So war Connie Francis: Nachruf auf die Schlagersängerin | ABC-Z

Einen persönlicheren Abschied hätte Connie Francis sich nicht wünschen können. Am Donnerstag, einen Tag nach dem Tod der Sängerin, stellte sich die Schauspielerin Gracie Lawrence auf eine Bühne in New Yorks Bryant Park und sang „Who’s Sorry Now?“, den Titel, der die Verstorbene im Jahr 1958 berühmt gemacht hatte. „Hört euch auch das Original an“, bat die Achtundzwanzigjährige, die gerade als Francis für das Musical „Just in Time“ am Broadway auftritt. „In ihrer Stimme hört man Resilienz, Charakter, Persönlichkeit, Humor, Verletzlichkeit und Stärke – alles, was Connie Francis ausmachte.“
Die Tränen konnte Lawrence bei der Hommage unter freiem Himmel kaum zurückhalten. Nur wenige Stunden vor dem Auftritt hatte Francis’ Vertrauter Ron Roberts den Tod des Weltstars der Fünfziger- und Sechzigerjahre bekannt gegeben. Anfang Juli war Francis mit „extremen Schmerzen“, wie sie die Fans wissen ließ, in ein Krankenhaus in Florida gebracht worden. In sozialen Medien teilte die Siebenundachtzigjährige einige Tage später mit, sich wieder besser zu fühlen. Die letzten Monate hatte Francis nach einer Hüftoperation im Rollstuhl verbracht.
Plötzliche Kehrtwenden kennzeichneten ihr Leben
Mit plötzlichen Kehrtwenden kannte Francis sich aus. Auf einen Vertrag bei MGM Records und eine Armada von Flops folgte Anfang 1958 der Durchbruch. „Who’s Sorry Now?“, eine Neuauflage von Marion Harris’ Titel aus dem Jahr 1923, hatte die Dachdeckertochter aus New Jersey einige Monate zuvor nur auf Drängen ihres Vaters eingespielt. Als Dick Clark den Titel in der Fernsehsendung American Bandstand vorstellte, hob Francis’ Karriere unerwartet ab. Mit Titeln wie „Stupid Cupid“, „Lipstick on Your Collar“ und „Mama“ belegte sie bald die obersten Plätze der Charts, trat in den Vereinigten Staaten auf und begann auch Platten auf Italienisch, der Muttersprache ihrer Familie, Spanisch und Rumänisch aufzunehmen.
Im Jahr 1960 wurde Francis mit „Everybody’s Somebody’s Fool“ die erste Frau an der Spitze der Hot 100. Im selben Jahr belegte die Sängerin mit der Übersetzung „Die Liebe ist ein seltsames Spiel“, ihrer ersten deutschen Single, den ersten Platz der Charts in „West Germany“ – trotz Kritik an der eher undeutlichen Aussprache. Auf Druck ihres Managements versuchte Francis sich damals in Filmen wie „Where The Boys Are“ und „Ich wär’ so gerne verliebt“ auch als Schauspielerin.
Francis’ Privatleben verlief derweil alles andere als glamourös. Auf die Romanze mit dem Sänger Bobby Darin, die ihr Vater angeblich mit einem geladenen Revolver beendete, folgten vier unglückliche Ehen, Fehlgeburten, im Jahr 1974 die Vergewaltigung in einem Hotelzimmer und die Ermordung ihres Bruders George Franconero durch die Mafia. Einen weiteren Tiefpunkt erreichte Francis, als sie nach einer Nasenoperation für einige Jahre ihre Stimme verlor. Wegen posttraumatischer Belastungsstörungen wurde sie immer wieder in Nervenkliniken eingewiesen.
Nach dem Rückzug aus der Öffentlichkeit vor sieben Jahren nahm Francis’ Leben vor einigen Wochen eine weitere, unerwartete Wende. Ihr Titel „Pretty Little Baby“, den sie 1962 eingespielt und angeblich längst vergessen hatte, wurde bei Tiktok abermals zum Hit. „Ich wusste nicht mal, was Tiktok ist“, gestand Francis in einem ihrer letzten Posts bei Facebook. „Aber ich freue mich natürlich, dass eine neue Generation jetzt weiß, wer ich bin.“