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Tour de France: 50 Jahre Bergtrikot – Die große Liebe für die roten Punkte | ABC-Z


Tourreporter

Stand: 14.07.2025 08:49 Uhr

Auf der ersten Bergetappe der Tour de France beginnt auch der Kampf um das Bergtrikot. Das ikonische weiße Trikot mit den roten Punkten wurde erstmals 1975 vergeben und erfreut sich seit 50 Jahren großer Popularität.

Tim Wellens stand in Châteauroux noch einmal oben auf dem Podium der Tour de France, reckte die Arme nach oben und ließ sich feiern als Führender der Bergwertung – vermutlich zum letzten Mal bei dieser Tour. Der Belgier ist ein wichtiger Helfer des Topfavoriten Tadej Pogacar. Auf der ersten Bergetappe wird er bei seinem Kapitän bleiben und das ikonische weiße Trikot mit den roten Punkten deshalb wahrscheinlich abgeben müssen – vielleicht sogar an Pogacar.

Auf der zehnten Etappe durch das Zentralmassiv beginnt der Kampf um das Bergtrikot erst richtig: Auf den 165,3 Kilometern von Ennezat auf den Puy de Sancy gibt es maximal 32 Punkte zu holen. Auf den neun Tagesabschnitten davor waren es zusammengerechnet maximal 37 Punkte. “Für mich war schon ein Tag im gepunkteten Trikot ein Bonus”, sagte Wellens in Châteauroux. “Damit habe ich vor der Tour nicht gerechnet. Jetzt wird es an jemanden gehen, der es verdient.”

Das Bergtrikot ist eine Marketingidee

Das gepunktete Bergtrikot, das die Franzosen als “Maillot blanc à pois rouge“, als weißes Trikot mit roten Erbsen, bezeichnen, ist das beliebteste Wertungstrikot der Tour. Zumindest bei den Fans am Straßenrand, die zu Tausenden weiße T-Shirts und Kappen mit roten Punkten darauf tragen. Das liegt vor allem daran, dass der Sponsor des Bergtrikots – eine französische Supermarktkette – diese auf jeder Etappe in Massen unter das Volk bringt.

Besseres Marketing war auch der Grund dafür, dass dieses Trikot überhaupt entworfen und vor 50 Jahren erstmals vergeben wurde. Einen Preis für den besten Bergfahrer gibt es bei der Tour de France allerdings schon seit 1933. Erster Gewinner war der Spanier Vincente Trueba.

1975 wurmte es den damaligen Sponsor des Bergpreises, ein Schokoladenhersteller, dass man mit dem Engagement nicht sichtbar war. Der damalige Tourdirektor Félix Lévitan kam schließlich auf das extravagante Trikot mit den roten Punkten in Anlehnung an die gleichartige Kleidung eines französischen Bahnradfahrers aus den Dreißigerjahren.

Erster Gewinner des Trikots war Lucien Van Impe

Seitdem ist Weiß mit roten Punkten das Erkennungszeichen des besten Bergfahrers. Der erste Radprofi, der 1975 das neue Trikot nach Paris trug, war der Belgier Lucien Van Impe, der ein Jahr später die Tour gewann und in den Jahren zuvor bereits zwei Mal als bester Bergfahrer geehrt worden war. Nur eben ohne Trikot. Das gewann er aber danach noch drei weitere Male: 1977, 1981 und 1983.

Die neue Sichtbarkeit habe alles verändert und seine Popularität enorm gesteigert, hat Van Impe über die Einführung des Bergtrikots gesagt. Letzteres galt auch für den Rekordsieger, den Franzosen Richard Virenque, der das gepunktete Trikot zwischen 1994 und 2004 sieben Mal gewann.

Virenque war einer der Hauptprotagonisten des Dopingskandals um das Team Festina 1998. Lange beschwor der Franzose damals seine Unschuld, bis er schließlich doch ein tränenreiches Geständnis ablegte und für sieben Monate gesperrt wurde. Gefeiert haben ihn seine Landsleute trotzdem, wenn er mit den roten Punkten unterwegs war. Auch nach seiner Karriere war Virenque noch lange bei der Tour präsent und wann immer er auftauchte, war er ein umjubelter Mann.

Geschkes vergeblicher Kampf

Auch deutsche Fahrer haben das weiße Trikot mit den roten Punkten schon getragen, darunter ARD-Experte Fabian Wegmann, der sich das populäre Kleidungsstück 2005 und 2006 zumindest für ein paar Tage überstreifen durfte. Gewonnen hat das Bergtrikot noch kein deutscher Fahrer. Ganz nah dran war 2022 Simon Geschke, der das Trikot neun Tage lang verteidigte und es erst drei Tage vor dem Ende der Tour auf der letzten Bergetappe an den späteren Gesamtsieger Jonas Vingegaard abgeben musste.

Das sei immer noch “eine ganz bittere Pille”, hat Geschke im vergangenen Jahr im Interview mit der Sportschau gesagt. Dabei hatten ihm die roten Punkte, als er sich das Trikot erstmals überstreifen durfte, gar nicht gefallen – nicht sein Stil. Das Prestige, das der Träger des Bergtrikots gewinnt, hat auch Geschke gespürt, als er sich jeden Morgen in die erste Startreihe neben den anderen Trikotträgern in Gelb, Grün und Weiß einreihen durfte: “Ich wäre der erste Deutsche überhaupt gewesen, der das Bergtrikot gewonnen hätte. Da hätte ich mir persönlich ein Denkmal setzen können. Das wäre fast noch höher einzuordnen gewesen als der Etappensieg. Der passiert an einem Tag. Aber das Bergtrikot, dafür musste ich fast zwei Wochen arbeiten. Das ist ja fast wie auf Gesamtwertung fahren.”

Der Kampf ist für reine Kletterer schwieriger geworden

Genau das ist es auch, was die Leute daran lieben. Denn wer das Bergtrikot gewinnen will, muss kämpfen: Der beste Weg, sich die Bergpunkte zu sichern, ist, es möglichst oft in eine Ausreißergruppe zu schaffen und die letzten Meter vor den Bergwertungen um die Punkte zu sprinten.

In den vergangenen Jahren ist es für gute Kletterer, die nicht für das Gesamtklassement in Frage kommen, zunehmend schwieriger geworden, das gepunktete Trikot zu gewinnen. Denn mit der Unersättlichkeit der großen Teams im modernen Radsport und der offensiven Fahrweise eines Tadej Pogacars holen sich die besten Fahrer für das Gesamtklassement viele Punkte und sind damit weit oben in der Wertung zu finden.

Zwischen 2020 und 2023 war der Gewinner des Gelben Trikots zugleich auch der Gewinner des Bergtrikots. Das hatte auch mit einer Regeländerung zu tun, die dem Etappensieger bei einer Bergankunft die doppelte Punktzahl sicherte. Das wird in diesem Jahr nur einmal der Fall sein, im Ziel der 18. Etappe auf dem 2.304 Meter hohen Col de la Loze.

Einer, der sich den Gewinn des Bergtrikot als mögliches Ziel gesetzt hat, ist der Däne Mattias Skjelmose vom Team Lidl-Trek, der den Italiener Giulio Ciccone vor zwei Jahren dabei unterstützte, das gepunktete Trikot zu gewinnen. “Er sah cool darin aus”, sagt Skjelmose. “Mal sehen, vielleicht sehe ich auch cool darin aus.”

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