Wimbledon: Struff gelingt Überraschung und fiebert dem Traumspiel entgegen – „Alcaraz, geil!“ | ABC-Z

Sein Tennisjahr lief bisher schlecht, in Wimbledon aber jubelt Jan-Lennard Struff. Nach dem Aus von Alexander Zverev bleibt er als letzter männlicher deutscher Tennisprofi im Turnier. Er schafft eine Überraschung und steht nun vor einer großen Aufgabe.
Jan-Lennard Struff blickte schon kurz nach seinem Coup voller Vorfreude auf die nächste ganz große Aufgabe in Wimbledon. „Alcaraz – geil“, schwärmte der Sauerländer nach dem Einzug in die dritte Runde beim Rasen-Klassiker, in der es nun gegen den Topfavoriten Carlos Alcaraz geht.
Struff bezwang den favorisierten Kanadier Félix Auger-Aliassime mit 3:6, 7:6 (11:9), 6:3, 6:4 und feierte den Sieg mit einem kleinen Freudenhüpfer. Nach dem Aus von Alexander Zverev zum Auftakt verhinderte Struff damit die schlechteste Bilanz des deutschen Herren-Tennis beim Rasen-Klassiker seit elf Jahren. „Ich freue mich auf das Match, es wird vielleicht Centre Court, das wäre geil“, sagte der 35-Jährige über das bevorstehende Duell.
Die Partie war am Mittwochabend beim Stand von 1:1-Sätzen wegen Dunkelheit abgebrochen und mehr als 16 Stunden später fortgesetzt worden. Anders als Zverev, dessen Erstrundenpartie bei gleicher Ausgangslage ebenso vertagt worden war, behielt Struff auch nach Wiederaufnahme die Nerven. Er zeigte nach einer bislang schwachen Saison seine beste Leistung des Jahres.
„Gestern war es ein toughes Match mit einer Unterbrechung“, sagte Struff bei Prime Video. „Heute habe ich gut gespielt von Anfang an, dominant. Im Vierten war es ein bisschen eng.“
Gegen den Topfavoriten Alcaraz geht es für Struff nun um den ersten Wimbledon-Achtelfinaleinzug seiner Karriere. Vor drei Jahren hatte er den Spanier in der ersten Runde am Rande einer Niederlage, musste sich jedoch in fünf Sätzen geschlagen geben. Am Freitag trifft auch Laura Siegemund in der dritten Runde auf die Australian-Open-Siegerin Madison Keys aus den USA.
Vor Wimbledon nur fünf Siege im ganzen Jahr
Für Struff kommt der Erfolg zu einem wichtigen Zeitpunkt seiner Karriere: Vor Wimbledon gewann er das komplette Tennisjahr über nur fünf Matches auf der ATP-Tour. Zwölfmal war sofort in der ersten Runde Schluss. „Für mich ist jeder Sieg absolut wichtig gerade. Es ist eine schwierige Saison, trotzdem kann ich noch viele positive Sachen erreichen“, sagte der Familienvater in Wimbledon.
Von Position 42 zum Saisonstart war der Warsteiner in der Weltrangliste zuletzt um mehr als 80 Plätze abgestürzt. Bei den US Open als nächstem Grand Slam müsste er sich nach aktuellem Stand durch die Qualifikation kämpfen. „Es braucht Siege, es braucht gewonnene Matches. Das ist das einzige Rezept. Man kann viel trainieren, aber wenn es auf dem Platz nicht klappt, ist es zäh.“
In der Dämmerung am Mittwoch hatte Struff im Tiebreak des zweiten Durchgangs drei Satzbälle seines Gegners in Serie abgewehrt und sich so mit einem guten Gefühl in die lange Pause gerettet. Zur Wiederaufnahme zeigte er sich sofort hellwach, setzte den an Nummer 25 gesetzten Auger-Aliassime bei dessen Aufschlag immer wieder schnell unter Druck.
Gleich zwei Breaks glückten Struff im dritten Durchgang, im Gegensatz zum Vortag brachte er deutlich mehr erste Aufschläge ins Feld. Im vierten Satz geriet der 1,93-Meter-Hüne mehrfach in Probleme, wehrte aber nervenstark sieben Breakchancen ab.
Siegemund will „locker aufspielen“
Auch bei den Damen ist aus deutscher Sicht nur noch ein Routinier dabei. Im Alter von 37 Jahren steht Laura Siegemund erstmals in ihrer Karriere in der dritten Runde von Wimbledon und ist gegen die Weltranglisten-Achte Keys große Außenseiterin.
„Da kann ich ganz locker aufspielen“, sagte Siegemund. „Ich bin eh noch motiviert, aber es ist noch mehr Motivation, wenn du weißt, du kannst Sachen erreichen, die du vorher noch nicht erreicht hast. Es ist immer spannend, etwas Neues bringen zu können und sich selbst zu überraschen und zu belohnen.“
dpa/mel