären Hilfe im Gazastreifen hat Bundesaußenminister Wadephul weitere Unterstützung der Bundesregierung angekündigt. Beim Besuch einer UN-Einrichtung in Jerusalem sagte der CDU-Politiker, Deutschland werde dem UN-Welternährungsprogramm (WFP) zusätzliche fünf Millionen Euro zur Verfügung stellen.
Damit könne das WFP Nahrungsmittel bereitstellen sowie Bäckereien und Suppenküchen für die Zubereitung und Verteilung von Brot und warmen Mahlzeiten wieder in Betrieb nehmen. In den von Israel eingerichteten täglichen Kampfpausen für Teile des Gazastreifens sollen nun Wadephul zufolge wieder Güter durch die UN verteilt werden können. Außerdem finanziert die Bundesregierung ein Feldkrankenhaus der Malteser. Dieses wird demnach in Gaza-Stadt eine dringend benötigte grundlegende Gesundheitsversorgung anbieten.
Die humanitäre Lage im Gazastreifen hat dem Minister zufolge einen nie dagewesenen Tiefpunkt erreicht. In weiten Teilen des Gebiets herrsche Hungersnot. Um die humanitäre Katastrophe in dem Gebiet zu lindern, setze Deutschland weiterhin auf das UN-geführte Hilfssystem.
Der französische Außenminister Barrot hat angekündigt, dass sein Land noch heute 40 Tonnen Hilfsgüter über dem Gazastreifen abwerfen werde. Auf Franceinfo sagte Barrot, man dürfe keine Zeit verlieren. “Wir müssen den Gazastreifen mit Wasser, Nahrungsmitteln und Medikamenten überfluten.” Vier Flüge mit jeweils zehn Tonnen humanitärer Hilfe würden von Jordanien aus in Richtung Gazastreifen starten. Barrot betonte, diese Nothilfe reiche offensichtlich nicht aus, um den Bedarf der Bevölkerung zu decken. Die Situation sei absolut unerträglich.
Der Iran hat Vorwürfe westlicher Länder zurückgewiesen, staatliche Stellen würden Journalisten oder Ex-Regierungsbeamte entführen und ermorden. Der iranische Außenamtssprecher Bakaei bezeichnete die Anschuldigungen als haltlos. Mit den Vorwürfen wollten die westlichen Regierungen vom Vorgehen der israelischen Armee im Gazastreifen ablenken.
Es handele sich um “schamlose Lügen”, die Teil einer “böswilligen iranfeindlichen Kampagne” seien. Deutschland, die USA und ein Dutzend weitere Länder hatten dem Iran am Donnerstag vorgeworfen, Menschen auf ihrem Boden “zu töten, zu entführen und zu verfolgen”. Die iranischen Geheimdienste arbeiteten dabei zunehmend mit internationalen kriminellen Organisationen zusammen.
Die Terrorgruppe Hamas hat sich bereit erklärt, die ins Stocken geratenen Gespräche über eine Waffenruhe im Gazastreifen fortzusetzen. Voraussetzung sei, dass sich die humanitäre Lage in dem Gebiet verbessert, hieß es in einer Erklärung am Abend. Unter den aktuellen Umständen sei dies aber nicht möglich.
Zuletzt waren die indirekten Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas in der katarischen Hauptstadt Doha ins Stocken geraten. Die USA, Ägypten und Katar vermitteln dort zwischen den Parteien. Hamas und Israel machten sich gegenseitig für die Rückschritte in den Gesprächen verantwortlich. Die Hamas wirft Israel vor, sich “ohne Begründung” zurückgezogen zu haben. Israel wirft seinerseits der Hamas vor, die Gespräche herauszuzögern.
Die militante Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad hat ein sechs Minuten langes Video veröffentlicht, das die deutsch-israelische Geisel Rom Braslavski zeigen soll. Der junge Mann, der erkennbar zu dem Videoauftritt gezwungen wurde, appelliert an die israelische Regierung, seine Befreiung zu ermöglichen. Unklar ist, wann das Video entstanden ist. Der Islamische Dschihad hatte vergangene Woche erklärt, keinen Kontakt mehr zu Braslavski zu haben.
Braslavski war während des Angriffs der islamistischen Hamas und mit ihr verbündeter Terrorgruppen auf Israel am 7. Oktober 2023 von dem Musikfestival Supernova entführt worden, wo er als Sicherheitskraft gearbeitet hatte. Insgesamt starben an dem Tag etwa 1.200 Menschen. Mehr als 250 wurden verschleppt. 49 Geiseln sollen noch im Gazastreifen sein, 27 von ihnen sind nach Angaben der israelischen Armee bereits tot.
Bundesaußenminister Johann Wadephul will heute ins besetzte Westjordanland reisen und dort zu Gesprächen mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zusammenkommen. Bei dem Treffen in Ramallah dürfte es unter anderem um die wachsende Gewalt israelischer Siedler gegen dort lebende Palästinenser und um Überlegungen in Israel gehen, das Gebiet zu annektieren. Die Knesset, das israelische Parlament, hatte jüngst in einer Resolution eine Annexion befürwortet, was international auf erhebliche Kritik stieß. Auch die Bundesregierung lehnt einen solchen Schritt strikt ab.
CSU-Generalsekretär Martin Huber hat mögliche Sanktionen der Bundesregierung gegen Israel ausgeschlossen. International wächst die Kritik am israelischen Vorgehen im Gazastreifen und der dort herrschenden humanitären Notlage. Kritik an der israelischen Regierung sei möglich, betonte Huber im Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, “aber Sanktionen unter Freunden auf keinen Fall”. Auch Einreiseverbote, wie sie etwa die Niederlande gegen die rechtsextremen israelischen Minister Bezalel Smotrich und Itamar Ben-Gvir erlassen haben, schloss Huber aus.
Die Bundesregierung setze sich mit Nachdruck für ein Ende des Leides in Gaza ein, betonte Huber. Der Schlüssel für das Ende des Konflikts liege aber bei der militant-islamistischen Hamas. Diese müsse die israelischen Geiseln freilassen, die sich noch in ihrer Gewalt befinden, ihre Waffen niederlegen und das Existenzrecht Israels uneingeschränkt anerkennen.
Der Sondergesandte der US-Regierung, Witkoff, will sich morgen im Gazastreifen ein Bild von der humanitären Lage machen. Der frühere israelische Botschafter in Deutschland, Stein, vermisst eine Strategie, wie der Gaza-Krieg beendet werden kann.