Geopolitik

Abschiebungen: Brandenburg will jesidische Familie aus dem Irak zurückholen | ABC-Z

Der brandenburgische Innenminister René Wilke (parteilos) setzt sich für die Rückkehr einer jesidischen Familie ein, die trotz der gerichtlichen Aufhebung ihrer Ausreisepflicht in den Irak abgeschoben wurde. “Angesichts der Verkettung der Umstände, des konkreten Schicksals der Familie und des Gebotes, Rechtskonformität herzustellen, habe ich die zuständigen Behörden in Brandenburg damit beauftragt, in Abstimmung mit den Behörden des Bundes auf die zügige Rückholung der Familie
hinzuwirken, sofern die gerichtliche Entscheidung Bestand hat”, sagte
Wilke. 

Dafür sei es “zwingend
notwendig, dass der Bund den Betroffenen die erforderlichen Reisepapiere
ausstellt und als Adressat der gerichtlichen Entscheidung diese
anerkennt”, sagte Wilke weiter. Das Auswärtige Amt steht eigenen Angaben zufolge dafür bereit, im Falle einer Rückkehr der Familie die notwendigen Papiere auszustellen. Eine Sprecherin sagte, der Sachverhalt werde von den
zuständigen Behörden sorgfältig geprüft. Das Auswärtige Amt stehe bereit, erforderliche Visa zu erteilen, sofern ein
Rechtsanspruch bestehe und alle Erteilungsvoraussetzungen erfüllt seien.

Die Familie mit vier minderjährigen Kindern war am Dienstag abgeschoben worden, obwohl ein Gericht ihre Ausreisepflicht am selben Tag aufgehoben hatte. Die Jesiden sind eine religiöse Minderheit. Die Anwältin der Familie hatte sich am Dienstag vor dem Abschiebeflug per Eilantrag ans Verwaltungsgericht Potsdam gewandt. Der schriftliche Beschluss des Gerichts, mit dem die Vollziehbarkeit der
Ausreisepflicht nachträglich aufgehoben wurde, habe jedoch erst nach der
Landung der Familie in Bagdad vorgelegen.

Kritik an der Abschiebung von SPD, Grünen und der Linken

Die beteiligten Behörden treffe keine Schuld, sagte Landesinnenminister Wilke. “Der Vorgang wirft in seinen Abläufen dennoch
Fragen auf, die es gilt, für die Zukunft aufzuarbeiten.”

Nach der Abschiebung am Dienstag hatten Politiker von SPD, Grünen und der Linken die Rückholung der
Familie gefordert. 

Die jesidische Familie, die in Lychen in der Uckermark wohnte, hatte
bereits 2023 gegen die Ablehnung ihres Antrags auf internationalen
Schutz und gegen die Abschiebeandrohung geklagt. Das Bundesamt für
Migration und Flüchtlinge (Bamf) lehnte den Asylantrag der Familie
jedoch ab. 

Die Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl kritisiert
die deutsche Abschiebepraxis
 als unmenschlich und fordert einen
Abschiebestopp für Jesidinnen und Jesiden aus dem Irak. Der Bundestag
hatte 2023 Verbrechen der Terrormiliz “Islamischer Staat” (IS) im Jahr
2014 an den Jesidinnen und Jesiden als Völkermord anerkannt.

Restriktivere Migrationspolitik, mehr Abschiebungen als im Vorjahr

Deutschland hat im ersten Halbjahr 2025 im Vergleich zum
Vorjahreszeitraum deutlich mehr Menschen abgeschoben. “Im Zeitraum vom Januar bis Juni
2025 sind 11.807 Personen abgeschoben worden”, heißt es in einer Antwort
des Bundesinnenministeriums auf eine parlamentarische Anfrage des
AfD-Abgeordneten Leif-Erik Holm im Bundestag, die den Nachrichtenagenturen dpa und AFP vorlag.

Zum Vergleich: Im ersten
Halbjahr 2024 hatte es Angaben aus dem August letzten Jahres zufolge insgesamt 9.465 Abschiebungen gegeben. Laut den neuen Zahlen aus dem Ministerium von
Alexander Dobrindt (CSU) waren im gesamten Jahr 2024 insgesamt 20.084
Menschen aus Deutschland abgeschoben worden. Damals war noch die
SPD-Politikerin Nancy Faeser Bundesinnenministerin. Dobrindt kündigte
kurz nach der Amtsübernahme im Mai als Teil einer rigiden Migrationspolitik auch mehr Abschiebungen an.

Back to top button