Sean „Diddy“ Combs wegen Sexualstraftaten teilweise schuldig gesprochen | ABC-Z

Sean Combs faltete seine Hände und hauchte ein stummes „Danke, danke“ in Richtung der Juroren. Sie hatten am Mittwoch in New York gerade ihr Urteil in dem Strafprozess gegen ihn verkündet. Lächelnd schüttelte Combs seinem Anwalt die Hand und drehte sich zu seiner Familie um: „I’m going home“, hauchte er. Mitglieder seiner Familie waren schon vorher in Freudentränen ausgebrochen.
Viel besser hätte es für den Rapmogul im Angesicht der Beweislage auch kaum laufen können: Combs wurde nur in zwei von fünf Anklagepunkten schuldig gesprochen. Im Hauptanklagepunkt – der Bildung einer kriminellen Vereinigung – sprach die Jury ihn hingegen frei. Wegen dieses Vorwurfs hatte Combs lebenslange Haft gedroht.
Schuldig gesprochen wurde er wegen des grenzüberschreitenden Transports von Personen zum Zweck der Prostitution in zwei Fällen. Dabei ging es erstens um die sogenannten Freak-offs mit seiner früheren Freundin Casandra Ventura. Sie war die Hauptzeugin der Anklage und hatte geschildert, wie Combs sie dazu gezwungen habe, über Jahre an diesen „Freak-offs“ teilzunehmen. Dabei habe sie immer wieder mehrere Tage lang in Hotelzimmern unter Rauschgifteinfluss Sex mit männlichen Prostituierten haben müssen, während Combs zugeschaut, gefilmt und masturbiert habe. Das Urteil in diesem Punkt bezieht sich auf die Prostituierten, die zu diesem Zweck über Bundeslandgrenzen gebracht wurden.
Er schlug und trat sie und zerrte sie zurück zum Hotelzimmer
Den Fall ins Rollen gebracht hatte auch ein Video einer Überwachungskamera aus einem Hotelflur. Darin war zu sehen gewesen, wie Ventura versuchte, das Hotel zu verlassen. Combs rannte ihr nur mit einem Handtuch bekleidet hinterher, schlug und trat sie und zerrte sie zurück in Richtung des Hotelzimmers. Ventura sagte, dass sie dort an einem „Freak-off“ habe teilnehmen müssen. Die Anwälte des Angeklagten behaupteten, es sei Combs um ein Mobiltelefon gegangen, das Ventura während eines Beziehungsstreits entwendet habe.
Der zweite Punkt, wegen dem Combs schuldig gesprochen wurde, bezog sich auf denselben Vorwurf, allerdings in Zusammenhang mit einer anderen Frau: einer früheren Partnerin von Combs, die unter dem Pseudonym „Jane“ ausgesagt hatte. Sie hatte vor Gericht geschildert, dass sie in Hotels bis zu seiner Verhaftung ähnliche Dinge wie Ventura erlebt habe. Der Jury waren Textnachrichten vorgelegt worden, in denen „Jane“ an Combs zum Beispiel geschrieben hatte: „Ich möchte mich nicht dazu gezwungen fühlen, in diesen Nächten für dich zu performen, nur um mein Dach über dem Kopf nicht zu verlieren.“ Combs zahlt heute noch die Miete von „Jane“.
Tagelanger Sex mit männlichen Prostituierten
Die Verteidigung hatte mit Textnachrichten dagegengehalten, in denen „Jane“ und Ventura Zustimmung zur Teilnahme an den Nächten zeigten. Die Jury überzeugte das offenbar, obwohl die Frauen erklärt hatten, die Nachrichten nur aus Angst vor Combs oder finanziellem Druck geschrieben zu haben. Die Geschworenen kamen trotzdem zu dem Schluss, dass die Frauen nicht zur Teilnahme an diesen Nächten gezwungen wurden, sonst hätten sie Combs zweimal wegen sexuell motivierten Menschenhandels schuldig sprechen müssen. Aber auch in Bezug auf „Jane“ wurde Combs schließlich nur wegen des grenzüberschreitenden Transports von Personen zum Zweck der Prostitution schuldig gesprochen – also wegen des Organisierens der Reisen für die Callboys.
Freigesprochen wurde Combs schließlich vom Hauptvorwurf: der Bildung einer kriminellen Vereinigung. Die Anklage hatte argumentiert, dass das Unternehmen von Combs dem Zweck gedient habe, die illegalen Aktivitäten rund um seine sexuellen Bedürfnisse zu organisieren und dabei Verbrechen begangen habe. Die Anklage benannte zwar Angestellte von Combs wie seine persönliche Assistentin, die ihm geholfen haben sollen. Allerdings wurde niemand außer ihm angeklagt oder auch nur als Zeuge vernommen.
Dem Rapper droht trotzdem eine Freiheitsstrafe von bis zu 20 Jahren. Das Strafmaß für den seit September in Untersuchungshaft sitzenden Combs wird erst später bekanntgegeben werden. Ob Combs bis dahin auf freiem Fuß bleiben kann, wollte das Gericht noch am Mittwoch entscheiden.