SPD will in Kreuzberg Modellprojekt mit 3D-Zebrastreifen starten | ABC-Z

Antrag in BVV
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SPD will in Kreuzberg Modellprojekt mit 3D-Zebrastreifen starten
Do 03.07.25 | 22:12 Uhr | Von
Eine optische Täuschung könnte an einer Berliner Kreuzung den Verkehr beruhigen. Die SPD Friedrichshain-Kreuzberg hat einen Antrag für einen dreidimensionalen Zebrastreifen eingebracht. Doch Hürden und Bedenken sind groß. Von John Hennig
Die Franz-Klühs-Straße in Berlin-Kreuzberg könnte demnächst zu einem Modellprojekt werden. Wenn es nach der SPD in Friedrichshain-Kreuzberg geht, soll der Fußgängerüberweg an der Ecke zur Friedrichstraße künftig und testweise in einer dreidimensional erscheinenden Variante daher kommen.
Einen entsprechenden Antrag hat die SPD in die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) eingebracht. Demnach soll sich der Bezirk beim Senat von Berlin dafür einsetzen, den Zebrastreifen als Modellprojekt umzuwandeln. Das soll die Verkehrssicherheit für Fußgänger und Fußgängerinnen und insbesondere für (Schul-)Kinder erheblich verbessern, heißt es in dem Antrag, der mit “kreative Ideen nutzen” überschrieben ist. In der Nähe der Kreuzung befinden sich zwei Grundschulen und der Sitz des Gehörlosenverbands Berlin.
Der Antrag wurde zunächst direkt in den Ausschuss für Verkehr und Ordnung überwiesen, der hat ihm am Mittwoch zugestimmt, wobei sich CDU und Linke enthielten. Nun muss wiederum die BVV über den Antrag abstimmen – und es dann dem Senat überstellen.
Zebrastreifen erscheint wie ein physisches Hindernis
Anna Lang ist eine der beiden Initiatoren des Antrags. Die Bezirksverordnete sagt rbb|24, sie habe große Hoffnung, dass das umgesetzt werde. “Auf der Franz-Klühs-Straße gilt Tempo 30, aber kein Auto fährt dort 30”, so Lang. Ein sogenannter 3D-Zebrastreifen könne die angespannte Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer erheblich verbessern – und sei eine “effektive, kosteneffiziente und innovative Maßnahme”, die getestet werden könnte, heißt es in dem Antrag.
Denn der 3D-Zebrastreifen ist im Grunde nur eine spezielle Fahrbahnmarkierung, die den Zebrastreifen wie ein physisches Hindernis erscheinen lässt. Die Streifen sehen wie Blöcke aus, die sich vom Boden abheben. Die optische Täuschung erhöhe die Aufmerksamkeit der Autofahrer:innen und führe zu einer Geschwindigkeitsreduzierung, argumentiert Lang. Sie verweist im Gespräch mit rbb|24 auch auf Modellprojekte. Die seien laut Lang gut angenommen worden: “Die Sinnhaftigkeit hat sich ergeben.”

Erste Vorstöße in Berlin scheiterten 2018
Vor sieben Jahren wurde in Schmalkalden (Thüringen) der erste 3D-Zebrastreifen in Deutschland installiert. Zu der Zeit gab es oft angeführte Modellprojekte in Isafjördur (Island) und Linz (Österreich), die die internationale Verkehrsberuhigungsrunde drehten. Seinerzeit folgten auch erste Vorstöße in Berlin, etwa durch die FDP in Steglitz-Zehlendorf, die einen dreidimensionalen Fußgängerüberweg vor der John-F.-Kennedy-Schule testen wollte. Der Linke-Abgeordnete Kristian Ronneburg stellte dem Senat damals eine schriftliche Anfrage über 3D-Zebrastreifen [kleineanfragen.de].
Die wurde aber deutlich abgeschmettert. Ein 3D-Zebrastreifen werde “nicht als ein potentielles Mittel zur Erhöhung der Verkehrssicherheit angesehen”, und: “Ein Test hierzu ist nicht vorgesehen”, lauteten die klaren Antworten, dazu ein Verweis auf zahlreiche rechtliche Hürden bei der Umsetzung.
Straßenverkehrsordnung müsste geändert werden
Das ist bis heute so. Auf Anfrage von rbb|24 antwortet die Verkehrsverwaltung am Donnerstag, ob sie ein solches Modellprojekt in Berlin unterstützen würde und ob es bereits konkrete Pläne für einen Test gibt, mit: “Nein.”
Sie verweist auf die Straßenverkehrsordnung (StVO), wonach ein “Fußgängerüberweg dem Z293 StVO entsprechen muss”. Dort ist genau verankert, wie er auszusehen hat und welche Maße er haben darf. Ein 3D-Zebrastreifen ist nicht vorgesehen und somit offiziell nicht erlaubt. Das war auch eine der rechtlichen Hürden, die der Vor-Vorgänger-Senat im Jahr 2018 sah.
Ausführlicher antwortete der damals: Fußgängerüberwege beziehungsweise umgangssprachlich Zebrastreifen werden auf Rechtsgrundlage der StVO “sowie weiterer bundeseinheitlichen Vorschriften angeordnet, welche auch im Land Berlin zur Anwendung kommen”.
In der begleitenden Allgemeinen Verwaltungsvorschrift (VwV-StVO) steht, dass nur die in der StVO abgebildeten Verkehrszeichen verwendet werden dürfen – “oder solche, die das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur nach Anhörung der zuständigen obersten Landesbehörden durch Verlautbarung im Verkehrsblatt zulässt”. Das ist beim 3D-Zebrastreifen bislang nicht der Fall – und müsste geändert werden.
Auch die anderen 3D-Zebrastreifen blieben in Deutschland nicht
Zudem haben die Behörden auch praktische Bedenken. Sie befürchten, dass die 3D-Zebrastreifen neue Gefahren im Straßenverkehr erzeugen. “Hindernisse, auch nur optisch erzeugte, führen immer zu einer Reaktion des Fahrzeugführers. Tauchen Hindernisse erst spät und unvermittelt auf, besteht die Gefahr von abrupten, für den Nachfolgeverkehr nicht vorhersehbaren, Bremsvorgängen. Die Gefahr von Auffahrunfällen wird durch die Projektion von Hindernissen grundlos erhöht”, heißt es etwa in der Antwort der Verkehrsverwaltung von 2018.
Aus denselben Gründen war auch der erste offizielle 3D-Zebrastreifen in Deutschland in Schmalkalden nur kurze Zeit zu sehen. Er musste wieder entfernt werden, weil das Landesverwaltungsamt Thüringen monierte, dass er gegen die StVO verstoße. Seitdem wurde in mehreren Gemeinden darüber debattiert oder sogar temporär getestet, mitunter auch nur als Kunstaktion – einen dauerhaften 3D-Zebrastreifen gibt es in Deutschland bislang nicht.
So kommen die Erkenntnisse über die tatsächliche Wirkung der dreidimensionalen Zebrastreifen bislang nur aus dem Ausland, wo es sie mancherorts schon länger und sogar dauerhaft gibt, etwa in China, Indien oder den USA. Demnach sei die Wirksamkeit stark vom Wetter und der Sicht abhängig, dafür würden sich Autofahrer mit der Zeit an die optischen Täuschungen gewöhnen.