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Wolfratshausen: Rund 300 Teilnehmer beim ersten CSD – Bad Tölz-Wolfratshausen | ABC-Z

Leo Köppl gesteht: „Manchmal habe ich Angst, allein durch Wolfratshausen zu laufen.“ Am vergangenen Samstag gab es dazu keinen Grund. Köppl lief gemeinsam mit an die 300 Menschen durch die Loisachstadt. Dort wurde zum ersten Mal der Christopher Street Day (CSD) begangen. Mit allen Farben des Regenbogens, mit fröhlicher Musik, Transparenten und mit dem Leitspruch, zu dem sich die Stadt seit Anfang des Jahres auch am und im Rathaus bekennt: „Wolfratshausen ist bunt.“

Die Ereignisse dieses Jahresanfangs haben queere Menschen einerseits geängstigt, andererseits aber auch gestärkt – und zusammenrücken lassen. Eines Morgens Mitte Januar waren Nazi-Schmierereien in der Wolfratshauser Marktstraße entdeckt worden: Hakenkreuze, „Heil Hitler“ und „Fuck LGBTQ“ – also eine Verfluchung der „Lesbisch, Schwul, Bisexuell, Transgender und Queer“-Community. Wenige Tage später war das Café eines homosexuellen Ehepaars zum zweiten Mal mit Hakenkreuzen besprüht worden, und auf einer Wand stand: „Wir kommen wieder! Scheiß Schwuchtel.“

Leo Köppl sagt am Samstag beim Demobeginn vor der Loisachhalle: „Das hat mir Angst gemacht.“ Köppl nennt sich selbst queer, autistisch, chronisch krank und betont: „Wir sind sichtbar, weil wir viel zu lang übersehen wurden.“

Leo Köppl eröffnet den CSD mit einem Appell an den Zusammenhalt. (Foto: Foto: Felicitas Amler)

Das war bei diesem CSD nicht mehr möglich. Trotz starken Regens leuchtete es zwischen Loisachhalle und Sebastiani-Steg allenthalben in Rot, Orange, Blau, Gelb, Grün, Indigo und Violett. „Auch Jesus hatte zwei Väter“, stand auf einem Transparent. „Kein Transregister. Schützt uns vor der AfD“ auf einem anderen. Initiator Raffael Joos (SPD) zeigte sich zufrieden mit der Teilnahme und Unterstützung durch die Gruppen „Für Demokratie und Vielfalt“, „WOR for future“, SPD, Grüne, Linke und FDP. Die kommunale Wahlgruppierung von Bürgermeister Klaus Heilinglechner, die Bürgervereinigung Wolfratshausen, hatte eine eigene Fahne mit angeheftetem Regenbogenbanner aufgestellt.

Unterstützer mit „WOR ist bunt“-Zylinder: Ludwig Gollwitzer (links), Vorsitzender des Historischen Vereins Wolfratshausen.
Unterstützer mit „WOR ist bunt“-Zylinder: Ludwig Gollwitzer (links), Vorsitzender des Historischen Vereins Wolfratshausen. (Foto: Fotos: Felicitas Amler)
Auch Hündin Stella trägt Regenbogenbanner.
Auch Hündin Stella trägt Regenbogenbanner. (Foto: Foto: Gabi Hüttl/oh)

Nicht wenige, die sich farbenfroh gekleidet, geschminkt oder mit Drag-Masken als queer präsentierten, kamen aus Wolfratshausen und Umgebung (Köppl: „Wir sind wirklich viele“), aber auch aus der Münchner Szene waren einige angereist, wie Joos erklärte. Ihnen und sich selbst rief Köppl zu: „Du bist nicht allein. Du bist nicht falsch. Du bist willkommen.“

Sebastian Roloff sprach von einem „historischen Tag“ für Wolfratshausen. Der SPD-Bundestagsabgeordnete für den Münchner Süden zollte den Veranstaltern dafür Respekt. Dass auf dem Bundestagsgebäude dieses Jahr zum CSD keine Regenbogenfahne aufgezogen werden durfte, nannte er einen Skandal. Bei der aktuellen Tendenz, „queere Sichtbarkeit schrittweise zurückzudrängen“, gelte es gegenzuhalten. Deswegen sei der erste CSD in der Loisachstadt „ein tolles Signal“.

Geleitet von der Polizei, die mit etlichen Kräften zur Regelung des Verkehrs anwesend war, zog die CSD-Demo dann durch die Innenstadt. Aus vielen Fenstern schauten Anwohnende zu, winkten und filmten mit dem Smartphone. Die Solidarität, die sich queere Menschen wünschen, zeigte auch Humplbräu-Wirt Benedikt Fagner. Obwohl Samstag sein Geburtstag war, stand er mit seinem Foodtruck zur Bewirtung der Demo-Teilnehmenden am Loisach-Parkplatz bereit. Dort konnte zum Abschluss trotz Schmuddelwetters noch regenbogenbunt gefeiert werden.

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