Südtirol: Reisebuch über Lieblingsorte von Florian Fritz – Reise | ABC-Z

Der Pragser Wildsee, die Drei Zinnen, die Innenstadt von Meran: Sie alle tauchen nicht auf als einer von Florian Fritz’ Lieblingsorten in Südtirol. Auch die Seiser Alm nur sehr am Rande. Der Autor Fritz, der Südtirol sehr gut kennt, hat diese besonders prominenten Plätze bewusst ausgespart. Nicht, weil er partout originell sein will oder gar aus Distinktionsgründen. Sondern, weil er sich tatsächlich nicht wohlfühlt an Orten, die stark überlaufen sind, und er einen Aufenthalt dort nicht genießen kann. Da geht es ihm wie vielen Touristen auch.
Sein Gegenprogramm ist jedoch nicht, so zu tun, als würde er vermeintliche Geheimtipps kennen. Und er jazzt auch keine abseitigen Örtlichkeiten zu verkannten Sehenswürdigkeiten hoch. Vielmehr nimmt er den landschaftlichen und kulturellen Reichtum dieser Region ernst und stellt aus einer verbindlichen und gründlichen Kenntnis heraus Orte in Südtirol vor, die einen besonderen Reiz haben. Und die, weil sie es in der Regel trotzdem auf keine Top-fünf-Liste schaffen, bislang dennoch keine (allzu großen) Opfer des Massentourismus geworden sind. Manchmal genügt es, sich nur ein paar Schritte von den Hauptrouten der Touristen fortzubewegen.
Einige dieser Lieblingsorte sind tatsächlich solche, die von vielen Südtirol-Besuchern links liegen gelassen werden. Etwa das Plessi-Museum am Brennerpass, direkt an der Autobahn. Die Architektur des Baus selbst und die Kunstinstallationen in seinem Inneren spiegeln auf abstrakte Weise die alpine Landschaft, in der das Museum steht. Oder, einige Autobahnkilometer weiter südlich, die Franzensfeste. Man fährt mit dem Wagen mitten hindurch. Doch einen tatsächlichen Eindruck von den Dimensionen dieser Befestigungsanlage, ihrer früheren Funktion erhält man erst, wenn man sich Zeit nimmt für eine Besichtigung. Orte sind das, die nicht auf eine offensichtliche Art spektakulär sind, die einem allerdings ein Gefühl vermitteln von der Atmosphäre und den Eigenarten dieser Urlaubsregion. Dazu gehören auch das Kloster Neustift nördlich von Brixen, oder das Dorf Glurns im westlichen Vinschgau.

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Muße braucht man, und manchmal auch genug Ausdauer, um Florian Fritz’ Lieblingsorte aufzusuchen. Ersteres dann, wenn es nicht so sehr ums Besichtigen, sondern ums Besuchen und Verweilen geht. Und Zweiteres, wenn es weit hinein und hoch hinauf in die Bergwelt geht. Dafür ist nicht zwingend eine große körperliche Fitness notwendig, etwa im eher kurzen Langental, einem Seitental des Grödnertals, in dem man die Chance hat, Adler zu sehen. Oder auf dem Weg in den Weiler Rojen, die höchste Bergsiedlung Südtirols oberhalb des Reschensees. Wohin auch eine Seilbahn führt.
Nicht die Instagram-Hotspots, sondern die Panorama-Aussichten, die man für sich hat oder nur mit wenigen anderen teilen muss, schätzt Florian Fritz. Etwa den Fennberg mitsamt dem wildromantischen Fennberger See südlich von Kaltern. Oder den Flecknersee auf etwa 2000 Meter Höhe unweit des Jaufenpasses. Etliche der Lieblingsorte sind gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen – oder jedenfalls die Ausgangspunkte für einen Spaziergang oder eine Wanderung dorthin.
Selbstverständlich führen die Wege immer wieder auch in Restaurants oder zu speziellen Lebensmittelproduzenten. Die Kulinarik trägt in Südtirol sehr zum Wohlbefinden der Besucher bei – und auch hier empfiehlt Fritz, sich Zeit zu lassen, neugierig zu sein, Essen nicht gleichzusetzen mit schnöder Nahrungsaufnahme. Ohne dass er dabei auf die Sterneküche abzielen würde, die es in Südtirol auch gibt. Viel spannender findet er ambitionierte Bodenständigkeit. Es geht ihm, auch hier natürlich, um den Genuss. Um kleine Auszeiten. Um ein gutes Gefühl.
Florian Fritz: Südtirol – Lieblingsorte. Insel Verlag, Berlin 2025. 237 Seiten, 16 Euro.