Vor Berlin-Wahl 2026: BSW schließt Parteiaufbau in allen Berliner Bezirken ab | ABC-Z

Vor Berlin-Wahl 2026
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BSW schließt Parteiaufbau in allen Berliner Bezirken ab
So 20.07.25 | 09:22 Uhr | Von
Das BSW wird von diesem Wochenende an in allen Berliner Bezirken vertreten sein, Sonntag gründen sich die letzten Verbände. Eine neue Mitgliederpolitik soll dafür sorgen, dass die Partei gut aufgestellt ist für den Wahlkampf 2026. Von Sabine Müller
Ein Jahr nach der Gründung des Berliner Landesverbandes geht das “Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit” den nächsten wichtigen Schritt in der Hauptstadt. Vor zwei Wochen wurden die ersten sechs Bezirksverbände gegründet, an diesem Wochenende folgen sechs weitere. Dann ist die Partei in allen zwölf Bezirken vertreten.
Co-Landeschef Alexander King nennt die Bezirksverbände entscheidend für die “Verankerung der Partei in der gesamten Stadt”. Das BSW braucht eine starke Parteibasis auf Bezirksebene, um gerüstet zu sein für den nächsten Wahlkampf. Im Herbst 2026 werden in Berlin neben dem Abgeordnetenhaus auch die Bezirksverordnetenversammlungen gewählt.
Strenge Aufnahmepolitik bremste Aufbau
Ein Jahr hat es nach der Gründung des Landesverbandes gedauert, bis die Bezirksverbände stehen. Warum so lange? Der Politikwissenschaftler und BSW-Experte Jan Philipp Thomeczek von der Uni Potsdam nennt die Aufnahmestrategie als Grund: “Wenn man so wählerisch ist, hat man auf der untersten Ebene in den Bezirken zu wenig Mitglieder, um überhaupt Verbände zu gründen”.
Aus Angst vor Unterwanderung habe die Partei neue Mitglieder nur zögerlich aufgenommen. Dass sich Parteigründerin Sahra Wagenknecht jedes neue Mitglied persönlich aussuche, weist Berlins Co-Landeschef King im rbb-Interview zurück. Aber strikt sei die “berühmt-berüchtigte” Aufnahmepolitik in der Gründungsphase schon gewesen – zu Recht, sagt er. “Wenn sehr schnell Mitglieder eintreten, die man gar nicht richtig kennt, weiß man nicht, wohin sich eine Partei entwickelt”.
Mitgliederzahlen steigen, das nächste Ziel: vierstellig
Mittlerweile geht es bei den Aufnahmen etwas lockerer zu, auch wenn der Bundesvorstand weiter bei jedem Antrag das letzte Wort hat. Seit der Bundestagswahl hat sich die Mitgliederzahl des BSW in Berlin knapp verdreifacht, aktuell liegt sie nach Kings Angaben bei etwa 300.
In einigen Bezirken sind es um die 15 (Steglitz-Zehlendorf, Spandau, Neukölln), in anderen über 40 (Charlottenburg-Wilmersdorf und Pankow). Bis zum Jahresende will das BSW vierstellig sein. Laut King sind viele Mitgliedsanträge in Bearbeitung, auch von Menschen, die dem Parteivorstand nicht persönlich bekannt sind.
Fokus im Wahlkampf: Frieden, Corona-Aufarbeitung, direkte Demokratie
Für einen erfolgreichen Wahlkampf reicht Organisation allein aber nicht, es braucht mehr als Mitglieder, die Plakate kleben und Wahlkampfstände betreuen: Es braucht Themen, die in der Hauptstadt ziehen. Alexander King kündigt als Schwerpunkte für den Berliner Wahlkampf an: Friedenspolitik, die Aufarbeitung der Corona-Politik und mehr direkte Demokratie (das BSW will Volksabstimmungen ermöglichen). “Das BSW steht nicht unbedingt für neue Positionen”, analysiert Parteienforscher Jan Philipp Thomeczek. “Aber es kombiniert bestehende Positionen in einem neuen Angebot”.
So sei eine harte Haltung bei der Zuwanderung gepaart mit einer eher linken Sozial- und Wirtschaftspolitik. “Diese Kombination von Positionen findet man nur beim BSW”. Neben klaren Positionierungen zu den großen politischen Fragen geht es aber auch darum, sich mit kommunalpolitischen Themen zu profilieren, zugeschnitten auf die Bezirke. Dazu beschäftigen sich laut King aktuell 18 Arbeitsgruppen mit Themen von Verkehrs- bis Medienpolitik.
BSW will 2026 in Bezirke und Abgeordnetenhaus
Welches Potential das BSW in Berlin hat, gerade wenn es mit bekannten Gesichtern antritt, zeigte bei der Bundestagswahl Spitzenkandidat Oliver Ruhnert, Ex-Manager von Fußball-Bundesligist Union Berlin. Im Wahlkreis Marzahn-Hellersdorf holte er 8,6 Prozent der Erststimmen. In den Bundestag kam er trotzdem nicht, weil das BSW bundesweit denkbar knapp an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte und den Einzug ins Parlament verpasste.
Nun ist Ruhnert wieder zurück auf seinem Posten als Chefscout bei Union. Ob er auch bei der Abgeordnetenhauswahl eine Rolle spielen wird, ist unklar. Berlinweit holte das BSW bei der Bundestagswahl im Februar 6,7 Prozent, 130.000 Wählerinnen und Wähler machten ihr Kreuz bei der Wagenknecht-Partei. “Wenn wir dieses Niveau halten könnten, wäre ich sehr froh”, sagt Co-Landesvorsitzende Alexander King. “Das ist für mich der Maßstab, an dem ich unseren Erfolg messe.”
BSW plant Einzug in Bezirksparlamente
2026 möchte das BSW neben dem Abgeordnetenhaus auch in alle Bezirksparlamente einziehen. Aktuell ist King, der früher der Linkspartei angehörte, im Abgeordnetenhaus der einzige BSW-Vertreter. Außerdem stellt die Partei acht Bezirksverordnete, in Lichtenberg hat sie Fraktionsstärke.
Politikwissenschaftler Jan Philipp Thomeczek von der Uni Potsdam sieht in der Berliner Parteienlandschaft Platz für das Bündnis Sahra Wagenknecht. Die Wahlergebnisse in Berlin seien volatil, sagt er dem rbb, es gebe viel Wählerwanderung. “Die Möglichkeit besteht auf jeden Fall, dass sich das BSW auch in Berlin etablieren kann und langfristig immer ins Abgeordnetenhaus einziehen wird”.
Sendung: rbb24 Inforadio, 19.07.2025, 6:00 Uhr